Musik

Full Metal Cruise: Wacken auf See "Trinken viel Bier, aber sehr freundlich"

Schönes (Brust-)Haar ist dir gegeben, lass es leben ...

Schönes (Brust-)Haar ist dir gegeben, lass es leben ...

(Foto: n-tv.de / Nadine Wenzlick)

Zum vierten Mal geht das Wacken Festival auf hoher See auf Tour. An Bord des Kreuzfahrtschiffes: 2000 Metalheads, Bands wie Gamma Ray oder Torfrock, 60.000 Liter Bier - und ganz viel Liebe.

"Endlich wieder normale Gäste!", sagt Lutz Deyhle, Head Of Events bei TUI Cruises, als er am Samstagabend auf dem Pooldeck die Passagiere der "Full Metal Cruise" begrüßt. Normal ist gut. Es ist natürlich überhaupt gar nichts normal an dieser Kreuzfahrt. Die "Full Metal Cruise" ist nämlich die Kreuzfahrt-Version des Wacken-Festivals, eins der größten Metal-Open-Airs der Welt, das alljährlich in der gleichnamigen Gemeinde in Schleswig-Holstein stattfindet. Zum vierten Mal geht das Festival auf See - dieses Mal von Hamburg über Oslo und Kopenhagen nach Kiel. Mit an Bord: 2000 Metalheads, zwei Dutzend Bands sowie 60.000 Liter Bier. Und wer könnte den ersten Abschnitt entlang der Elbe musikalisch besser untermalen als Torfrock?

Torfrock auf der Bühne - und im Pool jede Menge Spaß.

Torfrock auf der Bühne - und im Pool jede Menge Spaß.

(Foto: n-tv.de / Nadine Wenzlick)

Laut schallt ihr plattdeutscher Rumpelrock aus der 50.000 Watt starken Soundanlage auf dem Pooldeck, während der Luxusdampfer an der Elbphilharmonie und den Landungsbrücken vorbei zieht. Schon jetzt ist alles genau so, wie man sich das vorstellt: In voller Bekleidung springen die ersten Metal-Fans in den Pool vor der Bühne. Sie tragen sich gegenseitig auf Händen, machen Arschbomben und schwingen aufblasbare Gitarren, während die freundlichen Kellner ihnen Dosenbier reichen - gerne auch direkt in den Whirlpool.

"Das war ein Höllenlärm"

Der Bierkonsum auf der fünftägigen Full Metal Cruise ist drei Mal so hoch wie auf anderen elftägigen Kreuzfahrten. Das sorgt zwangsläufig für allerhand ausgefallene Ideen. "Unser Freund Basti hat sehr viele Haare, deswegen wollen wir ihm das Cruise-Logo in die Brusthaare rasieren", erklärt Martin, ein Landwirt aus Franken, als er und seine Freunde am ersten Seetag beim Friseursalon des Schiffes aufschlagen. Die Friseurin will aber nicht - zu viel Wellengang für eine Nassrasur. "Dann machen wir das morgen, wenn wir im Hafen liegen", beschließt Martin und die Drei ziehen wieder Leine.

Alles so schön friedlich hier ...

Alles so schön friedlich hier ...

(Foto: n-tv.de / Nadine Wenzlick)

Kuriose Begegnungen dieser Art hat man auf der "Full Metal Cruise" am laufenden Band. Und viele nette Gespräche. Mit Polizisten und Pflegern, Ingenieuren und einer ehemaligen Bürgermeisterin. Viele von ihnen sind Wiederholungstäter. Zum Beispiel Armin aus Nürnberg. "Ich bin jetzt zum zweiten Mal hier, mit meinen Eltern. Ich habe das Zustellbett", erzählt der 23-jährige Polizist beim Konzert von Queensrÿche. Seine Eltern haben schon viele Kreuzfahrten gemacht, zum Metal hat Armin sie gebracht. Jetzt hört seine Mutter also Power-Metal. Auch Rolf ist zufällig zur "Full Metal Cruise" gekommen: Auf der ersten Cruise stieg der 67-Jährige als Lotse im Hamburger Hafen zu. "Das war ein Höllenlärm, als wir in ihn einfuhren", erinnert er sich. "Aber die Leute machten so einen netten Eindruck, dass ich jetzt zum zweiten Mal als Gast dabei bin. Mittlerweile gefällt mir die Musik richtig gut. Für die nächste Cruise habe ich auch schon gebucht!"

In einer Stunde ausverkauft

Im April 2017 geht es für Rolf also nach Mallorca. Die Reise war in weniger als einer Stunde ausverkauft. Mit anderen Worten: Die "Full Metal Cruise" könnte nicht besser ankommen. Die Idee dazu geisterte Holger Hübner und Thomas Jensen, den beiden Veranstaltern des Wacken Festivals, schon länger im Kopf herum. 2012 kam dann TUI Cruises auf sie zu. Mit Udo Lindenbergs "Rockliner" hatte man bereits gute Erfahrungen gemacht und zudem beobachtet, dass die Metal-Kreuzfahrt "70.000 Tons Of Metal" in Amerika auf großen Anklang stieß. Nach 18 Monaten Planung fand 2013 die erste "Full Metal Cruise" statt.

