Taucher finden weitere Leichen Blinde Passagierin seit Jahren tot
23.01.2012, 22:08 Uhr
Die Taucher sind mittlerweile in den Restaurantbereich des Schiffs vorgedrungen.
(Foto: REUTERS)

Die "Costa Concordia" kenterte am 13. Januar.
(Foto: REUTERS)
Die havarierte "Costa Concordia" liefert weiter zahlreiche Geschichten: Seit Tagen spekulieren italienische Medien über eine blinde Passagierin aus Ungarn. Ihre Angehörigen meldeten sie als vermisst, doch sie erscheint auf keiner Liste der Reederei. Jetzt stellen die ungarischen Behörden klar: Die Frau ist tot - und zwar bereits seit drei Jahren.
Eine seit der Havarie des Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" als vermisst gemeldete Frau aus Ungarn ist nach offiziellen Angaben bereits seit drei Jahren tot. Die Behauptungen der Angehörigen entbehrten jeder Grundlage, da die betroffene Frau vor drei Jahren verstorben sei, teilte das ungarische Außenministerium mit. Die Angehörigen der Frau hatten zuvor Kontakt mit den Rettungskräften in Italien aufgenommen und angegeben, sie hätten mit ihr telefoniert, als sie sich angeblich auf dem Schiff befand.
Da der Name der Frau nicht auf der Passagierliste stand, hatte es Spekulationen über eine ungewisse Zahl von blinden Passagieren auf der "Costa Concordia" gegeben. Der Kreuzfahrtanbieter Costa Crociere wies diesen Verdacht zurück. Alle Menschen an Bord müssten sich strengen Kontrollen unterziehen, sobald sie das Schiff betreten, teilte das Unternehmen mit. Dabei werde ein Foto gemacht, das mit einem Strichcode auf der Bordkarte kombiniert werde. Die Liste mit den Passagieren werde wiederum an die Firmen-Zentrale geleitet. Verstöße gegen diese Vorschriften würden mit "disziplinarischen Maßnahmen" geahndet.
Bei der Suche nach Vermissten haben die Rettungskräfte zwei weitere Leichen entdeckt. Es handelt sich um zwei tote Frauen, die in der Nähe des Internet-Cafés gefunden wurden. Die letzten Vorbereitungen für das Abpumpen des Öls aus den Schiffstanks gehen ebenfalls weiter: Auf Hochtouren laufen an der Unglücksstelle die Arbeiten, um das Schweröl aus den Tanks des 290 Meter langen Kreuzfahrtschiffes sicher abpumpen zu können. Das gekenterte Kreuzfahrtschiff war in der Nacht zum Sonntag erneut abgerutscht. Befürchtet wird, dass es auf der terrassenartig in die Tiefe führenden Meeresoberfläche noch weiter absinken könnte.
Auf der toskanischen Insel beriet der wissenschaftliche-technische Krisenausschuss weiter, wann mit dem Abpumpen des Schweröls auf der "Costa Concordia" begonnen werden kann. Eine Entscheidung soll am Nachmittag in Grosseto bekanntgegeben werden. Ursprünglich hatten die Experten am vergangenen Wochenende damit anfangen wollen. Wegen der Suche nach Vermissten auf dem Kreuzfahrtschiff verschoben sie die Arbeiten dann noch einmal.
Schwimmende Barriere wird verdoppelt
r Ölkastastrophe vor der toskanischen Küste einzudämmen, ist das niederländische Spezialunternehmen Smit von den Behörden zu zusätzlichen Vorsichtsmaßnahmen aufgefordert worden, teilte Smit mit. So solle die bisher geplante schwimmende Barriere gegen auslaufendes Öl verdoppelt werden.
Zudem kam ein Öltanker mit Spezialausrüstung nahe der Havariestelle an, der im Notfall Öl mit Absauggeräten und Barrieren auffangen soll. In den Tanks des Schiffes sind etwa 2300 Tonnen Treibstoff, überwiegend Schweröl. Dieses muss erwärmt werden, bevor es abgepumpt werden kann. Schweröl ist weitaus umweltschädlicher als Diesel. Die Aktion dürfte einige Wochen dauern.
An der Unglücksstelle wird noch das mit Spezialinstrumenten ausgestattete ozeanographische Marineschiff "Galatea" erwartet. Es soll mit einem Echolot den Meeresgrund südlich des Wracks nach Vermissten und Trümmern aus dem havarierten Schiff absuchen.
Als Reaktion auf den Untergang der "Costa Concordia" machen die beiden Reedereien Aida und Tui Cruises die Seenotrettungsübungen ab sofort vor dem Auslaufen der Kreuzfahrtschiffe. Künftig werde kein Schiff mehr auslaufen, ohne das die Passagiere an einer solchen Übung teilgenommen haben, sagte eine Aida-Sprecherin. Auch eine Sprecherin von Tui Cruises bestätigte die neue Praxis. Laut Gesetz sind Kreuzfahrtveranstalter verpflichtet, innerhalb der ersten 24 Stunden mit den Passagieren den Ernstfall zu üben.
Behörden gehen noch von 24 Vermissten aus
Am Sonntag hatten Taucher in der "Costa Concordia" eine 13. Leiche entdeckt. Unter den bereits identifizierten Opfern sind nach Angaben von Carabinieri-Kommandant Rocco Carpenteri ein Deutscher, vier Franzosen - darunter ein Ehepaar - und je ein Mann aus Italien, Spanien und Ungarn. Die Behörden gehen von noch mindestens 24 Vermissten aus.
Zu viele Unbefugte habe es in der kritischen Zeit auf der Kommandobrücke gegeben, zitierten italienische Zeitungen den Verhörprotokollen der Offiziere. "Der Kapitän wurde von dem Gerede abgelenkt", soll die Offizierin Silvia Coronika den Ermittlern gesagt haben. Die Personen seien mit dem Kapitän auf die Brücke gekommen und hätten dann beim Manövrieren "gestört".
Schettino steht weiter unter Hausarrest. Ihm werden mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen seines Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP