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"Haben uns bepisst vor Lachen"Christoph Maria Herbst ist wieder Stromberg

03.12.2025, 16:31 Uhr
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Lass das mal den Papa machen: Christoph Maria Herbst als Stromberg im neuen Kinofilm "Stromberg - Wieder alles wie immer". (Foto: MadeForFilm / Stephan Rabold)

Über ein Jahrzehnt ist vergangen, seit Christoph Maria Herbst das letzte Mal Bernd Stromberg war. Nun kehrt er im Film "Wieder alles wie immer" in seiner Paraderolle zurück. Mit ntv.de spricht er über das Comeback, das Wiedersehen mit den Graupen und den Strombergschen Anteil in ihm.

ntv.de: Ich frage mich: Wie oft sind Sie in den letzten zehn Jahren aufgewacht und haben festgestellt, dass Sie von Bernd Stromberg geträumt haben?

Christoph Maria Herbst: (lacht) Ganz ehrlich: nicht ein einziges Mal. Aber es gibt natürlich andere, die sehr viel von ihm geträumt oder gealbträumt haben und dann auf mich zugekommen sind: "Mensch, mach doch noch mal was Neues mit Stromberg." Ich habe dann immer fröhlich darauf verwiesen, dass es doch ganze fünf Staffeln und einen Kinofilm mit ihm gibt.

So ganz vergessen war "Stromberg" aber halt nie …

Da spielten uns natürlich auch die Streamingdienste in die Karten. Und die unselige Pandemie, in der die Leute auch alte Kamellen wie "Stromberg" geguckt haben. So haben wir uns auch eine ganz neue Generation erschlossen, die noch nicht mal geboren war, als "Stromberg" das Licht der Welt erblickte. Ich glaube, sie hat das unter dem Blickwinkel geschaut: "Ja, genau! Das ist exakt, wie wir nicht werden wollen." (lacht)

Hätten Sie denn selbst 2014, als Sie im erwähnten Kinofilm das letzte Mal in die Rolle geschlüpft waren, gedacht, dass Sie irgendwann noch einmal als Bernd Stromberg zurückkehren würden oder hatten Sie eigentlich mit ihm abgeschlossen?

Ich sage mal so: Ich habe "Stromberg" damals auf eine fröhliche Weise hinter mir gelassen. Mein Unterbewusstsein musste sich nicht mehr damit beschäftigen, denn ich durfte danach ja auch viele andere tolle Rollen spielen. Aber ich hatte nicht abgeschlossen nach dem Motto: "Geh mir weg mit Stromberg. Ich kann ihn nicht mehr sehen. Lass es gut sein." So war es nie! Dafür war auch die Zeit für uns alle hinter und vor der Kamera einfach zu toll.

Der Kinofilm 2014 hat auch deshalb ein bisschen für Furore gesorgt, weil er als eines der bis dahin bekanntesten Crowdfunding-Projekte galt. Die Anleger sollen damals ganz gut profitiert haben. Hatten Sie auch investiert?

Was soll ich sagen? Wie dumm kann man sein? Ehrlicherweise habe ich damals überhaupt nicht daran gedacht. Und Sie haben vollkommen recht: Es hätte sich gelohnt. Den Leuten wurden ihre Einlagen danach mit einer Rendite von 14 oder 15 Prozent zurückgezahlt. Zudem, das wollen wir nicht vergessen, hat es uns ein hohes Maß an künstlerischer Freiheit gegeben. "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing", heißt es. Und wir mussten damals nur unseren Fans gerecht werden, die uns das Geld anvertraut hatten.

Dass der Film damals ein gutes Geschäft war, lag natürlich vor allem an seinem Erfolg an den Kinokassen. Dass es nun über zehn Jahre gedauert hat, "Stromberg" zurückzuholen, ist dann doch erstaunlich …

Absolut. Aber nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern am Ende eben auch aus künstlerischen Gründen. Ich bin aber ziemlich stolz darauf, dass wir nicht den Fehler begangen haben, nach fünf Staffeln und einem Kinofilm einfach weiterzumachen. Das war auch für mich persönlich die richtige Entscheidung. Stromberg ist ja doch so eine markante Figur, dass der Stempel auf meiner Stirn ziemlich groß war. Und ich wollte nicht zum Professor Brinkmann werden, nur ohne Kittel …

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Wenn er nicht Stromberg ist, ist Christoph Maria Herbst äußerst sympathisch. (Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)

Sie wollten sich nicht festnageln lassen …

Ja, und die Branche hat mich dann zum Glück auch andere Sachen machen lassen. Okay, für manche bin ich bis heute einfach Stromberg, egal, was ich spiele. Ich muss nur Luft holen und es heißt: "Ach, guck mal, genauso atmet auch der Stromberg." Aber andere haben mir doch auch zugestanden, dass ich nicht nur der Stromberg-Darsteller bin, sondern Menschen-Darsteller.