Da wird sogar Martin Semmelrogge (r.) zum Metalhead.

Da wird sogar Martin Semmelrogge (r.) zum Metalhead.

(Foto: n-tv.de / Nadine Wenzlick)

Dass das wirklich eine gute Idee ist, davon waren bei TUI anfangs längst nicht alle überzeugt. Auch Kapitän Rolf Noack, der privat lieber "Relax-Musik" hört, war bei seiner ersten Fahrt kritisch. "Ich dachte, danach haben wir überall kaputte Teppiche und Brandflecken", verrät er beim Besuch auf der Brücke. "Aber nichts von dem ist passiert, es halten sich alle an die Regeln. Und der Umgangston ist ein ganz anderer. Die Beziehungen sind viel ungebremster. Es ist schön, das zu erleben." Fun Fact: Auf der "Full Metal Cruise" geht laut TUI weniger zu Bruch als auf anderen Kreuzfahrten.

Aber das Programm, das ist halt ein bisschen anders. Die maskierte Thrash-Metal-Band Hämatom ist dabei, es gibt Power-Metal von Gamma Ray, ziemlich coolen Rock'n'Roll von The Quireboys, Mambo Kurt covert Metal-Hits auf seiner Heimorgel und UMC spielen Chart-Hits im Metal-Gewand. Bei "Atemlos" von Helene Fischer legt der eine oder andere Metal-Fan sogar einen Discofox aufs Parkett. Martin Semmelrogge liest derweil aus seiner eigenen Biografie und der von Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister.

"Die Party des Lebens"

An Bord ist man sich allerdings einig: All das ist bloß Beiwerk. Eine schöne Nebensache. Genauso wie die Landausflüge nach Oslo oder Kopenhagen. Es geht um die Atmosphäre. "Wenn du einmal dabei bist, wirst du süchtig. Das ist die Party des Lebens", sagt Axel aus Sachsen-Anhalt, der zur Feier des Anlasses eine Perücke mit blonden Wikinger-Zöpfen trägt und Kyle im Schlepptau hat - ein Stofftier aus dem Minions-Film, das er an einer Leine hinter sich her zieht. "Hier herrscht so ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, jeder hilft jedem. Und wenn jemand doch mal zu viel getrunken hat, dann wird er in die Kabine getragen - von Wildfremden. Metal ist ein Lebensgefühl."

Ein Andenken für die Ewigkeit.

Ein Andenken für die Ewigkeit.

(Foto: n-tv.de / Nadine Wenzlick)

Tatsächlich wirkt das Schiff schnell wie eine Art Blase voller Glückseligkeit und Liebe, in der man mit Dauergrinsen umhertreibt. "Trinken viel Bier, aber sehr freundlich", fasst ein Kellner die Situation ganz treffend zusammen. Bei der Crew gilt die "Full Metal Cruise" deshalb längst als Höhepunkt des Jahres. Hier beschwert sich keiner, dass das Steak zu durch ist. Im Gegenteil: Wenn das Bierfass leer ist, helfen die Passagiere dabei, das neue anzuschließen. Schließlich fließt es dann wieder schneller. Und nachts um zwei beim Karaoke darf die Crew die Zapfhähne auch mal kurz verlassen und selbst zum Mikro greifen.

Welches Logo darf es sein?

Auch die Künstler mischen sich unters Volk. Noch so ein Grund, warum die "Full Metal Cruise" so gut ankommt. Einen abgetrennten Backstage-Bereich gibt es nicht, hier trifft man die Lieblingsband beim Frühstück, auf dem Klo und in der Sauna. Oder man wird von ihr tätowiert. Ventor, Schlagzeuger der Band Kreator und nebenbei Tattoo-Künstler, sticht 16 Gewinnern wahlweise das Wacken-Logo oder das der "Full Metal Cruise" in die Haut. Sabrina hat sich für das Wacken-Logo entschieden. Als Erinnerung. "Weil man immer eine so schöne Zeit hat und das Tattoo dann damit verbindet", sagt sie.

Aber auch wer sich nicht tätowieren lässt, nimmt viele unvergessliche Erinnerungen mit nach Hause: von der Polizistin in Oslo, die dem Schiff die Pommesgabel - die bekannte Metalhand - entgegenstreckt. Oder von dem Segler, der erst headbangt und dann blank zieht. So charmant die Leute an Bord sind, so positiv reagiert die Umwelt auf sie. "Das ist so peaceful hier", findet auch Martin Semmelrogge. "Gar nicht prollig. Wie eine große Family."

Es wurde schon viel über die "Full Metal Cruise" geschrieben und manch einer kam zu dem Schluss, dass die Metalheads zwar wilder feiern, tief im Herzen aber auch Spießer sind. Totaler Quatsch. Sie sind einfach nur bezaubernd. Axel jedenfalls nennt mich ab dem zweiten Treffen "Hasi". Auch Martin und Basti treffe ich übrigens wieder. Basti trägt jetzt tatsächlich das Logo der "Full Metal Cruise" im Brusthaar. Das war allerdings nicht die einzige Schnapsidee der Truppe. Eines Nachts haben sie die Flagge vom Schornstein des Dampfers geholt - und am nächsten Tag brav zurück gebracht. So sind sie halt, die Metalheads.

Quelle: ntv.de

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