Mit der "Geheimkiste" Lauscher austricksen
09.06.2008, 12:27 UhrVorratsdatenspeicherung, Handy-Ortung, Telekom-Affäre: Fast zwei Drittel aller Deutschen sind einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge der Meinung, dass der Datenschutz in Deutschland nicht ausreichend gewährleistet ist.
Doch was beim Normalbürger vielleicht Achselzucken hervorruft, ist für die Pressefreiheit fatal: wenn Informanten sich aus Angst nicht mehr trauen, mit Journalisten Kontakt aufzunehmen, kommen Fehlverhalten und Skandale nicht mehr an die Öffentlichkeit.
Zwar gibt es wirksame Mittel, die Inhalte etwa von E-Mails zu verschlüsseln. Die setzen allerdings ein Mindestmaß an Computerkenntnissen voraus und stellen dadurch eben doch eine Hürde dar. Und: die Tatsache, dass kommuniziert wurde, lässt sich vor Schlapphüten aus Regierung und Unternehmen nur schwer verbergen.
Vorratsdatenfreie und anonyme Kontaktmöglichkeit
Die German Privacy Foundation GPF (etwa: Deutsche Stiftung für Privatsphäre und Geheimhaltung) hat deshalb ein System entwickelt, das es Journalisten, Bloggern und anderen Publizierenden ermöglichen soll, eine vorratsdatenfreie und anonyme Kontaktmöglichkeit für Informanten anzubieten.
Wer die "Privacybox" (wörtlich: "Geheimkiste") nutzen möchte, legt sich dort unter einem Pseudonym einen Account an und ist unter diesem Pseudonym mit jedem Internetbrowser sicher kontaktierbar. Auch Dateianhänge bis 600 k Größe überträgt das System.
Zur Datenspeicherung gesetztlich verpflichtet
Zwar ist - nach gegenwärtigem Stand - auch die GPF als Anbieter dieser "Mailbox" gesetzlich verpflichtet, ab dem 1. Januar 2009 anfallende Verbindungsdaten zu speichern und auf Anforderung an Sicherheitsbehörden herauszugeben. Doch wird auf der Webseite genau erklärt, wie man trotzdem Anonymität gewährleisten kann - etwa durch den Anonymisierungsdienst TOR.
Natürlich könne die Privacybox auch missbraucht werden, erklärte der GPF-Vorsitzende Burkhard Schröder. Das System basiere aber auf "dem ganz normalen Handwerkszeug der Kommunikation". Wirkliche Kriminelle hätten noch ganz andere Mittel zur Verfügung.
Datenschutzbeauftragter: "legitimes Instrument"
Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix, in dessen Räumen die Privacybox der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, betonte, Vertraulichkeit in der Telekommunikation sei in der Verfassung garantiert - und gerate trotzdem in Gefahr. Das Verfassungsgericht habe in den jüngsten Urteilen Instrumente zum Selbstschutz angemahnt. Die Nutzung solcher "legitimen Instrumente" müsse etwas ganz Normales werden - und nichts Verdächtiges. Er erwäge, ab nächstem Jahr auch den Informanten seiner Behörde per "Privacybox" eine weitere anonyme Kontaktmöglichkeit anzubieten.
Thomas Leidel
Quelle: ntv.de