Panorama

Pillendose überführt Täter"Photo DNA" hilft gegen Kinderpornografie

23.04.2016, 16:20 Uhr
Kindesmissbrauch
Sexualstraftäter Stephen Keating wurde eine Pillendose im Bad zum Verhängnis. (Foto: Facebook/cnn)

Kindesmissbrauch findet meistens in privaten Räumen statt - und viele Täter stellen Bilder ihrer abscheulichen Taten ins Netz. Mit neuen spektakulären High-Tech-Methoden machen Ermittler Jagd auf sie.

Bad
Ein Mädchen kniet auf der Badezimmerablage, es wurde vor Veröffentlichung unkenntlich gemacht. Im Hintergrund sind private Gegenstände des Täters zu erkennen. (Foto: Facebook/cnn)

Der Täter hatte das Kind in seinem Badezimmer positioniert. Er wollte Bilder machen, um mit seiner schrecklichen Tat im Internet anzugeben. Doch der Vergewaltiger war unachtsam: Auf den Fotos, die so im Netz in Umlauf gerieten, war im Hintergrund eine Dose mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu erkennen. Beim Ranzoomen am Computer konnten die Ermittler jedoch nichts lesen.

Bis vor kurzem wären die Fahnder an dieser Stelle nicht mehr weiter gekommen. Eine neue Technologie namens "Photo DNA" hilft ihnen nun aber weiter. Jim Cole ist Spezialagent und Chef der Abteilung für Opferidentifizierung des US-Inlandsgeheimdienstes, außerdem hat er das "Project VIC" (Vicitims First - No Child Left Behind) gegründet. Er sprach mit dem amerikanischen Fernsehsender CNN darüber, wie sich seine Arbeit in den letzten Monaten verändert hat. "Wir benutzen eine Technik, die der Öffentlichkeit bis jetzt nicht zugänglich gemacht wurde. Damit ist es uns möglich, Details auf Bildern kenntlich zu machen, die zuvor verschwommen oder unscharf waren."

"Photo DNA" macht die Bilder super scharf

Auf diese Weise konnten Cole und seine Kollegen von "Project VIC" das Etikett in dem Badezimmer des bis dahin noch unbekannten Täters lesbar machen. Der Vorname "Stephen" sowie die ersten beiden Buchstaben des Nachnamens kamen zum Vorschein, außerdem konnte man die ersten drei Ziffern der Verschreibungsnummer sehen. Mit den neuen Informationen wandten sich die Ermittler an die Apothekenkette, die das Medikament ausgestellt hatte. Sie erbaten die Personendaten von allen Kunden, auf die diese Hinweise zutrafen. Am Ende blieb ein Name übrig: Stephen Keating.

Doch das ist bei Weitem nicht alles, die neue Technologie kann noch viel mehr: Auf dem Bild waren Keatings Hände zu sehen - Cole und sein Team konnten mit Hilfe der Technik sogar seine Fingerabdrücke herausfiltern - nur aufgrund des Bildes. "Es war das allererste Mal, dass wir so etwas geschafft haben", sagt der Agent.

Die Beweise gegen Keating waren so erdrückend, dass ihm der Prozess gemacht werden konnte. Er wanderte für 110 Jahre hinter Gitter. Seine 14 Opfer konnten vor ihm gerettet werden.

Jedes Detail könnte ein Hinweis sein

Fingerabdruck
Mit Hilfe der neuen Technik können die Fingerabdrücke kenntlich gemacht werden. (Foto: Facebook/cnn)

In einem anderen Fall fanden die Ermittler ein Bild von einem Triebtäter, das ihn zusammen mit einem jungen Mädchen zeigt. Auf seinem Sweatshirt war ganz klein ein Firmenlogo zu erkennen - was darauf geschrieben war, konnten die Ermittler jedoch zunächst nicht lesen. Die neue Technik half weiter und machte das Logo fast komplett lesbar. Die Ermittler kamen so auf die Spur einer Klempnerfirma und ein ehemaliger Mitarbeiter wurde daraufhin festgenommen.

Einer bereits bekannten Sexualstraftäterin wurde ein harmlos aussehendes Foto im Netz zum Verhängnis. Das Bild zeigte sie mit einem ihrer Opfer auf einem Campingplatz mit Fischen im Hintergrund. Die Fische wurden am Computer herausgefiltert und an die Cornell Universität geschickt. Dort konnten die Wissenschaftler die Region, wo diese Sorte Fisch vorkommt, eingrenzen. Das Bild wurde daraufhin an alle Campingplätze in der Gegend geschickt. Innerhalb kürzester Zeit machten die Fahnder den fraglichen Campingplatz aus. "Wir brauchten nur vier Stunden, um die Täterin zu identifizieren", so Cole. Das Kind konnte gerettet werden und die Täterin sitzt nun eine 25-jährige Haftstrafe ab.

Flut von Bildern

Cole und sein Team sichten pro Woche etwa 500.000 Bilder, das sind mehr als 25 Millionen im Jahr. Mit dem Programm "Photo DNA" ist das viel leichter geworden. "Was wir vorher in neun Monaten geschafft haben, sichten wir nun innerhalb von nur einem Monat", so Cole gegenüber CNN. Die neu-gewonnene Schnelligkeit wirkt sich auch positiv auf die Psyche der Ermittler aus, denn die Last, die sie tragen, ist groß: "Unseren Mitarbeitern geht es deutlich besser, seitdem wir die neue Technik im Einsatz haben. Wir beobachten täglich, wie die Sex-Verbrecher ihr abscheuliches Material übers Internet verbreiten. Dagegen schneller etwas tun zu können, hilft uns enorm."

Die Zahl der Kinderpornografie Bilder, die online gehandelt werden, ist in den letzten drei Jahren um 800 Prozent gestiegen. "Diese Art von Verbrechen spielt sich mehr und mehr in einem digitalen Raum ab. Das erfordert eine neue Art von Polizeiarbeit: Die Officers sitzen nun hinter einem Computerbildschirm und mit den richtigen Instrumenten können wir diese Verbrecher zur Strecke bringen", so Cole.

Interpol, Europol und die Geheimdienste von mehr als 35 Ländern greifen inzwischen auf die Daten von "Project VIC" zurück. "Wir sind vom Erfolg der neuen Technik absolut begeistert. Noch vor ein paar Jahren haben wir pro Jahr nur wenige Hundert Opfer identifizieren können. In diesem Jahr haben wir schon mehr als 1000 Kinder retten können." Auch das kleine Mädchen aus dem Badezimmer.

Quelle: ntv.de, lvb

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