Panorama

Hitze und Unwetter im Wechsel Die "Wetterschaukel" bleibt

Ein Königreich - für eine erfrischende Dusche, das sollte man bei diesen Temperaturen schon bieten.

Ein Königreich - für eine erfrischende Dusche, das sollte man bei diesen Temperaturen schon bieten.

(Foto: dpa)

Gewitter richten vor allem in Mitteldeutschland Schäden in mehrstelliger Millionenhöhe an. Eine Abkühlung bringen sie nicht. Der Wechsel von Hitze und Unwettern soll anhalten. Die hohen Temperaturen haben auch Konsequenzen für Kraftwerke. Weil das Kühlwasser die Flüsse zusätzlich erhitzt, droht den Reaktoren die Abschaltung.

Die Gewitter in Deutschland haben allein in Nordrhein-Westfalen Schäden in mehrstelliger Millionenhöhe angerichtet. Das geht aus ersten Schätzungen führender Versicherer hervor. Regen und Unwetter gab es vor allem in der Mitte Deutschlands. Die Gewitter brachten aber kaum Erfrischung. Immerhin sank die Waldbrandgefahr nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) spürbar.

"Die Schadenssumme wird alleine bei unseren Kunden voraussichtlich über 15 Millionen Euro betragen", erklärte der Bereichsleiter des Versicherers Provinzial Rheinland, Günter Mohr, in Düsseldorf. Binnen 24 Stunden seien dem Unternehmen schon mehrere tausend Schäden gemeldet worden. In Nordrhein-Westfalen ist etwa jedes vierte Gebäude bei der Provinzial Rheinland versichert.

Gewitterwolken hängen am Himmel über dem schwäbischen Buchloe.

Gewitterwolken hängen am Himmel über dem schwäbischen Buchloe.

(Foto: dpa)

In der Nacht zum Dienstag blieb es verhältnismäßig ruhig. Laut Vorhersage des DWD kehrt bereits am Mittwoch die große Hitze mit neuen Wärmegewittern zurück, am Donnerstag gibt's eine kurze Abkühlung. Doch schon das Wochenende wird wieder knackig heiß.

Überschwemmungen – und Trockenheit

"Wir haben derzeit eine Wetterschaukel", sagte DWD-Meteorologe Helmut Malewski. Fast bewegungslos liege heiße Luft über Deutschland, ab und zu dringe kühlere Luft aus Nordwesten vor. Treffen heiße und kühle Luftmassen aufeinander, entstehen Gewitter, die vorübergehende Abkühlung bringen - bevor das Ganze von vorne losgeht.

Fast überall hatten sich am Montag Gewitter entladen, die in weniger als einer Stunde stellenweise 25 bis mehr als 50 Liter Regen pro Quadratmeter brachten. In Thüringen registrierte der DWD 58 Liter pro Quadratmeter auf dem Kleinen Inselsberg. Örtlich fiel Hagel, und vielerorts gab es Sturmböen. Allein in Franken entstanden Sachschäden von mehreren 100.000 Euro.

Auf der Düne vor Deutschlands einziger Hochseeinsel Helgoland waren bei einem Tornado elf Menschen verletzt worden. Auch auf Sylt fegte in Hörnum ein Wirbelsturm über ein Zeltlager hinweg. Bei Unwettern in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen waren mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. In Nordrhein-Westfalen war der Nahverkehr am Montag zeitweise praktisch zum Erliegen gekommen.

Der Brand im Waldgebiet auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz unweit von Jüterbog im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming konnte noch nicht gelöscht werden.

Der Brand im Waldgebiet auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz unweit von Jüterbog im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming konnte noch nicht gelöscht werden.

(Foto: dpa)

Die höchste Waldbrandgefahrenstufe galt nur noch für den äußersten Osten Deutschlands. Ein heftiges Feuer, das seit Sonntag auf etwa 230 Hektar eines ehemaligen Truppenübungsplatzes in Brandenburg tobt, konnte zunächst nicht gelöscht werden. Trotz örtlicher Überschwemmungen hat sich an der mageren Niederschlagsbilanz wenig geändert. Der Gewitterregen fällt immer nur sehr lokal begrenzt, "außerdem verdunstet das Wasser ruckzuck", sagte Malewski. Im ersten Juli-Drittel waren im Schnitt erst zwölf Liter Regen pro Quadratmeter gefallen.

Warmes Wasser wird für Kraftwerke zum Problem

Die Anhaltende Hitzewelle wird allmählich auch zu einem Problem für Kohle- und Kernkraftwerke: Reaktoren müssen mit gedrosselter Leistung arbeiten, wenn ihr Kühlwasser die Flüsse zu sehr aufheizen würde. In warmem Wasser ist der Sauerstoffgehalt sehr niedrig - im schlimmsten Fall droht ein Fischsterben. Das Atomkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein musste bereits am Montag wegen der Hitze für drei Stunden seine Leistung um 50 Megawatt drosseln.

Am Wochenende könnten Rhein und Neckar die kritische Wassertemperatur von 28 Grad erreichen. "Die Lage ist angespannt, aber noch nicht dramatisch. Die Situation könnte sich aber schon in den nächsten Tagen weiter zuspitzen", sagte Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner. Am vergangenen Wochenende sei am Neckar bereits an drei Staustufen der Durchfluss durch die Turbinen vermindert worden. Dadurch strömt mehr Wasser über die Wehre und nimmt dabei Sauerstoff aus der Luft auf.

Gekühltes Wasser fließt aus der Zellenkühlanlage des Kernkraftwerks Isar 1 nahe Essenbach in Niederbayern.

Gekühltes Wasser fließt aus der Zellenkühlanlage des Kernkraftwerks Isar 1 nahe Essenbach in Niederbayern.

(Foto: dpa)

Niedersachsen, Hessen und Bayern gaben vorerst Entwarnung. Trotz Hitze gebe es keinerlei Leistungseinschränkungen in den drei Kernkraftanlagen Emsland, Grohnde und Unterweser, hieß es etwa im Umweltministerium in Hannover. Die Werte würden ständig überwacht, erklärte ein Sprecher des Energiekonzerns RWE Hessen.

Museum als Alternative

Auch Rettungsdienste sind jetzt vermehrt im Einsatz. "Seit Beginn der Hitzewelle hatten wir deutlich mehr zu tun", sagte etwa die Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes in Sachsen, Sina Stelzig. Vorwiegend müssten Menschen wegen Dehydrierung, Hitzschlag und Verbrennungen behandelt werden.

Wer Abkühlung braucht, sollte es vielleicht mal mit einem Besuch im klimatisierten Museum oder Kino versuchen - so wie tausende andere: "Bei einer Schönwetterperiode suchen die Leute verstärkt das Kino auf", sagte der Theaterleiter im Cinemaxx-Kino in Hannover, Daniel Schornagel. Die Menschen seien es leid, "abzuschwitzen", da säßen sie lieber bei 21 Grad mit einer Tüte Popcorn im Kino und schauten sich einen Film an.

Wegen der Klimaanlagen-Probleme in Fernzügen bereitet die Bahn eine Wiedergutmachung für hitzegeplagte Fahrgäste vor. Betroffene Reisende sollen unbürokratisch entschädigt werden, wie der bundeseigene Konzern mitteilte.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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