Vogelschiss und Glücksmomente Johannes Oerding lässt wieder Songs tauschen
21.04.2024, 13:00 Uhr Artikel anhören
Schon zum vierten Mal Gastgeber bei "Sing meinen Song": Johannes Oerding.
(Foto: Thomas Leidig)
"Sing meinen Song - Das Tauschkonzert", Deutschlands beliebtes Cover-mich-dann-cover-ich-dich-Musikformat, geht in die elfte Runde. Mit dabei sind Rapper Eko Fresh, Deutschpopper Tim Bendzko, Mädchenschwarm Emilio, Soul-Bardin Joy Denalane, Punkrock-Frontmann Sammy Amara, Juli-Sängerin Eva Briegel und Deutschrock-Legende Peter Maffay.
Auch Johannes Oerding ist wieder mit von der Partie. Das sympathische Deutschpop-Nordlicht führt zum vierten Mal als Gastgeber durch die Show - ein Privileg, dessen sich Johannes Oerding durchaus bewusst ist. Der Songwriter genießt den Part des Zuhörers genauso wie den des Erzählers. Ein paar Wochen vor der Ausstrahlung der neuen Staffel traf sich der gebürtige Münsteraner und "Hutträger des Jahres 2019" mit ntv.de zum Interview und sprach über beeindruckende Formatmomente, Reisevorfreuden und die Schattenseiten des Promi-Daseins.
ntv.de: Johannes, die neue, mittlerweile elfte "Sing meinen Song"-Staffel startet bald bei Vox. Du fungierst wieder einmal als Showbegleiter und Host. Welchen Stellenwert hat die Sendung für dich?
"Sing meinen Song" ist immer dienstags um 20.15 Uhr bei Vox zu sehen. Die Sendung ist außerdem auf RTL+ abrufbar.
Johannes Oerding: Das Format ist schon sehr besonders. Da steckt natürlich viel Arbeit drin, aber für mich ist das auch ganz viel Erholung und Inspiration. Das liegt vor allem daran, dass ich es nicht alleine mache. Wenn es um meine Musik geht, dann habe ich immer die Kontrolle und bin auch der, der alles in die Wege leitet. Hier habe ich eine Gruppe von Leuten, die dieselbe Leidenschaft teilt - und das bereichert ungemein. Ich fahre nach jeder Staffel immer mit unheimlich vielen neuen Eindrücken nach Hause.
Das Format lebt ja vor allem von seinen Gästen und ihren Geschichten. Inwieweit bist du involviert, wenn es vorab um die "Gästeliste" geht?
Mittlerweile stecke ich da auch schon ein bisschen im Entscheidungsprozess mit drin. Das war zu Beginn noch ganz anders. Da ging es auch für mich in erster Linie darum, irgendwie selbst stattzufinden. Da ich aber nun schon ein paar Jahre im Business bin, haben sich im Laufe der Zeit auch Bekanntschaften und Freundschaften entwickelt, die mir dabei helfen, dem einen oder anderen in Frage kommenden Gast vorab schon vielleicht vorhandene Ängste und Zweifel zu nehmen. Es ist aber auch nicht immer so, dass ich mit den Leuten schon vorher richtig dicke war. In der Regel geht man aber spätestens nach dem letzten Abend als Freunde auseinander.
Welcher Gast hat dich diesmal am meisten überrascht und beeindruckt?
Das waren gleich zwei, von denen ich im Vorfeld wirklich am wenigsten wusste. Eko Fresh kannte ich vorher nur aus alten MTV- und "Bravo"-Zeiten. Da rechnete ich mit einer harten Hip-Hop-Attitüde. Genau das Gegenteil war aber der Fall. Eko hat mich als sehr eloquenter, einfühlsamer und tiefgründiger Künstler berührt. Ähnlich lief es mit Sammy Amara von den Broilers. Sammys Musik habe ich nie wirklich verfolgt. Punkrock ist jetzt nicht so mein Beritt. Ich habe einen systemkritischen Musiker erwartet, der vielleicht auch Format-Vorbehalte hat. Aber auch hier: Genau das Gegenteil war der Fall.
