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"Die Lust am Schabernack"Das ist der Mann hinter Pumuckls Stimme

15.12.2025, 15:52 Uhr
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Sind sich schon ein bisschen ähnlich: Maximilian Schafroth und Pumuckl. (Foto: dpa / picture alliance / Collage: ntv.de)

"Den kenne ich!", wird mancher bei seinem Anblick ausrufen. Schließlich bekommt man Maximilian Schafroth in einer Sendung wie "Extra 3" auch zu sehen. In "Neue Geschichten vom Pumuckl" auf RTL+ ist er dagegen vor allem zu hören, denn er ist es, der dem kleinen Kobold seine Stimme verleiht. Mit ntv.de spricht der Kabarettist und Schauspieler über die Erfolgsserie, KI und Schabernack.

ntv.de: Pumuckl feierte bereits in den 60er- und 70er-Jahren seinen Hörspiel-Durchbruch. In Kino und Fernsehen kam er Anfang der 80er groß raus. Wann und wie sind Sie als jemand, der Jahrgang 1985 ist, erstmals mit ihm in Berührung gekommen?

Maximilian Schafroth: Das war, als ich so fünf oder sechs Jahre alt war. Wir hatten Kassetten vom "Pumuckl". Und auch im Fernsehen habe ich ihn gesehen, wenngleich der Fernsehkonsum bei uns immer ein bisschen eingeschränkt war. Wir durften vielleicht so eine halbe Stunde am Tag gucken. Da passte dann zum Beispiel eine "Pumuckl"-Folge gut rein. Oder "Pippi Langstrumpf" oder "Disney-Club". Aber ich fand den "Pumuckl" immer am interessantesten. Er ist ja eine Figur, die eigentlich für Kinder geschaffen wurde, aber interessanterweise für Erwachsene genauso funktioniert. Wenn wir "Pumuckl" geschaut haben, saßen auch meine Eltern mit vorm Fernseher.

"Pumuckl" wurde also auch in Ihrer Kindheit noch im Fernsehen gezeigt ...

Ja, im Allgäu kam alles ein bisschen später. (lacht) Da bist du halt auf ein paar Höhenmetern und musstest die Antenne immer Richtung München, Österreich oder Schweiz drehen, um was zu empfangen. Und da kam dann eben auch mal "Pumuckl". Wahrscheinlich klingt es, als sei ich nicht in den 90ern, sondern in den 60ern groß geworden. (lacht) Aber es gab bei uns tatsächlich eine gewisse Verzögerung. Eine gemütliche Verzögerung! Und eine gewisse Geborgenheit, zu der "Pumuckl" dann auch ganz gut passt.

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In den 80er Jahren entstand die Original-"Pumuckl"-Serie mit Gustl Bayrhammer als Meister Eder. (Foto: picture alliance/United Archives)

Inwiefern?

Wo und wie ich aufgewachsen bin, hatte eine gewisse Überschaubarkeit. Das Gleiche gilt für "Pumuckl" auch. Da sind zwei in der Werkstatt. Der eine will einen Stuhl machen und der andere nervt ihn halt dabei die ganze Zeit. (lacht) Ich glaube, gerade heute adressiert das generell ein Bedürfnis - der dauernden Reizüberflutung zu entkommen und eben einfach nur in diese Werkstatt zu schauen. Da ist natürlich auch viel Nostalgie dabei.

Mittlerweile funktioniert "Pumuckl" seit über 60 Jahren bei Groß und Klein, da kommen andere erfolgreiche Kinderfiguren wie Bibi Blocksberg oder Benjamin Blümchen nicht heran. Was ist Ihrer Ansicht nach sein Erfolgsgeheimnis?

