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Der "Tatort" im Schnellcheck Alles Lüge

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Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär) befragt Jasmin Backes (Antonia Bill), die auf der siebten Etage ein Zimmer angemietet hat.

Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär) befragt Jasmin Backes (Antonia Bill), die auf der siebten Etage ein Zimmer angemietet hat.

(Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

Fenstersturz im Eros-Center, der Haustechniker liegt mausetot auf dem kühlen Kölner Asphalt. Die Spuren führen Max Ballauf und Freddy Schenk direkt in die "Siebte Etage" des Hochhauses, eine Parallelwelt, in der es nie Tag wird - und die Wahrheit ausgedient hat.

Was passiert?

"Für mich soll's rote Rosen regnen", so singt es die Knef in der stimmungsvollen Anfangssequenz vom Kölner "Tatort". Tatsächlich regnet es hier keine Schnittblumen, sondern ganz andere Dinge, Stichwort Steh-Pinkler. Und gerade als man denkt, wie unappetitlich und aus der Zeit gefallen das anmutet, ist der sanitäre Missetäter auch schon hinüber, mit starrem Blick und Blutpfütze unter dem zertrümmerten Schädel. Malik Zeman (Mehdi Salim), so lautet der Name des Toten, Haustechniker von Beruf, sein Arbeitsplatz ein Hochhaus in Köln, ein sogenanntes "Eros-Center".

Schnell finden sich Hinweise zum Ablauf der Tat. In der siebten Etage steht das Fenster des WCs noch offen, ein abgerissener Knopf, einige Kampfspuren, hier muss es passiert sein. Für die Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) ist es der Beginn einer ungewöhnlichen Ermittlung. Sie lernen die Belegschaft des Hauses kennen, jene Sexarbeiterinnen, die hier ihrer Tätigkeit nachgehen, für ein paar Scheine der vielköpfigen Kundschaft sexuelle Erleichterung verschaffen. Malik, so erfahren sie schnell, war eine miese Type, und das nicht nur wegen seiner Kloroutine. Doch wer von den Damen des Hauses würde so weit gehen, ihn umzubringen? Bald schon gibt es weitere Tote.

Worum geht es wirklich?

Schenk (Dietmar Bär, l.) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) verhören den Geschäftsführer des Etablissements.

Schenk (Dietmar Bär, l.) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) verhören den Geschäftsführer des Etablissements.

(Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

Eine Personengruppe ohne große "Beschwerdemacht", so heißt es im Polizeijargon, wenn es um Prostituierte, um Sex-Arbeiterinnen geht. "Es ist absolut widersinnig", so Volker A. Zahn, der zusammen mit seiner Frau Eva das Drehbuch geschrieben hat. "Da wird auf vielen gesellschaftlichen Ebenen endlich über die von Männern gemachten Strukturen diskutiert, die Machtmissbrauch und Gewalt gegen Frauen ermöglichen oder begünstigen, und gleichzeitig darf Mann sich mit großer Selbstverständlichkeit und politischer Rückendeckung in diesen Paysex-Freiräumen beinahe ungehemmt und unbehelligt austoben." Mit "Siebte Etage", inszeniert von Hüseyin Tabak ("Borowski und der Fluch der weißen Möwe") liefert das Ehepaar einen vielschichtigen Einblick in jene Freiräume, in die schummrige Parallelwelt, aus der es kaum ein Entkommen gibt und wo alle einander belügen - die Frauen die Freier, die Freier die Frauen und gleichzeitig alle sich doch nur selbst.

Wegzapp-Moment?

Nicht vorhanden.

Wow-Faktor?

Der "Tatort" als Sozialstudie, nicht immer ein Vorhaben, das gelingt. Wie trifft man den richtigen Ton, wie bekommt man es hin, das Gleichgewicht zwischen Drama und Message und klassischem Krimi zu finden, wie bleibt es spannend? "Siebte Etage" gelingt die Kombination aus all dem gleichsam selbstverständlich - ein facettenreicher Einblick, empathisch inszeniert, didaktisch, aber ohne erhobenen Zeigefinger, und von Schauspielerinnen wie Antonia Bill, Tani Schiller und Senita Huskić großartig dargestellt.

Wie war's?

9 von 10 Punkten - spannend, stimmig und intensiv

Quelle: ntv.de

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