Apropos Sammy: Mit Floor Jansen (Nightwish) und Jennifer Haben (Beyond The Black) habt ihr auch in der Vergangenheit schon härtere Sounds mit einfließen lassen. Hast du das Gefühl, dass es für solche Künstler immer eine besondere Herausforderung ist?
Klar, das ist natürlich nochmal eine extra Hürde, wenn dein Homesound aus einer ganz anderen Ecke kommt. Da habe ich auch großen Respekt vor. Was es diesmal etwas einfacher gemacht hat, war die Tatsache, dass Sammy deutsch singt. So konnte man sich im Vorfeld auch schon mal intensiv mit seinen Gedanken und Ansichten als Songwriter auseinandersetzen. Das war letztlich ganz entscheidend für die Couch, denn der Mann hat richtig was zu erzählen.
Wie ist es um deine Rock-Erfahrungen bestellt? In den vergangenen Jahren hast du ja auch immer mal wieder gerne ein kreischendes Gitarrensolo mit eingestreut?
Na ja, um ehrlich zu sein: Als ich mit 12 irgendwo am Niederrhein in der Garage meiner Eltern mit der Musik losgelegt habe, stand Punkrock ganz oben auf meiner Liste. Spätestens mit Beginn meiner Solokarriere haben sich die musikalischen Bezugspunkte aber verändert. Ich höre zwar auf Festivals immer gerne zu, wenn es auf der Bühne etwas härter zur Sache geht. Aber wenn sich auf einer meiner Platten mal ein etwas rockigerer Song mit einschleicht, dann ist der noch weit entfernt von dem, was die Broilers machen.
Auf Instagram hast du letztens einen Moment des Glücks festgehalten. Auf der Terrasse in Südafrika bekamst du ungewollt "Besuch" von oben.
Ja, das war unglaublich. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass sich da drei oder vier Vögel beim "Erleichtern" zusammengetan haben.
Vogelschiss auf den Klamotten soll ja Glück bringen. Was war denn dein ganz persönlicher Glücksmoment in Südafrika?
Da gab es mehrere. Dass sich einer wie Peter Maffay für einen Abend dazugesellt, das war schon ziemlich cool. Dann habe ich mich mit Joy Denalane angefreundet - einer Sängerin, die ich schon verehre, seit ich 17 bin. Und dann gab's natürlich auch viele musikalische Glücksmomente. Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein eigener Song nochmal so aufwühlt, wie es dann passiert ist. Das hat natürlich auch mit einer ganz bestimmten Situation zu tun (der Vater von Johannes verstarb im Januar, Anm. d. Red.). Für solche Momente ist man dann natürlich auch unheimlich dankbar, denn sie geben einem auch die Möglichkeit, Dinge besser zu verarbeiten.
Das Format greift jedes Jahr wieder aufs Neue im höchsten Regal zu, wenn es um die Gäste geht. Wenn sich diesbezüglich auch international alle Wünsche erfüllen ließen, wen würdest du ganz persönlich gerne mal auf der Couch begrüßen?
Puh, das ist eine schwere Frage. Aber gut, wenn ich wirklich die freie Auswahl hätte, dann würde ich mich freuen, wenn Bruce Springsteen, Pink, Dave Grohl, Justin Timberlake und Bruno Mars mal meine Gäste wären. Ich denke, das wäre eine spannende und musikalisch vielfältige Runde, die bestimmt die eine oder andere denkwürdige Geschichte zu erzählen hätte.
Ende letzten Jahres hast du angekündigt, dass du in diesem Jahr etwas kürzertreten möchtest. Jetzt ist das erste Vierteljahr rum. Wie läuft es diesbezüglich?