Ich glaube, das ist schon er selbst. Die Szenerie in der Werkstatt mag reduziert sein, er als Figur ist es ja aber ganz und gar nicht. Er sprüht vor Leidenschaft. Er ist die pure Emotion. Er rastet bei jeder Gelegenheit aus. Das aber auf so eine liebe Art, dass man dieses zeternde Männchen, das ja mit seinen Füßen auf unseren Handflächen stehen könnte, einfach nur trösten und beschützen will. Zugleich bedient er sich der ganzen emotionalen Palette auf eine so kindlich-anarchistische Art, dass man auch lachen muss.

Rund 50 Jahre hat der 2005 gestorbene Hans Clarin Pumuckl seine Stimme verliehen. Wie ist es dazu gekommen, dass jetzt Sie diese verdienstvolle Aufgabe übernehmen?

Eigentlich kam das aus dem Nichts. Aber irgendwie ist die Künstler- und Künstlerinnen-Szene in München dann halt auch überschaubar. Mit (Regisseur) Marcus Rosenmüller habe ich schon vor 15 Jahren meinen ersten Film gemacht. Und darum herum gibt es ein Konglomerat an Leuten, die sich künstlerisch einfach schätzen und zwischen denen eine gewisse Vertrautheit herrscht.

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Rund ein halbes Jahrhundert verlieh Hans Clarin Pumuckl seine Stimme. (Foto: picture-alliance/ dpa)

Möglicherweise ist genau deshalb das Ergebnis auch so gut. Für "Neue Geschichten vom Pumuckl" gibt es ja wirklich nur lobende Worte ...

Ja, ich glaube, das wird manchmal unterschätzt. Manchmal werden Künstlerinnen und Künstler einfach nur zusammengewürfelt. Da heißt es dann: Da ist das Geld, legt mal los. Schön ist es, wenn's ein Budget gibt und man dann auch noch mit Leuten arbeiten darf, die man mag, dann wird das Hobby zum Beruf. Die persönliche Basis ist wichtig. Die gab es bei diesem Projekt von Anfang an. Da arbeiten Menschen zusammen, mit denen ich am Abend auch gerne mal ein Bier trinken gehe und ratsche. Da gibt es diesen "Pumuckl"-Spirit, die Lust am Schabernack.

Wie Hans Clarin den Pumuckl gesprochen hat, gilt schon als ikonisch. Hatten Sie Respekt davor oder die Sorge, dem auch gerecht zu werden?

Natürlich! Aber den Respekt vor der Figur hatten alle am Set - von der Besetzung über die Regie bis hin zur Kamera und dem Ton. Wenn man auf die früheren "Pumuckl"-Folgen blickt, ist das, als hätte schon mal jemand mit einem Dart-Pfeil ins Schwarze getroffen. Und dann kommt heute jemand zu dir und sagt: "So, jetzt stell dich noch mal 100 Meter weiter weg und treffe wieder ins Schwarze." Da sagt man: "Hä? Warum sollte ich das denn versuchen?" Oder man sagt: "Warum eigentlich nicht. Vielleicht macht es ja auch Spaß." Vorausgesetzt, das Handwerkszeug stimmt ...

Welches Handwerkszeug meinen Sie?

Das sind in erster Linie die Drehbücher. Für mich waren sie wirklich ausschlaggebend für meine Zusage. Ich konnte sehen, wie super die Bücher mit dem umgehen, was schon da ist. Sie tun nicht so, als müsste man einen Cut machen und das Ganze neu aufsetzen, sondern sie knüpfen würdevoll an das bestehende "Pumuckl"-Erbe an. Das hat mich schon beim Lesen berührt. Und dann wusste ich auch noch, dass da ein Regisseur sein wird, der für ein künstlerisches Wertegerüst steht, in dem ich sicher sein werde.

Nun wird Ihre Pumuckl-Stimme mithilfe von Künstlicher Intelligenz noch einmal so verändert, dass es sich wirklich beinahe so anhört, als würde Hans Clarin sprechen. Aber auch ohne KI kommen Sie schon sehr nah an das Original heran. Wie machen Sie das? Haben Sie das trainiert?

