Panorama

"Plötzlich lag ich im Rettungsboot" Kapitän redet sich vor Gericht raus

Vor Gericht erleben Beobachter, wie sich Schettino versucht, aus der Verantwortung zu stehlen.

Vor Gericht erleben Beobachter, wie sich Schettino versucht, aus der Verantwortung zu stehlen.

(Foto: AP)

Wäre das Unglück der "Costa Concordia" nicht so dramatisch, dann könnte man die Ausflüchte von Kapitän Schettino fast ulkig finden. Vor Gericht verirrt er sich in hanebüchene Erklärungen seines vorzeitigen Verschwindens von Bord des Kreuzfahrtriesen. In dem Wrack sind derweil die Bergungsarbeiten erneut zum Erliegen gekommen.

Der Kapitän der "Costa Concordia" hat ein technisches Problem bei der Evakuierung für sein Verlassen des havarierten Kreuzfahrtschiffs verantwortlich gemacht. Vor einer Richterin sagte Francesco Schettino laut italienischen Medienberichten: "Ich wollte nicht abhauen, sondern habe Passagieren geholfen, ein Rettungsboot ins Wasser zu lassen." Als der Absenkmechanismus blockierte, plötzlich aber wieder ansprang, "bin ich gestrauchelt und lag plötzlich zusammen mit den Passagieren im Boot". Daraufhin habe er nicht mehr auf das Schiff zurückkehren können, weil sich dieses schon zu sehr in Schräglage befunden habe.

Die Tageszeitungen "Corriere della Sera" und "La Repubblica" zweifeln diese Version der Ereignisse an, vor allem weil sich in dem Rettungsboot von Schettino auch der zweite Offizier Dimitri Christidis und der dritte Offizier Silvia Coronica befunden hätten.

Die Staatsanwaltschaft von Grosseto wird gegen den Hausarrest für Schettino Einspruch einlegen. Das kündigte Staatsanwalt Francesco Verusia im italienischen Radio an, wie die Nachrichtenagentur ANSA meldete. Der Kapitän des am Wochenende havarierten Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" muss nach dem Beschluss einer Richterin nicht weiter in Untersuchungshaft bleiben. Anders als die Staatsanwälte sah die zuständige Richterin von Grosseto, Valeria Montesarchio, keine Fluchtgefahr. Wohl aber bestehe die Gefahr der Manipulation von Beweisen, so die Richterin.

Darüber hinaus erklärte Montesarchio, der Kapitän habe zwar das Schiff verlassen, sei aber einige Stunden auf einem Felsen nahe des Luxuskreuzers geblieben.

Hoher Wellengang behindert Bergung

Indessen haben die Behörden die Suche nach weiteren Vermissten erneut unterbrochen. Messungen zufolge habe sich die "Costa Concordia" bewegt, erklärte ein Feuerwehrsprecher. Es müsse geprüft werden, ob das Schiff weiter Halt habe und die Sucharbeiten fortgesetzt werden könnten. Derzeit sei es zu gefährlich, sich dem Wrack "auch nur zu nähern".

Laut Feuerwehrsprecher Luca Cari wurde die Suche gegen acht Uhr morgens vorläufig eingestellt. Zuvor hatten Rettungskräfte die ganze Nacht hindurch in dem Wrack nach möglichen weiteren Überlebenden oder Todesopfern gesucht. Die Durchsuchung des noch über der Wasseroberfläche liegenden Schiffsteils sei praktisch abgeschlossen, sagte Cari.

Marine-Taucher hatten am Morgen weitere Löcher in die Schiffswand gesprengt, um den unter Wasser liegenden Teil besser erforschen zu können. Die Suche konzentrierte sich auf einen Abschnitt in 18 Metern Tiefe, wo sich das vierte Deck des Schiffs befindet. Dort waren am Vortag eng beieinander fünf mit Schwimmwesten ausgestattete Leichen gefunden worden. Auf dem vierten Deck waren die Rettungsboote des Schiffes festgemacht gewesen, mit dem sich zahlreiche der mehr als 4200 Menschen an Bord in Sicherheit bringen konnten.

Bislang wurden elf Todesopfer geborgen. Rund 20 Menschen gelten als vermisst, darunter mindestens zwölf Deutsche. Die Ermittler und die Reederei machen den Kapitän für das Unglück verantwortlich, weil er zu nah an die Insel Giglio herangefahren sei.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen