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Mieten wird unbezahlbar Dublins Wohnungskrise könnte sich in London wiederholen

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Eine bezahlbare Wohnung ist in Dublin schon seit Jahren kaum noch zu finden.

Eine bezahlbare Wohnung ist in Dublin schon seit Jahren kaum noch zu finden.

(Foto: picture alliance / Caro)

In der irischen Hauptstadt Dublin zahlen Mieter mittlerweile durchschnittlich 32,80 Euro pro Quadratmeter, die Preise gehören zu den höchsten in Europa. Das können sich viele nicht mehr leisten, sie verlassen die Stadt oder werden sogar obdachlos. Ähnliches droht in London.

Dass die Mieten und Hauspreise in Metropolen besonders hoch sind, ist kein Geheimnis. In Städten wie London oder Paris zu wohnen, ist gerade für junge Menschen oft ein Ziel, die Nachfrage nach Wohnraum ist groß. Zu den Städten mit den höchsten Mieten in Europa gehört aber auch Dublin. Die Preise dort sind mittlerweile so hoch, dass Unternehmen wie Ryanair Häuser kaufen oder mieten, um sie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Eine ähnliche Entwicklung droht jetzt in London.

Die Wohnungskrise in Irland entwickelte sich. Jahrzehntelang wurde zu wenig Geld in den öffentlichen Wohnungsbau gesteckt und darauf gewartet, dass neuer Wohnraum vom privaten Markt bereitgestellt wird. Hinzu kommt zu viel Bürokratie. Angefangen hat das in den 1980er-Jahren und äußert sich heute in dramatischen Zuständen.

In Irland fehlen laut eines Berichtes der Housing Commission 256.000 Häuser und Wohnungen. Zahlen von Juni 2024 zeigen, dass 14.000 Menschen obdachlos und auf Notunterkünfte angewiesen sind, darunter 2093 Familien und mehr als 4400 Kinder. Fast 60.000 Iren warten derweil darauf, eine Sozialwohnung zugewiesen zu bekommen. "Das irische Wohnungswesen ist von Profit und Privatisierung geprägt", sagt Mansi Rawat, Wirtschafts- und Sozialanaylstin bei Social Justice Ireland ntv.de. "Private Bauträger, die auf staatlichem Grund und Boden bauen; private Vermieter, die hohe Subventionen für die Bereitstellung von "Sozialwohnungen" erhalten; private Betreiber von Notunterkünften; und private Investitionen in kurzfristige, renditestarke Vermietungen."

32,80 Euro pro Quadratmeter

Das führt dazu, dass immer mehr Menschen sich ihre Miete hier nicht mehr leisten können. Der Deloitte Property Index 2023 zeigt, dass Mieten, gerade in der irischen Hauptstadt Dublin, mittlerweile mit 32,80 Euro pro Quadratmeter zu den höchsten in Europa gehören. Zum Vergleich: In München sind es nur 19,80 Euro. Die Standardmiete in der Stadt, in der rund ein Viertel der irischen Bevölkerung lebt, liegt damit bei über 2100 Euro und ist doppelt so hoch wie noch vor zehn Jahren. Auch deswegen ist es in Dublin inzwischen normal geworden, dass Menschen, die ihre Wohnung oder ihr Haus nicht mehr bezahlen können, langfristig in Notunterkünften untergebracht werden.

"Aufgrund der hohen Mieten und Immobilienpreise können sich viele Menschen, vor allem die jüngere Generation, kein Eigenheim leisten und sind zunehmend gezwungen, einen großen Teil ihres Einkommens für die Miete auszugeben. Dies führt zu finanzieller Unsicherheit und hat zur steigenden Obdachlosigkeit beigetragen", so Rawat. Zwei Drittel der 18- bis 34-Jährigen in Dublin leben noch bei ihren Eltern, und das nicht freiwillig. Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter können sich die Miete in den Teilen der Stadt, in denen sie arbeiten, nicht leisten und sind oft dazu gezwungen, lange Arbeitswege auf sich zu nehmen. Doch es trifft auch Mehrverdiener: Sogar Paare mit besser bezahlten Jobs können sich zusammen kaum Wohneigentum leisten.

