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"Ich liebe sie!" Jella Haase ist das Chantal-Kontrastprogramm

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Plötzlich Prinzessin: Jella Haase in "Chantal im Märchenland".

Plötzlich Prinzessin: Jella Haase in "Chantal im Märchenland".

(Foto: Constantin Film Verleih / Gordon Timpen)

Schauspielerin Jella Haase besticht durch ihre Vielseitigkeit. Die Rolle der "Fack ju Göthe"-Göre Chantal hat sie allerdings perfektioniert. Mit ntv.de spricht sie aber nicht nur über ihr Soloabenteuer "Chantal im Märchenland". Sie verrät auch, was sie manchmal in die Bredouille bringt.

ntv.de: Inzwischen ist es über zehn Jahre her, dass "Fack ju Göhte" ins Kino gekommen ist und dort zum Überraschungserfolg schlechthin wurde. Hättest du dir damals vorstellen können, dass du irgendwann sogar dein eigenes Spin-off mit Chantal bekommen würdest?

Jella Haase: Ich glaube nicht. Vielleicht habe ich mir das mal irgendwie ausgemalt, aber so richtig vorgestellt ... nein.

Wie hast du denn von der Idee zu "Chantal im Märchenland" erfahren?

Ich saß Bora (Regisseur Bora Dagtekin, Anm. d. Red.) gegenüber, als er mir das erste Mal davon erzählt hat. Wie er da so redete, habe ich wirklich gesehen, wie ich über seinem Kopf anfange, auf Drachen und Einhörnern zu reiten. Ich war mittendrin in seinen Fantasien und habe mich wahnsinnig gefreut und geehrt gefühlt, dass er so etwas mit mir im Mittelpunkt erfunden hat.

Die Lust auf Chantal ist dir also in all der Zeit nicht vergangen …

Nein, ich liebe sie sehr! Und ich habe sie sogar noch einmal mehr lieben gelernt. Dass diese Figur nun so zur Heldin avanciert, aus dem Kontext genommen und in eine ganz andere Welt verpflanzt wird, in der sie so wachsen und über sich hinauswachsen darf, ist für mich wie ein Befreiungsschlag. Eine Figur zu spielen, die man schon so gut kennt, ist eine große Freude. Ich bin ja auch ein bisschen älter geworden, habe zwei Jahre Theater gespielt und dadurch auch noch meinen Spielhorizont erweitert. In dieser Figur, die ja nicht nur wahnsinnig schnell im Kopf, schlagfertig, und mutig ist, sondern sich auch ganz wenig schämt, jetzt noch mal so auszurasten, ist großartig.

Zumindest auf dem Papier haben du und Chantal ja auch ein paar Gemeinsamkeiten. Ihr seid zum Beispiel beide in Kreuzberg aufgewachsen. Wie viel Chantal steckt tatsächlich in Jella Haase?

Eher wenig. Das ist schon lustig, weil ich glaube, dass ich doch relativ weit weg von ihr bin. Das Milieu, in dem sie unterwegs ist, ist mir vielleicht bekannt, auch aus der Schule. Aber ich bin eigentlich schon eher das Kontrastprogramm zu Chantal.

Schauspielerinnen und Schauspieler erleben es ja häufiger, dass Menschen sie und ihre Figur nicht voneinander trennen können. Wie ist das bei dir? Kommt es vor, dass du auf der Straße als Chantal angesprochen wirst?

Im echten Leben ist sie dann doch ganz anders als Chantal.

Im echten Leben ist sie dann doch ganz anders als Chantal.

(Foto: picture alliance/dpa)

Manchmal. Heute habe ich zum Beispiel mit einer Journalistin gesprochen, die ihrer Mutter erzählt hatte, dass sie ein Interview mit mir führt. Die Mutter war wohl ganz erstaunt: "Wie? Die redet in echt gar nicht so wie Chantal?" Warum sie das nicht differenzieren kann, weiß ich nicht. Was mir auf jeden Fall sehr oft passiert, ist, dass ich erkannt werde. Ich werde dann aber nicht direkt als Chantal angesprochen, sondern es heißt zum Beispiel: Du bist doch die aus diesen Filmen mit Chantal …

Ist das unangenehm?

Es ist schwierig für mich. Wenn sie denken, sie kennen mich, sind Leute manchmal ein bisschen distanzlos. Sie kommen auf mich zu: "Hey, Jella!" Und ich frage mich: "Fuck, woher kenne ich sie? Ich habe es vergessen. Ich weiß es wirklich nicht …" Tatsächlich habe ich die Personen davor noch nie gesehen. Aber sie suggerieren mir, dass ich sie kennen würde - und ich komme dadurch dann manchmal eben in eine Bredouille.

Worauf hast du dich beim Dreh zu "Chantal im Märchenland" am meisten gefreut?

