Panorama

Blackbox des entgleisten Zugs in Spanien ausgewertet Lokführer telefonierte vor dem Unfall

Der Unfall bei Santiago de Compostela war das schwerste Bahnunglück seit 40 Jahren in Spanien.

Der Unfall bei Santiago de Compostela war das schwerste Bahnunglück seit 40 Jahren in Spanien.

(Foto: AP)

79 Menschen sterben, als in Spanien ein Zug entgleist. Nun verhärtet sich der Verdacht, dass der Zug viel zu schnell gefahren sein könnte. Außerdem war Lokführer wohl auch noch abgelenkt. Er soll telefoniert und einen Plan konsultiert haben.

Der Lokführer des entgleisten Zuges in Spanien war zur Zeit des Unglücks offenbar durch ein Telefonat abgelenkt. Die Auswertung der Blackbox deute darauf hin, dass der 52-jährige Lokführer mit einem Angestellten der Bahngesellschaft, womöglich einem Kontrolleur, telefonierte, erklärte das Gericht. Zugleich habe er offenbar einen Plan oder ein anderes Dokument gelesen.

Bei dem Unglück wenige Kilometer vor dem Bahnhof der Pilgerstadt Santiago de Compostela Mitte der vergangenen Woche waren 79 Menschen gestorben. Nach Behördenangaben lagen zunächst noch 15 Verletzte in kritischem Zustand im Krankenhaus.

Rasch hatte sich der Verdacht auf den Lokführer Francisco José G. konzentriert. So war vermutet worden, dass der Zug mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in die Kurve einfuhr, wo er entgleiste. An der Unglücksstelle gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 Stundenkilometern. Auf der geraden Strecke davor ist Tempo 220 erlaubt.

Der Zug fuhr viel zu schnell

Offenbar bremste der Lokführer aber den Zug nicht rechtzeitig ab. Der Zug sei kurz vor der Unglücksstelle mit einer Geschwindigkeit von 192 Stundenkilometern gefahren, erklärte das Gericht nun. Nach einem Bremsmanöver sei er noch 153 Stundenkilometer schnell gewesen und dann aus den Schienen gesprungen.

Gegen den Lokführer wurde ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung in 79 Fällen eingeleitet. Der 52-Jährige wurde nach einer Vernehmung am Sonntagabend unter Auflagen freigelassen. Bei ihm bestehe weder Fluchtgefahr noch die Gefahr, dass er Beweismittel vernichten könnte, hieß es. Er muss sich nun wöchentlich bei dem Gericht melden, darf das Land sechs Monate lang nicht verlassen und musste für diese Dauer seine Fahrerlaubnis für Züge abgeben.

G. räumte in der Vernehmung beim Ermittlungsrichter nach Medienberichten Unachtsamkeit ein. Die Zeitung "El País" berichtete, der Lokführer habe bei der Befragung mehrfach geweint und unter anderem gesagt, er habe einen "Aussetzer" gehabt und den "den Streckenabschnitt verwechselt". Er würde lieber sterben, "als mit der Schuld leben zu müssen", habe der erfahrene Eisenbahner zudem erklärt. Allerdings habe G. auch auf die schlechte Beschilderung an der Unglückskurve "A Grandeira" hingewiesen.

Verkehrs- und Bauministerin Ana Pastor teilte unterdessen mit, sie wolle vor dem Verkehrsausschuss des Parlaments Stellung zum Unglück beziehen. Vorwürfe von Gewerkschaften, Medien und Kollegen des Lokführers, die Sicherheitssysteme an der engen Unglückskurve seien unzureichend, hatte sie bereits mehrfach zurückgewiesen.

Nur wenige Tage später ereignete sich auch in der Schweiz ein schweres Zugunglück. Im Kanton Waadt stießen zwei Züge frontal zusammen. Dabei starb einer der Lokführer. 25 Menschen wurden verletzt.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen