Absturz vor 15 Jahren Der Todesflug der Birgenair 301
06.02.2011, 09:30 UhrVor 15 Jahren stürzte ein Passagierflugzeug des türkischen Billigfliegers Birgenair kurz nach dem Start in der Dominikanischen Republik ins Meer. Alle 189 Insassen starben, darunter 164 Deutsche.

Ein Boot der US Küstenwache sucht am 07. Februar 1996 zwischen den Überresten der Boeing 757 der Fluggesellschaft Briginair vor der Küste der Dominikanischen Republik nach Opfern.
(Foto: dpa)
Der Flug der Boeing 757 der türkischen Fluggesellschaft Birgenair dauerte nur wenige Minuten. Die Maschine war am 6. Februar 1996 um 23.42 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen von Puerto Plata in der Dominikanischen Republik gestartet. Sie stürzte nicht mal 30 Kilometer weiter in den Ozean. Keiner der 189 Insassen überlebte das Unglück, eine der größten Katastrophen in der Charterflug-Geschichte. Unter den Opfern waren auch 164 deutsche Urlauber.
Sehr schnell schien die mögliche Ursache gefunden: Eine Billigfluglinie versuche, mit schrottreifen Maschinen und schlecht ausgebildetem Personal Geld zu machen, hieß es in den Medien. Doch derartige Behauptungen mussten schnell zurückgezogen werden, ebenso wie die These, das Unglück gehe auf Pilotenfehler zurück.
Falsche Geschwindigkeit
Birgenair sei kein dubioser Billigflieger mit unqualifiziertem Personal gewesen, stellten Ermittler klar: "Die Flugbesatzung war entsprechend den internationalen Anforderungen für die Boeing 757 ausgebildet", heißt es in dem Bericht der Luftfahrtbehörde der Dominikanischen Republik. Dennoch kamen die Piloten mit dem computergesteuerten System der Maschine nicht zurecht, oder sie schafften es nicht, in kritischen Momenten angemessen zu reagieren. Sie hatten es in der Maschine mit computergesteuerten Geschwindigkeitsmessern zu tun, von denen mindestens einer vorübergehend falsche Geschwindigkeiten anzeigte.
Flugkapitän Ahmet Erdem ahnte zwar, dass etwas nicht stimmte, als ein Geschwindigkeitsmesser noch auf der Startbahn nichts anzeigte. Er entschied aber dennoch, den Startvorgang fortzusetzen. Er machte das, was Piloten nach dem Start machen: Er schaltete den Autopiloten ein. Das Computersystem erhielt von den Geschwindigkeitsmessern die falschen Signale. Es drosselte das Tempo, weil es die Information hatte, die Maschine sei zu schnell.
Das Flugzeug kam ins Trudeln und stürzte ab. Die Reste liegen bis heute tief unten im Atlantik. Nur wenige Monate später wies die US-Luftfahrtbehörde Hersteller Boeing an, das Computerprogramm für die automatische Schubregelung der 757 auszutauschen.
Boeing reagiert erst nach zweitem Absturz
Boeing reagierte nach Angaben des Experten Tim van Beveren aber erst Ende 1996 und veranlasste Änderungen am Autopiloten und am Schubsystem. Da war bereits in Peru eine weitere Boeing 757 abgestürzt.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft, die das Unglück ebenfalls untersuchte, sprach die verantwortliche Fluggesellschaft Birgenair von einem Schuldvorwurf frei. Die sicherheitsrelevanten Vorschriften in Bezug auf Personal und Material seien von der Firma beachtet wurden, urteilte die deutsche Behörde.
Aber: Der Reiseveranstalter Öger Tours hatte kurz nach dem Unglück seine Zusammenarbeit mit Birgenair beendet. Die heftige Kritik an der türkischen Billigfluglinie hatte dem Image des Unternehmens geschadet. Birgenair wurde insolvent und verklagte die Bundesregierung auf Schadenersatz, weil das Verkehrsministerium voreilige Urteile über die Ursachen verbreitet habe. Doch das Bonner Landgericht wies die Klage 1999 ab. Die eigentliche Ursache für den Rufschaden sei der Absturz selbst gewesen.
Quelle: ntv.de, Franz Smets, dpa