Wie kommt es dann, dass Sie nun doch wieder den Stromberg-Darsteller geben?

Jetzt, nach zehn Jahren, kann ich sehr autark und auf Augenhöhe mit der Figur für mich entscheiden: "Okay, jetzt habe ich mal wieder Bock." Der feine Herr Herbst hat Bock und der feine Herr Husmann (Regisseur Ralf Husmann, Anm. d. Red.) hat eine belastbare Idee. Ich kenne kaum jemanden, der selbstkritischer als Ralf Husmann ist. Bevor er keine valide Idee hat, passiert natürlich erst einmal gar nichts. Nun hat es sich charmant synchronisiert, dass seine Idee und mein Bock zur selben Zeit stattfanden.

Für den neuen Film ist es ja geglückt, die komplette Originalbesetzung wieder vor der Kamera zu versammeln ...

Ja, so viel darf man spoilern: Alle Graupen, wie Stromberg sagen würde, sind wieder dabei. Auch sie mussten natürlich erst einmal wieder Zeit und Lust haben. Aber ehrlicherweise musste niemand lange überredet werden.

Wie war dann das Wiedersehen am Set?

Wie eine Klassenfahrt mit einer Zeitmaschine. Das war schon irre und Gänsehaut pur. Als wir dann zu unserem ersten gemeinsamen Drehtag aus der Maske und mit dem Kostüm kamen, fühlte es sich aber auch irgendwie weird an. Das war wie ein Zeittunnel. Keiner hat so richtig auf die Reihe bekommen, dass tatsächlich zehn Jahre vergangen waren. Es gab keine Anlaufschwierigkeiten. Dafür war einfach auch die Freude bei allen zu groß, das jetzt wieder machen zu dürfen.

War es dann wie Fahrradfahren, das man nicht verlernt, nach all der Zeit wieder den Bernd Stromberg zu geben, oder doch anstrengender?

Nein, das Bild vom Fahrradfahren stimmt schon. Ich brauchte jetzt keine Stützräder, um es wieder zu machen. Zumal Stromberg ja keine Insel ist, sondern auch durch die Interaktion mit den Kollegen und Kolleginnen zum Leben erweckt wird. Wir haben uns in den Proben wieder bepisst vor Lachen und mussten uns sehr zusammenreißen. Es war ein großes Geschenk, dass alle wieder dabei waren, auch hinter der Kamera - vom Kameramann über die Kostümabteilung und die Maskenbildner bis hin zur Regie.

In gewisser Weise war also alles beim Alten. Aber zumindest der Büroalltag ist nach der Pandemie heute ein ganz anderer als vor zehn Jahren. Das sieht man zum Beispiel auch an diesem Interview, das wir per Videokonferenz führen. Für den kontaktfreudigen Stromberg muss das ein harter Schlag sein …

Das stimmt. Stromberg ist schließlich ein alter Haptiker. Er fasst die Leute gerne an, vor allem, wenn sie Brüste haben. Insofern können Sie froh sein, dass Sie ein Mann sind und Ihnen Stromberg nicht tatsächlich am Tisch gegenübersitzt. (lacht) Klar, der Stromberg hätte ein riesiges Problem mit Videokonferenzen. Er wüsste ja gar nicht, wie das alles geht. Remote? Coworking Space? Flex Desk? Was ist das denn? Das ist ja für ihn alles Pillepalle.

Und für Sie?

Ich würde Ihnen an sich auch lieber an einem Tisch gegenübersitzen, weil ich es mag, mit Menschen in direkte Situationen zu kommen. Ich werde mich nie wirklich damit anfreunden können, jetzt bei mir zu Hause zu sitzen und so etwas wie Homeoffice zu machen. Das ist wahrscheinlich der Strombergsche Anteil in mir. (lacht) Aber natürlich ist es auch eine Erleichterung. Und der Planet freut sich ebenfalls, wenn sich keiner in den Flieger oder ins Auto setzen muss.

Sie sind inzwischen seit Jahrzehnten Schauspieler. Allerdings war ihr Vater Beamter und sie selbst haben auch erst mal eine Lehre als Bankkaufmann absolviert. Bestand bei Ihnen je die Gefahr, dass Sie eine Büro-Karriere einlegen?

