Angriff auf Reichstag 40 mutmaßliche Randalierer bislang ermittelt
16.01.2021, 04:04 Uhr
Bei dem Angriff auf den Reichstag waren viele Reichskriegsflaggen zu sehen. Sie gilt als Ausdruck rechter Gesinnung, aber ist noch nicht verboten.
(Foto: imago images/JeanMW)
Unvergessen sind die Bilder vom Reichstag im August 2020: Hunderte Teilnehmer einer Anti-Corona-Demo durchbrechen eine Absperrung und wollen ins Parlament eindringen. Nur drei Polizisten verhindern Szenen wie im US-Kapitol. Doch nur einen Teil der Randalierer konnten die Berliner Behörden bislang identifizieren.
Wegen des versuchten Sturms von Rechtsextremisten und Verschwörungsanhängern in den Reichstag ermitteln Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft bislang in 34 Verfahren gegen 40 Tatverdächtige. Das sagte ein Sprecher der Berliner Polizei dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die Ermittlungen dauern an. Es kann sein, dass noch weitere Ermittlungsverfahren gegen bisher unbekannte Tatverdächtige hinzukommen. In den 34 Verfahren geht es allein 18 Mal um den Vorwurf des Landfriedensbruchs", so der Sprecher. Letzterer kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.
Hinzu kämen Delikte wie Gefangenen-Befreiung, Widerstand und tätlicher Angriff gegen Vollstreckungsbeamte, besonders schwerer Landfriedensbruch, Beleidigung, Bedrohung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, so der Sprecher weiter.
Am 29. August 2020 waren Teilnehmer einer Demo gegen die Corona-Beschränkungen auf eine Treppe des Reichstagsgebäudes gestürmt und bis an den Eingang gelangt. Drei Polizisten auf den Stufen konnten die Menge in Schach halten und mit Unterstützung weiterer Einsatzkräfte schließlich wieder zurückdrängen. Der Angriff sorgte für großes Entsetzen und Kritik insbesondere an der Berliner Polizei, die den Sturm nicht von vornherein unterbunden und für ausreichend Polizeischutz gesorgt hatte. In sozialen Netzwerken und Chatgruppen hatten Rechtsextreme schon Wochen vorher offen zu den Protesten mobilisiert und zum "Sturm auf den Reichstag" und anderen Gewaltausbrüchen an dem Tag in Berlin aufgerufen.
Mehr als 80 Anklagen nach Sturm auf US-Kapitol
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, hofft, dass am Ende der Verfahren auch Verurteilungen stehen werden. "Es ist gut, dass zumindest einige der Beteiligten identifiziert werden konnten und Strafverfahren laufen", sagte die Grünen-Politikerin dem Bericht zufolge. Allerdings sollten sich die Ermittler "nicht auf einzelne Tatverdächtige beschränken", fügte sie hinzu. "Wir müssen auf mögliche Vernetzungen gucken. Ich hoffe, dass die Verfahren da Erkenntnisse bringen."
Mihalic geht davon aus, dass der Sturm von Anhängern des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump auf das Kapitol in Washington in der vergangenen Woche "eine Blaupause" sei "für alle, die auch in Deutschland umstürzlerische Pläne verfolgen". "Das war nur ein Vorgeschmack auf das, was man da noch erwarten kann", mahnt die Grünen-Politikerin. Anders als in Deutschland gelang es Randalierern bei dem gewalttätigen Angriff aufs US-Kapitol am 6. Januar, ins Parlament einzudringen. Fünf Menschen - darunter ein Polizist - kamen dabei ums Leben. Das US-Justizministerium hat bereits nach wenigen Tagen in mehr als 80 Fällen Anklage erhoben und mehr als 200 Verdächtige ermittelt. Das FBI konnte viele von ihnen durch Videos und Fotos in sozialen Netzwerken identifizieren.
Quelle: ntv.de, joh