Also ich habe mich die ersten beiden Monate treiben lassen. Ich zähle mittlerweile auch die "Tauschkonzert"-Dreharbeiten dazu, wenn es um Erholung geht. Das sind immer Wochen, die mir besonders viel Kraft spenden. Ich war bisher viel im Rahmen der Familie unterwegs. Aber den Rest stelle ich wirklich hintan. Ich habe mir jetzt für das Jahr ganz bewusst freigenommen. Ich werde die Zeit nutzen, um ein bisschen zu reisen. Ich werde eine Weile in Amerika sein und musikträchtige Orte wie Memphis, New Orleans und Nashville besuchen. Grundsätzlich lasse ich mich aber weiter treiben. Im Sommer werde ich definitiv ein paar Wochen am Stück in Deutschland sein, um mir das eine oder andere EM-Spiel anzuschauen. Ansonsten: Man wird sehen, was das Jahr für mich noch alles so bereithält. Ich bin da ganz entspannt.
Entspannung ist ein gutes Stichwort. Du bist ein Künstler, der vor der Kamera immer sehr gefasst und aufgeräumt wirkt. Dein Name spielt im Boulevard ganz selten eine Rolle. Wie gehst du damit um, wenn es pressetechnisch dann plötzlich doch mal drunter und drüber geht?

(Foto: picture alliance/dpa)
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Ich weiß einfach, dass dieser Part zum Business dazugehört. Mit den Jahren lernt man einfach damit umzugehen. Früher hätten mich einige Sachen schon ganz schön mitgenommen. Heute weiß ich, dass es in diesem Spiel nichts bringt, wenn man sich über die Spieler aufregt. Manchmal hasst man einfach nur das ganze Spiel. Und das ist auch in Ordnung so. Mit diesem Gefühl fahre ich besser. Es gibt viel Sonnenschein und viele Privilegien im Musikbusiness. Es gibt aber auch eine andere Seite der Medaille. So ist das nun mal. Mein Vater hat immer gesagt, ich soll mir einen Job suchen, der mir die ganze Woche lang von morgens bis abends Freude und Spaß bringt. Leidenschaft ist das Schlüsselwort. Genau diesen Job habe ich gefunden. Ich wüsste nicht, was ich ohne die Musik heute machen würde. Wir bekommen als Künstler so viel Applaus und Aufmerksamkeit - und ja, manchmal gehört auch etwas Schmerzensgeld dazu.
Als Künstler ist man heutzutage auch unfreiwillig so "nahbar" wie nie zuvor. Social Media macht's möglich. Begrüßt du diese Entwicklung oder macht sie dir eher Angst?
Auch hier gibt es zwei Seiten. Ganz ehrlich, mir macht die dunkle Seite schon etwas Angst. Ich selber bin ja auch schon mal mit dem einen oder anderen Shitstorm konfrontiert worden. Das kann ich als Künstler mittlerweile ganz gut einordnen. Das Problem ist, dass so eine negative Kommentarkultur auch strategisch genutzt wird, um böse Gedanken zu streuen und zu befeuern. Ich finde es traurig, dass sich so viele Menschen den ganzen Tag nur damit beschäftigen, irgendwelchen Hass zu verbreiten. Das bereitet mir natürlich auch Sorgen. Auf der anderen Seite ist der technische Fortschritt natürlich ein Segen für all die vielen unbekannten Künstler dieser Welt. Es gibt so viele Orte auf der Welt, die normalerweise keiner auf dem Schirm hat, wenn es um neue und spannende Musik geht. Aber dort haben talentierte Musiker nun mit Hilfe von Social-Media-Kanälen die Möglichkeit, ihr Können einer breiten Masse vorzustellen. Das ist großartig.
Erinnerst du dich noch an die Zeit, als du von den großen Bühnen geträumt hast?
Ja, natürlich. Ich kann mich noch erinnern, wie ich als kleiner Junge mit engen weißen Radlerhosen durchs Zimmer gesprungen bin und davon geträumt habe, Axl Rose zu sein. Dann kamen die Schülerbands und von Jahr zu Jahr wurden die kleinen Bühnen immer größer. So richtig geknallt hat es dann aber erst viel später mit dem Album "Alles brennt". Wenn man dann seinen ersten richtigen Radio-Hit hat, der einem plötzlich viele Türen öffnet, dann muss man sich schon kurz kneifen. Das sind die Momente, die man auch viele Jahre später immer noch bei sich trägt.
Mit Johannes Oerding sprach Kai Butterweck
Quelle: ntv.de