Prequel zu "Dinner for One""Miss Sophie" und Butler James auf einer Mission
Von Nicole Ankelmann
Wer sich schon länger fragt, wie Miss Sophie und Butler James dort gelandet sind, wo man sie im Sketch "Dinner for One" alljährlich am Silvesterabend beobachten kann, der bekommt mit "Miss Sophie" eine mögliche Antwort geboten. Ob die jedem gefällt, wird sich zeigen.
Verbringen Sie den Jahreswechsel gern allein auf dem Sofa oder mit Freunden und Familie am Esstisch statt in den Bars und Clubs der Stadt? Dann pflegen Sie womöglich auch eine deutsche Tradition mit britischem Flair, die sich seit 1972 großer Beliebtheit erfreut. Am Silvesterabend wird auf diversen Kanälen der 18-minütige Schwarzweiß-Sketch "Dinner for One" aus dem Jahr 1963 ausgestrahlt. Und vermutlich werden erneut rund elf Millionen Menschen dabei zusehen, wie der betagte Butler James (Freddie Frinton) immer wieder - elfmal insgesamt - über einen Tigerkopf stolpert, während er Hausherrin Miss Sophie (May Warden) anlässlich ihres 90. Geburtstags das Dinner und etwaige Drinks serviert.
Die nun bei Prime Video startende Serie "Miss Sophie - Same Procedure as Every Year" orientiert sich an diesem Humor-Klassiker und unternimmt eine Reise in die Vergangenheit der beiden Protagonisten und jenen Figuren, die beim "Dinner for One" aufgrund ihres vorzeitigen Ablebens durch Abwesenheit glänzen. Die Serie schließt jene Lücken, deren Füllung bislang der Phantasie des Zuschauers überlassen war. In welcher Verbindung standen Miss Sophie und James zu Pommeroy, Mr. Winterbottom, Sir Toby und Admiral von Schneider so ganz genau? Die Antwort, die einem die von UFA Fiction produzierte Serie anbietet, geht so:
Wo die Liebe (nicht) hinfällt
Wir befinden uns im Jahr 1911. Da es um ihr Anwesen finanziell nicht allzu gut bestellt ist, macht sich Miss Sophie (Alicia von Rittberg) notgedrungen auf die Suche nach einem Ehemann, der genug Geld mitbringt, um ihr Hab und Gut vor der Pfändung zu retten. Ein Plan, den sie natürlich nicht offen ausspricht, als sie mit der Unterstützung von James (Kostja Ullmann), Sohn des gesundheitlich angeschlagenen Butlers (Ultrich Noethen) ihrer Eltern, vier passend erscheinende Kandidaten zu sich nach Hause einlädt. Es sind Champagnererbe Pommeroy (Moritz Bleibtreu) samt Hündchen Jean-Louis , Mr. Winterbottom (Frederick Lau), Sir Toby (Jacob Matschenz) und Admiral von Schneider (Christoph Schechinger), die fortan um die hübsche Sophie buhlen. Parallelen zum Format "Die Bachelorette" sind nicht von der Hand zu weisen und ebenso beabsichtigt, wie weitere eingestreute Bezüge zur Jetztzeit.
Während es TV-Datingshow-Kandidaten heute oft gar nicht wirklich um die Liebe geht, sondern doch eher um den Zugewinn von Instagram-Followern und den Ausbau ihres Influencer-Geschäfts, sind auch Sophies Bemühungen ähnlicher Natur. Ihr Herz gehört nämlich bereits James, doch das geltende Standesrecht verbietet diese Liaison. Und eine Lösung für Sophies finanzielle Situation wäre die Beziehung zu ihrem Angestellten wohl auch nicht. Also soll es einer jener mehr oder weniger maskulinen Männer sein, die bei Dream Dates und Mutproben um ihre Gunst kämpfen- manch einer in der Hoffnung, so selbst reich einheiraten zu können. Während die vier versuchen, sich gegenseitig auszustechen, geschieht auch noch ein Mord, den es nach Agatha-Christie-Manier aufzuklären gilt.
Zwischen RomCom und Whodunnit
"Miss Sophie" erzählt in sechs rund 45-minütigen Folgen die von Tommy Wosch und Dominik Moser erdachte und aufgeschriebene Vorgeschichte zum Sketsch-Klassiker und ist in der Tonalität angelegt wie all die Serien aus dem In- und Ausland, die in der Vorweihnachtszeit die Kanäle fluten. Man setzt auf Eskapismus, eine Flucht aus dem grauen und kalten Winteralltag hinein in die Welt der Schönen und - in diesem Fall - ehemals Reichen auf der Suche nach den ganz großen Gefühlen. Eine beliebte Möglichkeit, sich für die anstehenden Feiertage in kuschelige Stimmung zu bringen.
Prominent besetzt bis in die Nebenrollen - untern anderem Wotan Wilke Möhring, dessen Bruder Sönke Möhring, Michael Kessler und Tom Beck - ist die Serie eine RomCom in historischen Kostümen mit Whodunnit-Elementen und markigen Sprüchen. Damals geltende Rollenbilder sollen so aufgebrochen werden, um ans Hier und Jetzt sowie eine aufgeklärtere Generation anzudocken. Ein bisschen "Bridgerton", nur deutlich kleiner eben. So merkt der Arzt des kränkelnden Butlers zu dessen Gesundheit an: "Wenn er sich schont, erlebt er noch die Gleichberechtigung der Frau - aber wer will das schon?", worauf dessen Sohn James - ganz Feminist - mit "Frauen?" reagiert.
Die erste Staffel von "Miss Sophie - Same Procedure as Every Year" ist genau das, was sie sein soll: Leichte Unterhaltung in schweren Zeiten, die den Zuschauer an einen Ort entführt, an dem die Menschen zwar auch Probleme haben, diese aber mit ein bisschen Witz und lockeren Sprüchen zu lösen vermögen. Ob eingefleischte "Dinner for One"-Fans ihre Protagonisten lieber so in Erinnerung behalten, wie sie sie alljährlich am Silvesterabend antreffen, müssen diese nun ganz für sich allein entscheiden.
"Miss Sophie - Same Procedure as Every Year" ist ab dem 22. Dezember auf Prime Video abrufbar.