Ich wurde vor ein paar Jahren schon einmal für ein "Pumuckl"-Theaterstück angefragt. Aus terminlichen Gründen hat das am Ende nicht hingehauen, aber ich habe mich damals schon damit beschäftigt, wo man mit der Stimme ansetzen muss. Es gibt wirklich eine Taktik, wie man das total verfeinern kann. Ich liebe ja die Diktierfunktion. Man muss es immer wieder abgleichen, es auf dem Handy einsprechen und sich anhören. Wenn man nur darauf hört, wie man redet, verzerrt das. Man muss es sich also vorspielen und hören - und dann an jedem kleinen Konsonanten feilen.

Klingt wahnsinnig anstrengend …

(lacht) Ja, noch dazu, weil die Pumuckl-Laute sehr speziell sind. Aber mir macht so was Spaß. Ich bin auch ein kleiner Akustik-Nerd. Ich habe wirklich viel geübt, auch um herauszufinden, wie ich es am besten mache, ohne dass die Stimme Schaden nimmt. Man geht ja in die Kopfstimme hoch, braucht aber im Zwerchfell trotzdem eine Stütze dafür. Das ist ein bisschen paradox. Als es hieß, dass wir KI dazu nähmen, kam auch Kritik daran auf und es wurden Stimmen laut, die sich mit uns Schauspielern solidarisierten. Aber es braucht einen Schauspieler dafür - und in bestimmten Momenten ist mir das schon auch eine Hilfe.

Welche Momente meinen Sie?

Zum Beispiel, wenn der Pumuckl sehr laut wird, schreit und krächzt. Ich gehe über bestimmte Stimmgrenzen nicht drüber, weil ich einfach auch viel Musik mache und meine Gesangsstimme dafür brauche. Sie ist mein Arbeitsinstrument. Deshalb bin ich da vorsichtig. Ich würde sagen, das Feine und Säuselnde in mittlerer Lage treffe ich sehr gut. Aber wenn Pumuckl zum Beispiel krächzig, laut und grantig wird, gehe ich da stimmlich nicht komplett hin. Hans Clarin hat das gemacht. Das zeigt auch, wie sehr er seine Seele wirklich in diese Rolle gelegt hat.

Wie kommt denn eigentlich Ihre Stimme zum Pumuckl? Wird da erst die komplette Folge erstellt und Sie sprechen wie ein Synchronsprecher am Ende ihren Part ein oder läuft das anders?

Das ist tatsächlich ein spannender Arbeitsprozess. Die Leute denken meist, es sei so, wie Sie es beschreiben: Die Serie ist fertig und ich spreche darauf. Aber in Wahrheit spiele ich den Pumuckl quasi am Set, hüpfe herum und wenn etwas runterfällt, schaue ich manchmal auch, dass ich es wirklich runterwerfe. Dafür gibt es aber noch einmal eine eigene Abteilung. Dieses Spiel und diese Bewegung wird nicht visuell, sondern nur über mein Mikrofon abgenommen. Die Leute, die die Animation machen, haben dann nur meine Stimme. Und aus ihr heraus animieren sie Pumuckls Bewegungen und Emotionen.

Es ist also eigentlich fast das Gegenteil von Synchronsprechen …

Ja, ich habe noch nie auf eine fertige Animation draufgesprochen. Lippensynchron zu sprechen, ist eine eigene Kunst für sich. Bei einer Zeichentrickfigur finde ich das besonders schwierig. Respekt vor allen, die das machen. Ich kann dagegen wirklich frei spielen, das Timing und die Emotionalität gestalten. Von den Leuten von der Animation wird das dann zum Leben erweckt. Nachdem sie ein halbes Jahr meine Stimme im Ohr hatten, treffen sie mich bei der Premiere und sagen: "Wir haben das Gefühl, wir kennen dich schon ewig." Dabei haben wir uns zuvor noch gar nicht gesehen.