Ob die Gefahr bestand … (lacht) Nun ja, eine große deutsche Bank rollte mir damals einen roten Teppich aus, weil ich die Lehrzeit als Jahrgangsbester abgeschlossen hatte. Fragen Sie mich bitte nicht, wie mir das gelingen konnte oder was da falsch gelaufen ist. Der Personalchef damals ist vom Stuhl gefallen, als ich sagte: "Vielen Dank, habe die Ehre. Ich hatte hier eine fast gute Zeit, aber ich will Schauspieler werden." Er dachte, ich würde ihn verarschen.

Sie haben die Entscheidung aber nicht bereut …

Nein, ich bin heilfroh, dass ich damals meinen Bauch und nicht meinen Kopf oder mein Portemonnaie habe entscheiden lassen. Es hätte aber auch in die Hose gehen können. Am Ende hatte ich - so viel Unbescheidenheit sei mir gestattet - so viel Talent wie Glück. Dem vorausgegangen war auch ein Deal mit meinen Eltern …

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Im neuen Film trifft Stromberg auch seine alten Bekannten wie Berthold "Ernie" Heisterkamp (Bjarne Mädel, l.) und Ulf Steinke (Oliver Wnuk) wieder. (Foto: MadeForFilm / Willi Weber)

Wie sah der aus?

Wir haben vereinbart, dass ich zunächst etwas Kaufmännisches lerne und es erst dann mit der Schauspielerei versuche, auf die ich schon vor der Banklehre wirklich Lust hatte. Meine Eltern kommen aus einer ganz anderen Generation der Kriegs- und Nachkriegszeit. Für sie war Sicherheit wichtig. Das habe ich auch total verstanden. Aber nachdem es mit der Schauspielerei dann doch irgendwie geklappt hat, bin ich heute das denkbar schwärzeste Schaf der Familie. Alle anderen in ihr haben was "Vernünftiges" gemacht.

Ich könnte mir vorstellen, dass Versicherungen nicht immer über "Stromberg" lachen konnten. Gab es irgendwelche lustigen Beschwerden, an die Sie sich erinnern?

Ich finde, dass sie eigentlich ziemlich cool damit umgegangen sind. Es ist eher so, dass eigentlich keine Woche vergeht, in der ich keine Anfrage kriege, als Keynote Speaker oder auf irgendeiner Betriebsversammlung aufzutreten. Ich lehne aber immer dankend ab. Was ich allerdings zum Teil auch bekomme, sind eher erschreckende Zuschriften nach dem Motto: "Wenn Sie glauben, Sie machen eine Comedy, dann kommen Sie mal zu uns." Da tun sich manchmal Untiefen auf, wie nah wir anscheinend doch an der Realität sind - obwohl wir denken, wir würden maßlos übertreiben.

Sind Sie privat eher der Vollkasko-Versicherungstyp oder jemand, der hier und da auch das Risiko in Kauf nimmt?

Ich gehe schon auch das Risiko. Ich habe bei meinen Versicherungen zum Beispiel sehr hohe Selbstbehalte, weil ich immer der Meinung bin, dass ich erst mal selbst für mein Tun geradestehen muss. Nehmen Sie die Krankenversicherung: Für meine Gesundheit bin ich zunächst selbst zuständig und nicht irgendein Versicherer oder Krankenhaus. Ich gehe jetzt auch nicht bei jedem Schnupfen gleich zum Arzt. Und der Selbstbehalt motiviert mich, Selbstfürsorge zu betreiben.

"Stromberg" lebt nicht zuletzt von seiner Tabulosigkeit. Dazu gehören dann zum Beispiel auch sexistische oder rassistische Bemerkungen. In der Gesellschaft hat sich jedoch die Grenze mit Blick darauf, was - auch satirisch - erlaubt ist, verschoben. Sehr oft fallen Sätze wie: "Das würde man heute nicht mehr so machen." "Stromberg" scheint sich jedoch auch 2025 nicht zurückzunehmen …

Ja, leider Gott sei Dank! (lacht) Ich glaube, für Husmann und die Seinen war es tatsächlich eine Sisyphusarbeit, Stromberg als Figur nicht zu verraten. Wäre das passiert, hätte ich ihn auch nicht gespielt. Ich finde, es ist mit sehr smarten Kniffen gelungen, genau damit zu spielen: Stromberg aus heutiger Sicht zu erzählen, aber ihn dennoch als Figur beizubehalten, die ja sprichwörtlich aus dem vorherigen Jahrtausend stammt. Aber die Frage ist berechtigt. Die musste sich ja zum Beispiel auch Michael Bully Herbig stellen.

Beim "Kanu des Manitu" …

Genau. Und auch ihm ist das ja recht gut geglückt, wie ich finde.

Mit Christoph Maria Herbst sprach Volker Probst

"Stromberg" läuft ab 4. Dezember in den deutschen Kinos

Quelle: ntv.de

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