Am meisten Bock hatte ich darauf, die Leute wiederzusehen! Außerdem hatte ich wahnsinnig Lust auf die Kostüme. Esther Walz hat da eine Arbeit geleistet, vor der ich niederknie. Als ich die ersten Kostüme anhatte, sind mir die Tränen gekommen, weil ich so dankbar war. So ein Kleid verleitet dann natürlich auch dazu, sich prinzessinnenhaft zu bewegen. Das dann mit einer Chantal zu brechen, die in so ein Kleid gezwängt wird, war extrem spannend.

Der Film ist ein ziemliches Gag-Feuerwerk. Ist der Dreh dann genauso spaßig oder ist es besonders harte Arbeit, lustig zu sein?

Es hat uns großen Spaß gemacht! Aber ja, es ist auch harte Arbeit. Das sieht man daran, wie präzise alle Gewerke gearbeitet haben. Es bedarf viel Vorbereitung, damit von Bild über Kostüm bis Maske alle so on point sind, dass es wirklich perfekt ist. Für das Timing, dann immer wieder auf den Punkt lustig zu sein, braucht es auch eine gewisse Kondition. Bei Boras Filmen wiederholen wir Sachen sehr oft, bis sie wirklich sitzen. Bora weiß genau, wie er etwas aufgelöst haben will. So ist es am Ende wirklich besonders und trägt seine Handschrift. Das macht es aber auch anstrengend, weil einfach viel Aufwand betrieben wird.

Der Film ist natürlich lustig. Er hat aber auch ein paar Botschaften im Gepäck. Es geht um Feminismus, sexuelle Selbstbestimmung oder Kritik an der Allgegenwart sozialer Netzwerke. Was ist für dich die Kernbotschaft?

Chantal war bereits einer der Stars in den "Fack ju Göhte"-Filmen.

Chantal war bereits einer der Stars in den "Fack ju Göhte"-Filmen.

(Foto: picture alliance / Matthias Neidhardt/Constantin Film Verleih GmbH/dpa)

Ich finde es sehr bemerkenswert, wie wir permanent damit beschäftigt sind, unsere Welt zu inszenieren. Das macht auch Chantal. Für mich geht es darum, sich davon zu befreien und wirklich darauf zu besinnen, was man eigentlich machen möchte. Diese Message am Ende des Films finde ich extrem toll. Spannend finde ich auch, dass junge Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen werden und sich vielleicht fragen: "Mit wem und mit welchen Geschichten identifiziere ich mich eigentlich?" In dem Film stecken echt sehr viele Themen, die ich sehr wichtig finde.

Einen deiner ersten Filme, "Kriegerin", hast du zusammen mit Alina Levshin gedreht. Sie hat vor Kurzem von einem sexuellen Übergriff in der Branche berichtet. Du hast in Interviews schon mal erklärt, dass dir selbst so etwas zum Glück noch nicht passiert sei. Gibt es dennoch schlechte Erfahrungen, die du als Frau im Filmgeschäft gesammelt hast?

Nein, zum Glück nicht. Was das angeht, habe ich wirklich ganz großes Glück. Aber natürlich fängt zum Beispiel die Frage des Machtmissbrauchs schon im viel kleineren Rahmen an - wenn es darum geht, wie man sich begegnet oder wie man etwa mit einer Set-Runnerin oder einem Set-Runner umgeht. Da gibt es auch noch sehr viel Potenzial, richtig hinzugucken und einfach höflich miteinander umzugehen. Ich habe aber wirklich das Gefühl, dass die Lupe da jetzt auch draufgehalten wird. Viel wird sich nicht mehr getraut. Vielleicht auch aus Angst, aber das ist ja letztlich egal. Es ist schließlich extrem wichtig, dass die Leute zusammenstehen und anfangen, Missstände auch anzuprangern. Ich sehe mich da auch in der Verantwortung. Wenn ich an einem Set bin, möchte ich, dass sich alle Leute wohlfühlen, eine gute Zeit haben und dort kein Klima der Angst herrscht.

Man sieht dich im Kino und im Fernsehen, in schrillen Komödien ebenso wie in hochdramatischen Filmen. Was bedeutet dir diese Vielfalt?

Für mich sind vor allem die Rollen und Geschichten wichtig. Ich glaube nicht, dass ich wirklich nach dem Genre gehe. Es kommt vielmehr darauf an, was die Geschichte und die Rolle in mir auslösen. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass die Rollen sich mich aussuchen. Sie wollen erzählt werden.

"Chantal im Märchenland" kommt jetzt ins Kino, die zweite Staffel deiner Netflix-Serie "Kleo" ist abgedreht. Was kommt für dich als Nächstes?

Als Nächstes drehe ich wieder mit Leonie Krippendorff. Mit ihr habe ich schon die Filme "Looping" und "Kokon" gemacht. Außerdem mache ich wieder ein bisschen mehr Arthouse.

Mit Jella Haase sprach im Rahmen eines Gruppeninterviews Volker Probst

"Chantal im Märchenland" läuft ab sofort in den deutschen Kinos

Quelle: ntv.de

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