Im Kinofilm "Das große Missverständnis" sah man Sie auch in einer kleinen Rolle vor der Kamera. Wird das künftig öfter passieren?

Ich hatte auch in der ersten Staffel schon einen Auftritt - als Kundschaft vom Eder. Diesmal bin ich in der Staffel nicht zu sehen, war es dafür aber im Kinofilm. Mal schauen, wie es beim nächsten Mal sein wird. Ich glaube, das ist für die Produktion eine gute Rationalisierungsmaßnahme. Ich bin ja sowieso da und man kann mir sagen: "Kannst du das mal schnell spielen?" (lacht)

"Pumuckl" auf RTL+

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(Foto: FIELD IS MISSING!!!)

Wenn Sie mal nicht mit "Pumuckl" beschäftigt sind, kennt man Sie nicht zuletzt als Kabarettist, unter anderem aus der Satiresendung "Extra 3". Da sitzt Ihnen der Schalk schon auch im Nacken. Wie viel Pumuckl steckt in Ihnen?

Ich drücke es mal so aus: Ich liebe das Wort Schabernack! Das hat zugleich etwas Disruptives und Versöhnliches: Ich stelle dir mal kurz ein Bein, gebe dir danach aber die Hand. Das ist eine Art von Humor, bei der man den anderen nicht an die Wand klatscht, sondern ihm seine Würde lässt. Bei "Extra 3" versuchen wir auch, das so gut wie möglich zu machen, wenn ich zum Beispiel als Satire-Reporter im Bundestag unterwegs bin.

Das kommt aber auch nicht immer bei allen Politikerinnen und Politikern gut an …

Ja, denn natürlich gibt es auch inhaltliche Differenzen. Trotzdem kann man sich in einem Moment vielleicht maximal ärgern, im nächsten aber auch wieder darüber kaputtlachen. Ich finde das ja wunderbar, wenn Paul Ziemiak von der CDU zu mir sagt: "Ich gucke mir das fei später an." Wir dürfen nicht in so Freund-Feind-Kategorien verfallen. Wenn wir uns zu ernst nehmen und nicht mehr über uns lachen können, haben wir ein Problem, wir sehen das in den USA.

Das heißt?

Das politische Satire als Gefahr betrachtet und abgeschaltet wird. Wenn wir im Bundestag rumlaufen, dann hat das zum einen etwas Lustiges in der direkten Konfrontation. Zum anderen hat es aber auch die Bedeutung: Wir leisten uns das als Demokratie - die Länder, in denen so etwas möglich ist, kann man ja inzwischen schon bald an zwei Händen abzählen. Ich denke, wenn Pumuckl mal wieder Schabernack in der Werkstatt vom Meister Eder macht, ist das die perfekte Blaupause dafür: Die beiden streiten und versöhnen sich. Wir als Gesellschaft hingegen können super streiten. Aber das mit dem Versöhnen müssen wir noch lernen.

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Maximilian Schafroth ist auch aus "Extra 3" bekannt. (Foto: NDR / Thomas Pritschet)

"Extra 3", Schauspielerei, Tourneen mit ihrem Kabarettprogramm und seit Kurzem auch ihr eigenes Theaterstück "Wachse oder weiche" in den Münchner Kammerspielen. Sie sind gut ausgelastet. Angesichts des Erfolgs der Serie dürften Sie aber auch bei "Neue Geschichten vom Pumuckl" noch eine Weile gebraucht werden. Sind Sie bereit für die nächsten 50 Jahre?

(lacht) Wenn meine Stimme durchhält ... Und wenn das Team so nett bleibt. Dass mir "Pumuckl" so viel Spaß macht, ist schon mal die beste Basis. Und wahrscheinlich habe ich eh einen Vertrag unterschrieben, aus dem ich die nächsten 50 Jahre nicht herauskomme.

Mit Maximilian Schafroth sprach Volker Probst

Quelle: ntv.de

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