"Polizeiruf" aus Magdeburg Brasch im Heroinsumpf
19.09.2020, 15:27 Uhr
Wird mit den Geistern ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert: Brasch (Claudia Michaelsen).
(Foto: MDR/filmpool fiction/Stefan Erha)
Wenn in Sachsen-Anhalt Heroinbarone auf knorrige Bauern und zwielichtige Drogenermittler treffen, entsteht daraus kein Actionthriller, sondern ein düsteres Familiendrama. Ob das Ganze sehenswert ist, lesen Sie hier.
In der sächsisch-anhaltinischen Provinz gibt es freundliche Kühe, aus der Zeit gefallene Gehöfte, knorrige Bauern - und ein massives Heroinproblem. Jedenfalls, wenn man dem Plot des neuen "Polizeiruf 110" aus Magdeburg folgt, der Kommissarin Brasch (Claudia Michaelsen) diesmal mit den Geistern ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Dabei beginnt alles mit einem stinknormalen Autounfall.

Knorriger Bauer mit weichem Herzen: Mannfeld (Christian Kuchenbuch).
(Foto: MDR/filmpool fiction/Stefan Erha)
Braschs Chef Lemp (Felix Vörtler) entscheidet sich alles andere als nüchtern dafür, mit dem Auto von einer Party heimzufahren - und erwischt irgendwo im nirgendwo einen jungen Mann, der ihm direkt vor die Kühlerhaube läuft und danach spurlos verschwindet. Als der Kriminalrat am nächsten Morgen an derselben Stelle vorbeikommt, wartet dort schon die Spurensicherung und untersucht eine junge Frau, der aus nächster Nähe in den Kopf geschossen wurde.
Hat Lemp unwissentlich den Mörder angefahren? Und was ist mit dem kleinen, verängstigten Mädchen, das unweit des Tatorts in einem abgestellten und als gestohlen gemeldeten Bulli gefunden wird?
Der letzte Angehörige
"Tod einer Toten" dreht zwar am ganz großen Rad - es geht um Zeugenschutzprogramme, Heroinbarone und zwielichtige Drogenermittler - fällt aber nicht gleich mit der Tür ins Haus. Statt großer Action wartet der Krimi mit leisen Tönen auf und legt seinen Fokus auf das Leid seiner Akteure. Besonders das Schicksal des Kindes und die verdrängten Familientraumata seiner Eltern und Großeltern berühren: "Als ich von ihrem Tod erfuhr, da war ich irgendwie fast erleichtert. 'Jetzt ist es endlich vorbei', darf man sowas von seinem Kind denken?", fragt der Opa die Ermittlerin Brasch. Seine eigene heroinsüchtige Tochter war angeblich vor Jahren bei einem Autounfall gestorben, jetzt ist er vermeintlich der letzte Angehörige der Kleinen und will frühere Fehler wieder gutmachen.
Brasch kann die Gefühle des knorrigen Landwirts mit dem weichen Herzen gut verstehen: In der allerersten Folge des Magdeburger "Polizeirufs" ging es um ihren eigenen Sohn, den die Mutter ans Nazimilieu verloren glaubte. Das allerdings können nur eingefleischte "Polizeiruf"-Fans mit gutem Gedächtnis wissen, der Fall liegt nämlich schon sieben Jahre zurück. Hier verschenkt "Tod einer Toten" die Chance, mit einer kleinen Erklärung noch mehr Nähe herzustellen.
Das Liegenlassen angefangener Erzählstränge zieht sich dann leider auch durch den Film hindurch und drückt das eigentlich gelungene Gesamtbild. Vor allem die Geschichte um die Magdeburger Heroinbarone ist in sich nicht rund: Da wird dann zum Beispiel ein ehemaliger Junkie wieder unter Stoff gesetzt, um die Großdealer zum versteckten Heroin zurückzuführen - passieren tut am Ende aber dann doch nichts. Alles in allem und vor allem im Vergleich mit Braschs unterirdischen ersten Fällen ist dieser Magdeburger "Polizeiruf" dann aber doch einer, mit dem man guten Gewissens den Sonntag ausklingen lassen kann.
Quelle: ntv.de