Und das führt zu einem weiteren Problem: Immer weniger Menschen bewerben sich auf Arbeitsplätze in Dublin, wollen lieber etwas weiter draußen leben und arbeiten. Doch Unternehmen wie Billigflieger Ryanair sind auf Mitarbeitende in der Hauptstadt angewiesen. Deswegen kaufte das Unternehmen Anfang des Jahres 25 Neubau-Häuser in der Nähe des Dubliner Flughafens. "Fostertown Place" heißt die Bausiedlung, die Häuser sollen jeweils drei bis vier Zimmer und einen Garten haben, sind dreieinhalb Kilometer vom Flughafen und rund 20 Minuten von der Dubliner Innenstadt entfernt. Vermietet werden die von der Fluggesellschaft gekauften Häuser unter anderem an ihre eigenen Pilotinnen und Piloten - zu erschwinglichen Preisen.

London versucht gegenzusteuern

Eine ähnliche Wohnungskrise wie in Dublin droht auch London. Die britische Hauptstadt liegt nur kurz hinter Dublin, wenn es um die Höhe der Mieten geht, mit 26,60 Euro pro Quadratmeter. Schon lange ist es hier normal, dass arbeitende, ledige Menschen in den Vierzigern in Wohngemeinschaften wohnen. Und weil es besonders seit der Pandemie vielen Britinnen und Briten nicht mehr so wichtig zu sein scheint in einer Metropole zu wohnen, warnen Experten die in London ansässigen Unternehmen, auch sie würden sich bald gezwungen sehen, Häuser und Wohnungen zu kaufen, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Stadt zu halten.

Während in Irland die "Housing for All", also "Wohnraum für alle" Strategie der Regierung bisher wenig Erleichterung gebracht hat, steht das Vereinigte Königreich allerdings laut Rawat etwas besser dar. "Im Vereinigten Königreich konzentrierten sich die jüngsten Reformen auf die Lockerung von Planungsbeschränkungen und die Förderung von mehr Wohnbebauung, insbesondere in der Nähe von Verkehrsknotenpunkten. Diese Maßnahmen haben begonnen, den Druck auf dem Wohnungsmarkt etwas zu mildern, wobei die Verfügbarkeit von Wohnraum gestiegen und die Mieten in einigen Gebieten leicht gesunken sind", sagt sie.

Und trotzdem ist sie sich sicher: Nur wenn sich die Wohnungspolitik deutlich ändert, kann die Wohnungskrise in beiden Ländern irgendwann beendet werden. "In Irland ist ein direkteres Eingreifen der Regierung in Form von öffentlichem Wohnungsbau erforderlich, ebenso wie eine stärkere Mietkontrolle und Maßnahmen zur Verhinderung von Zwangsräumungen.

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Im Vereinigten Königreich könnte die Fortführung einer wohnungsbaubefürwortenden Politik die Situation weiter verbessern, aber die lokalen Regierungen brauchen mehr Unterstützung, um auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Gemeinden eingehen zu können." Social Justice for Ireland fordert darüber hinaus, dass 20 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes Sozialwohnungen sein müssen.

Klar ist, dass schnell etwas passieren muss. Und zumindest im Vereinigten Königreich besteht unter dem neuen Labour Premierminister Keir Starmer die - wenn auch kleine - Hoffnung, dass er innerhalb seiner Amtszeit das Leben für die Menschen im Land ein bisschen besser und vor allem erschwinglicher machen kann. Denn so erstrebenswert wie das Leben in einer Metropole wie London für viele auch ist - es kann nur glücklich machen, wenn man es sich auch leisten kann.

Quelle: ntv.de

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