Der "Tatort" im Schnellcheck Eine schrecklich nette Familie
17.04.2022, 15:04 Uhr
Liegt bei ihnen des Rätsels Lösung? Kristina (Odine Johne, l.), Judith (Julia Riedler) und Ulrich Gombrecht (Uwe Preus).
(Foto: HR / Degeto / Bettina Müller)
Auf den ersten Blick sind die Gombrechts eine ganz normale Familie, ambitionierte Töchter, solide Eltern, alles geht seinen Gang - bis die Mutter plötzlich spurlos verschwindet. "Finsternis", der 15. Fall mit Janneke und Brix, ist ein düsterer Slowburner, psychologisch faszinierend und rätselhaft.
Was passiert?
Auf einem nächtlichen Spaziergang macht ein junges Paar eine grausige Entdeckung. In einem Wald am Frankfurter Stadtrand liegt eine Frauenleiche. Als Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) jedoch eintreffen, fehlt von der Toten jede Spur. Ein in der Nähe gesichtetes Auto ergibt schließlich erste Hinweise. Der Wagen gehört Maria Gombrecht (Victoria Trauttmansdorff), zudem finden sich Blutspuren, die auf eine Gewalttat schließen lassen. So machen sich die beiden Hauptkommissare auf zur Familie Gombrecht - und tatsächlich ist Maria Gombrecht dort nicht anzutreffen. Ihr Mann Ulrich (Uwe Preuss) und die Töchter Kristine (Odine Johne) und Judith (Julia Riedler) haben dafür eine ganz profane Erklärung: Sie befindet sich auf Fastenwanderung in Frankreich.

Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) fühlen der Familie auf den Zahn.
(Foto: HR / Degeto / Bettina Müller)
Es dauert nicht lang, und die Situation wird zunehmend rätselhafter. Maria Gombrecht ist nicht zu erreichen, die Töchter umkreisen den Vater mit einer Mischung aus Sorge und Zweifel, zudem stellt sich heraus, dass Uwe Gombrecht schwer krank ist. Des Rätsels Lösung muss bei diesen Dreien liegen - oder hat vielleicht Kristines merkwürdig agierender Gatte Freder (Casper Kaeser) etwas mit dem Verschwinden der Mutter zu tun?
Worum geht es wirklich?
Als hätte David Lynch die Tetzlaffs neu verfilmt: Die Hauptrolle in diesem Frankfurter "Tatort" spielt die Familie Gombrecht, in ihrer Aufstellung ein Beleg dafür, dass das alles nicht so einfach ist, mit den Schwestern, dem Vati und der Mutti, vor allem, wenn das Gebilde über die Jahre brüchig geworden ist und die Meinungen über den Fortgang der Dinge - Zähne zusammenbeißen und weitermachen oder Tabula Rasa - auseinandergehen.
Wegzapp-Moment?
Nicht vorhanden. Dranbleiben - und hineinziehen lassen.
Wow-Faktor?
Durchweg hoch. Der Fall, das Geschehen, die Dynamik zwischen den Figuren entfachen Sogwirkung. Autorin und Regisseurin Petra Lüschow verortet ihre Geschichte gekonnt zwischen Krimi und Psychodrama und verzichtet dabei dankenswerterweise auf die üblichen Winkelzüge, alles auserzählen, erklären, für den Zuschauer befriedigend abschließen zu wollen. Der Cast um Uwe Preuß, der den Berufsschullehrer Gombrecht mit einer Mischung aus Traurigkeit, Stoizismus und leise zischender Cholerik spielt, ist durchweg großartig, auch zwischen Janneke und Brix stimmt das Timing.
Wie war's?
9 von 10 Punkten - ein vertracktes Familienporträt, das sich den Luxus gönnt, Fragen offen zu lassen, und dadurch umso intensiver nachwirkt.
Quelle: ntv.de