Panorama

Fehler der Polizei im Mordfall Lena Experten kritisieren Ermittler

Der Mordfall Lena hätte verhindert werden können, der 18-jährige Tatverdächtige hatte Selbstanzeige wegen Kinderpornografie erstattet. "So jemanden kann man nicht gehen lassen", kritisiert der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle die Polizei in Emden. Auch Prävention sei Aufgabe der Beamten. Die Gewerkschaft der Polizei fordert Konsequenzen.

Wer ist verantwortlich für die schwere Panne?

Wer ist verantwortlich für die schwere Panne?

(Foto: dapd)

Wegen der schweren Ermittlungspanne im Vorfeld des Emder Mädchenmordes werden Vorwürfe gegen die Polizei laut. Sie hätte den mutmaßlichen späteren Mörder der elfjährigen Lena nicht aus dem Blick lassen dürfen, als sich dieser im vergangenen Jahr wegen Besitzes von Kinderpornografie selbst angezeigt habe, sagte Rudolf Egg, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle. "Im Interesse des Opferschutzes kann man so jemanden nicht einfach wieder gehen lassen." Neben der Aufklärung von Straftaten sei auch die Prävention Aufgabe der Polizei, so Egg.

Der stellvertretende Osnabrücker Polizeipräsident, Friedo de Vries, hatte zuvor mitgeteilt, dass die zuständige Polizeibehörde nicht rechtzeitig auf Hinweise und die Selbstanzeige des 18-Jährigen reagiert hatte. Ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vom 30. Dezember sei bis heute nicht umgesetzt worden.

"Konsequenzen ziehen"

Der Tatverdächtige habe dabei angegeben, dass er seine Neigung aktiv bekämpfen wolle und sich bereits in Betreuung befinde, so de Vries. Doch die Polizei versäumte die Durchsuchung bei dem jungen Mann. Er hätte in Gewahrsam genommen werden müssen. Warum dies nicht geschehen sei, könne er sich nicht erklären, sagte der Vizechef der Polizei. Dies müsse jetzt herausgefunden werden.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, warnte vor eine Vorverurteilung der Polizei. "Das muss jetzt erst einmal aufgearbeitet werden." Zunächst müsse klar sein, "wie die ganzen Details zusammenpassen, und dann muss man daraus natürlich auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen", sagte er.

Polizeitaucher wollen in den Gräben der Wallanlage in Emden nach der Tatwaffe suchen. Ob sie einen Hinweis von dem Tatverdächtigen erhalten haben, ist nicht bekannt.

"Wegen Kinderpornos angezeigt"

Die Hinweise hatten die Ermittler vom Lebensgefährten der Mutter des Tatverdächtigen erhalten. "Ich habe bereits im September Anzeige erstattet wegen Kinderpornografie", sagt dieser in der RTL-Sendung "Explosiv". Demnach habe er damals entsprechende Fotos auf Davids Computer gefunden und an die Polizei weitergegeben.

Der Presserat warnte unterdessen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Mord an Lena vor Vorverurteilungen. "Die Medien müssen die Unschuldsvermutung wahren, bis die Schuld eines Verdächtigen bewiesen ist", sagte die Sprecherin des Selbstkontrollgremiums, Ursula Ernst, der "Frankfurter Rundschau".

Zugleich sei es jedoch nicht zulässig, den Medien eine Teilschuld an vorschnellen Veröffentlichungen der Polizei zu geben, sagte Ernst. Offenbar werden immer wieder Informationen aus dem Kreis der Ermittler exklusiv preisgegeben. So berichtete die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf den Obduktionsbericht, Lena sei erstochen worden. Eine offizielle Erklärung zur Todesursache des Kindes gab es aber bislang gar nicht.

Keine Angaben zur Tatwaffe

Am vergangenen Wochenende hatte der 18-Jährige die Tötung Lenas gestanden. Er sitzt wegen Mordes in Untersuchungshaft. In der Wohnung des Tatverdächtigen sollen Gegenstände vom Tatort im Fall Lena und vom Tatort einer versuchten Vergewaltigung im November 2011 beschlagnahmt worden sein. Der 18-Jährige habe außerdem drei Einbrüche gestanden. Die Staatsanwaltschaft beauftragte einen psychiatrischen Sachverständigen zur Begutachtung des Beschuldigten.

Quelle: ntv.de, ppo/jmü/cro/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen