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"Tatort" aus Dresden Wenn Lebensretter um ihr Leben fürchten

Greta Blaschke versucht ihren Kollegen Tarek Wasir zu retten, der mit einer Plastiktüte im Rettungswagen erstickt wurde.

Greta Blaschke versucht ihren Kollegen Tarek Wasir zu retten, der mit einer Plastiktüte im Rettungswagen erstickt wurde.

(Foto: MDR/MadeFor/Daniela Incoronato)

Sanitäter, die von Schaulustigen an ihrer Arbeit gehindert werden, Gewalt gegen Rettungskräfte, psychische Belastungen bis zum Burn-Out - das ist das Umfeld, in dem "Rettung so nah" spielt. Schade, dass es am Ende dann doch nur für ein Rachedrama reicht.

Jeder kennt wohl die Bilder, insbesondere aus der jüngeren Vergangenheit. Da kommen Krankenwagen kaum zum Einsatzort durch. Autofahrer verlangsamen auf Höhe eines Unfallortes, um Handyfotos zu machen. Sanitäter werden bepöbelt, angegriffen, verletzt. "Ich wusste, dass Gewalt gegen Rettungskräfte ein Thema ist - aber wie häufig, fast schon alltäglich solche Vorfälle sind, ist mir erst im Zuge meiner Recherchen zu diesem Film klargeworden. Vielleicht zeigt sich da auch eine allgemeine Verrohung der Gesellschaft", so Drehbuch-Autor Christoph Busche über den Hintergrund seines Skripts. "Ich finde es besonders schockierend, dass Menschen, die ohnehin schon einen harten und psychisch belastenden Job machen, um anderen zu helfen, dann noch auf diese Art und Weise angegangen werden. Darüber sollte auf jeden Fall mehr gesprochen werden."

Eine Studie der Kriminologen der Ruhr-Universität Bochum hat im Jahr 2017 erschütternde Zahlen ergeben. So sind innerhalb des vorangegangenen Jahres 92 Prozent der Rettungskräfte wie Notärzte, Notfallsanitäter und Rettungsassistenten angepöbelt worden, 26 Prozent wurden Opfer körperlicher Angriffe. Die Zahlen des baden-württembergische Innenministeriums sprechen eine ähnliche Sprache und verdeutlichen die Entwicklung. Im Jahr 2019 wurden Sanitäter und Feuerwehrleute im Vergleich zum Jahr 2011 dreimal so oft attackiert. Bereits 2015 forderte der Hamburger Berufsverband die Ausrüstung der Rettungskräfte mit Stich- und Schlagschutzwesten.

Am Ende müssen es die üblichen Suspense-Mätzchen richten

"Grundsätzlich kommt man als Rettungssanitäterin immer in Extremsituationen, in denen man auf Menschen trifft, die Angst haben. Die Leute sind angespannt, man macht sich Sorgen um einen Angehörigen, oder es können Drogen im Spiel sein", erzählt Hauptdarstellerin Luisa Aschenbrenner, die in ihrer Rolle als Rettungs-Sani Greta Blaschke zu sehen ist. "Einsätze auf öffentlichen Plätzen ziehen natürlich auch Schaulustige an. Das alles kann Grundlage für eine Eskalation sein. Zusätzlich habe ich gerade das Gefühl, dass die Grundstimmung der Bevölkerung durch unsere Ausnahmesituation Corona geladener geworden ist."

Eine Menge Holz, das der fünfte gemeinsame Fall von Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) da an Kontext aufschichtet. So ganz gelang der Spagat am Ende nicht. Durchaus eindringlich wurde von den Belastungen der Sanis erzählt, in dem Medikamente und Feierabend-Joints den Stress abdämpfen müssen, täglich Entscheidungen binnen Sekundenbruchteilen getroffen werden, die Konsequenzen für ein ganzes Leben haben, sich der Berufsalltag zwischen provisorischem Bett in der Dienststelle, Kita und Wohnblock abspielt.

Eigentlich also der perfekte Stoff für einen jener "Tatort"-Fälle, in dem sich Tagesaktualität und Schlagzeilen-Stoff spiegeln, im engen 90-Minuten-Fenster mussten es dann aber doch wieder die üblichen Suspense-Mätzchen richten: Das Mordritual am Sanitäter Tarik unwirklich überzeichnet, der Dienststellen-Chef im Rolli, die Pillen im Spind, der Slomo-Showdown mit dem Schuss ins Knie - am Ende dann doch "nur" ein klassischer Brustlöser.

Quelle: ntv.de

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