"Die Guten und die Bösen" Der Frankfurter "Tatort" im Schnellcheck
19.04.2020, 21:45 Uhr
Wie immer berührt sie uns: Hannelore Elsner.
(Foto: HR)
Ein Toter in einer Waldhütte und ein überaus schnelles Geständnis des Mörders - eigentlich ist der Fall für Brix und Janneke gelöst. Wäre da nicht ein kleines Detail, denn beim vermeintlichen Täter handelt es sich ausgerechnet um einen Kollegen der beiden Frankfurter Kommissare.
Das Szenario
Fünf Tage lang war Helen Matzerath (Dina Hellwig) in der Gewalt ihres Peinigers, der sie in einer abgelegenen Waldhütte gefangen hielt und immer wieder vergewaltigte. Nach ihrer Freilassung gibt es einen Tatverdächtigen, der trotz aller gegen ihn sprechenden Indizien jedoch nicht dingfest gemacht werden kann. Sieben Jahre nach der Tat hält Helen Matzerath ihre Depressionen nicht mehr aus und setzt ihrem Leben ein Ende. Ehemann Ansgar (Peter Lohmeyer), eigentlich einer von den "Guten", ein Polizeibeamter, rächt seine Frau schließlich und bringt ihren Vergewaltiger um.
Für Anna Janneke (Margarita Broich) und Kollege Paul Brix (Wolfram Koch) erweist sich diese Konstellation als überaus schwierig, auch weil um sie herum alles aus den Fugen zu geraten scheint. Die Baustelle Polizeirevier ist nur mit Weißwein und Wodka auszuhalten, Coach Olivia Dor (Dennenesch Zoudé) nervt mit ihren Fragen rund um das Polizistendasein und dann ist da auch noch die Kommissarin Elsa Bronski (Hannelore Elsner), die längst in Rente ist, von ihren ungelösten Fällen jedoch bis in die schlaflosen Nächte verfolgt wird.
Die eigentliche Botschaft
Es ist ein Kniff von Regisseurin Petra K. Wagner und Drehbuch-Autor David Ungureit, der überaus gut aufgeht. Während ihre Szenen prall gefüllt sind mit Symbolik, mit Andeutungen und Metaphern, lassen sie ihre Botschaften fast wie in einer griechischen Tragödie aufsagen, mit emporgerecktem Kinn und feierlichem Blick: "Als Polizist musst du an etwas glauben. Wenn du das nicht tust, dann bist du keiner mehr von uns", sagt Elsa Bronski an einer Stelle, "das System mag nicht perfekt sein, aber es ist das Beste, was wir haben", an einer anderen. Ansgar Matzerath dazu: "Das System ist alles, woran ich glaube."
Darüber wird in der Mittagspause geredet
Bei aller Liebe zum wirklich gelungenen Fall am ehesten wohl über sie: Die unvergessene Hannelore Elsner, die am 21. April 2019 verstorben war und hier noch einmal ihr ganzes Können zeigt, präzise, leidenschaftlich, charismatisch.
Der Plausibilitätsfaktor
Selbstjustiz, das Decken von Kollegen, der Spagat zwischen polizeilichen Wertemaßstäben und dem möglichen Versagen der Justiz, alles in allem eine überaus plausible Konstellation, mit Matzerath als zerrissenem Protagonisten unterm Brennglas: Aus eigenen Moralvorstellungen heraus und durch den Drang nach Rache mit maximaler Schuld beladen.
Die Bewertung
9 von 10 Punkten. Vielschichtig inszeniert, auf dem schmalen Grat zwischen Psycho-Parabel und Werte-Diskussion gekonnt ausbalanciert.
Quelle: ntv.de