"Borowski und das Haus am Meer" Der Kieler "Tatort" im Schnellcheck
15.12.2019, 22:01 Uhr
Heinrich (Reiner Schöne) provoziert seinen Sohn (Martin Lindow, mit Anton Peltier als Simon, r.).
(Foto: NDR/Felix Althaus)
Ein toter Pädagoge, der seinen Sohn verstoßen hatte, ein Pfarrer mit fragwürdigem Verhältnis zur Gattin, eine Segelboot-Clique, ein Indianer mit Kriegsbeil, wolfsähnliche Hunde und ein Kommissar, der durch die Landschaft stakst: Da hilft nicht mal beten.
Das Szenario
Den Menschen seiner kleinen Gemeinde spricht Pfarrer Flemming (Martin Lindow) Mut zu, in seinen eigenen vier Wänden ist er es, der Trost und Aufmunterung bräuchte. Das Verhältnis zu Frau und Kind ist nicht das beste, ein ausgewachsener Problemfall ist sein Vater, der mit im Haus wohnt. In den 60ern und 70ern war Heinrich Flemming (Reiner Schöne) ein Pädagogik-Revoluzzer, der zwar versuchte, das Erbe der nationalsozialistischen Vorväter zu verarbeiten, sich jedoch gleichzeitig weigerte, seinen Sohn anzunehmen. Erst als er an Alzheimer erkrankt, nähern sich die beiden wieder an. Das Verhältnis ist jedoch immer noch zerrüttet, zudem belasten die immer stärker werden Anfälle von Flemming senior die ganze Familie - bis er plötzlich verschwindet und schließlich tot in einem Waldgraben aufgefunden wird. Der Zufall will es, dass Simon, der Sohn des Pfarrers, ausgerechnet Kommissar Borowski (Axel Milberg) vors Auto läuft - der Auftakt zu einem verworrenen Fall, der auch aufgewecktere Ermittler vor Herausforderungen gestellt hätte.
Die eigentliche Botschaft
"Es ist fast so ein Ibsen-Stoff: Alle Figuren schleppen eine Lebenslüge mit sich herum, wollen das Gute", so Regisseur Niki Stein über den Kern seiner Geschichte. In der Ausführung ist das durchaus schmuck anzuschauendes Stimmungskino, eine Prise "Das weiße Band", eine diffuse Erinnerung an den Indianer aus "Einer flog über das Kuckucksnest" und der einstige "Hair"-Held Reiner Schöne als gescheiterter Pädagogik-Hippie mit Stirnband, das alles hat einen gewissen Charme - richtig fesselnd gerät es nicht.
Darüber wird in der Mittagspause geredet
Über die Größe des Tannenbaums, Geschenkkäufe, die noch erledigt werden müssen, über Kartoffelsalat mit Bockwurst und den Besuch von Tante Edeltraut. Möglicherweise auch über Borowski, der mittlerweile eine Aura hat wie Columbos Trenchcoat, angeknittert und aufgetragen. Selbst Anflüge von Kommunikation und Austausch sind bei ihm durchzogen von fast borisjohnsonesker Empathie-Vortäuschung, etwa die die aufgesetzten Dialoge mit dem kleinen Simon.
Der Plausibilitätsfaktor
Die Geschichte um die Nachkriegsgeneration und ihre Versuche, das grausame Erbe des Nationalsozialismus zu verarbeiten, hat einen realistischen Hintergrund, dem Geflecht des Plots zu folgen, erweist sich dennoch als durchweg zähe Angelegenheit.
Die Bewertung
3 von 10 Punkten. Überfrachtet und spannungsarm - Borowski schleppt sich in die Winterferien.
Quelle: ntv.de