
Die Siebziger: Model Yuri Hodaka trägt etwas, was wir heute vielleicht, sehr unsexy, als Onesie bezeichnen würden.
(Foto: Kishin Shinoyama )
Zwischen Tradition, moderner Technologie und alltäglicher Funktionalität - ein fulminanter Bildband über Issey Miyake zeigt das Werk eines Mannes und seiner Vision, die Welt schöner und sinnvoller zu gestalten.
Besitzen Sie etwas von Issey Miyake? Nichtmal sein Parfum, L'Eau d'Issey? Dann sei Ihnen dieser Bildband ans Herz gelegt. Denn auch, wenn Sie mit der Mode des herausragenden Designers nie viel anfangen konnten oder auch über seinen Tod hinaus nicht anfangen können, ist der Bildband aus dem Taschen-Verlag ein wunderbarer Zeitvertreib für regnerische April-Tage, in denen etwas Eskapismus nötig und Inspiration gewünscht ist. Denn bei Miyake geht es nie nur um "Klamotten", es geht um das Große, das Ganze. Schon 1983 verriet der japanische Modeschöpfer Issey Miyake dem Magazin "New Yorker", er wolle gänzlich neue Wege in der Mode beschreiten.

Dots Obsession on A-POC, Yayoi Kusama, 1999: Die Künsterlin Yayoi Kusama malt ihre Punkte nicht nur auf Leinwände.
(Foto: Friedemann Hauss)
Diesem Vorsatz blieb er treu: Mit einer einzigartigen Fusion von Poesie und Tragbarkeit verwischen seine Kreationen die Grenzen zwischen Tradition, moderner Technologie und alltäglicher Funktionalität. Das mag auf den ersten Blick nicht so scheinen, aber Menschen, die Miyake einmal getragen haben, würden am liebsten nie wieder etwas anderes anziehen.
Dieser Band über Issey Miyakes Mode zeigt, wie intensiv sich der Kreative von 1960 bis 2022 mit Textilforschung, mit Stoffen, Strukturen und Techniken befasst hat. Und, wie kühn er seine Vision von einem Brückenschlag zwischen Tradition und Innovation, Natur und Technologie, östlicher und westlicher Kultur realisiert hat.
Offen, mutig
Miyake studierte bis 1963 Grafikdesign an der Tama Art University in Tokio. 1970 gründete er das Miyake Design Studio in Tokio, die kreative Zentrale seiner Arbeit. 2007 eröffnete er, ebenfalls in Tokio, die Ausstellungshalle 21_21 DESIGN SIGHT.
Midori Kitamura, die fast 50 Jahre lang mit Miyake zusammenarbeitete, zeichnet seine Karriere von der Gründung des "Miyake Design" Studios in Tokio über sein revolutionäres "A Piece of Cloth-Konzept", die Entwürfe der "Body Series" der 1980er-Jahre und der "Miyake Pleats-Kollektion" der 1990er bis zu den praktischen "Pleats-Please"-Alltagsstücken nach.

Hocho Cut, Spring-Summer 1976 Collection, Models: Grace Jones, June Murphy, Barbara Summers, Karen Wilson
(Foto: Tatsuo Masubuchi )
Kazuko Koike, Gründerin und Direktorin des Sagacho Exhibit Space in Tokio, Autorin und Herausgeberin zahlreicher Bücher (darunter Issey Miyake East Meets West) und vom Verlag liebevoll als "Kulturikone" bezeichnet, führt chronologisch ("Where Did Issey Come From?") durch die faszinierenden Stationen des in Hiroshima geborenen Mode-Mannes: Von seinen Visionen, Inspirationen und Stationen bis ins Jahr 2022 - das Jahr, in dem Miyake in Tokio starb.
Herausgeberin Midori Kitamura ist Vorsitzende des Miyake Design Studios und der Issey Miyake Foundation sowie Präsidentin von 21_F21 DESIGN SIGHT. Sie arbeitete unter Issey Miyake an der Entwicklung von Kollektionen, Ausstellungen, Produkten und Publikationen. 2011 kuratierte sie die Ausstellung "Irving Penn and Issey Miyake: Visual Dialogue".
"Design ist Hoffnung"
Die Timeline am Endes dieses umfangreichen Bildbandes macht noch einmal besonders deutlich, was Miyake in seiner Zeit alles geschafft, geschaffen und bewegt hat. Wie offen er Neuem gegenüber war, ohne die Tradition zu vernachlässigen. Tragbar war sehr vieles, was er entwarf. Bis zu einem gewissen Grad mutig musste/ muss man manchmal dennoch sein.
Nicht nur ModeschöpferInnen, auch Mode-StudentInnen oder Fans werden sich von dieser fesselnden Hommage an einen der innovativsten Modemacher unserer Zeit in eine andere Welt beamen lassen. Wie sagte Miyake selbst so schön? "Ich glaube daran, dass in Design auch Hoffnung steckt. Design bringt Überraschungen und Freude hervor." Wenn er wüsste, wie dringend wir diese Freude und diese positiven Überraschungen momentan gebrauchen könnten!
Quelle: ntv.de