Panorama

Blinde Passagiere an Bord der "Costa" Reederei lässt Schettino fallen

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Die Helfer geben alles, um doch noch Überlebende des Schiffsunglücks vor Giglio zu finden. Aber die Aussichten werden immer schlechter. Es droht schwerer Seegang. Zum Chaos bei den Opferzahlen kommen noch Spekulationen über blinde Passagiere hin. Unglücks-Kapitän Schettino kann derweil nicht mehr auf Rückendeckung durch seine Reederei setzen: sie gibt ihn auf.

Francesco Schettino (r.) hat keinen Rückhalt mehr in der italienischen Öffentlichkeit und nun lässt ihn auch noch sein Arbeitgeber fallen.

Francesco Schettino (r.) hat keinen Rückhalt mehr in der italienischen Öffentlichkeit und nun lässt ihn auch noch sein Arbeitgeber fallen.

(Foto: AP)

Die Reederei Costa Crociere hat den Kapitän der "Costa Concordia", Francesco Schettino, fallen lassen. Er werde mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert, teilte das Genueser Unternehmen mit. Es werde den Kapitän auch nicht verteidigen, sagte Costa-Anwalt Marco De Luca, in Grosseto. Costa Crociere sehe sich nach dem Schiffbruch selbst als geschädigt an, sagte der Anwalt. Schettino wird mehrfache fahrlässige Körperverletzung, Havarie und Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen.

Derweil gibt der nach dem Unglück gebildete Krisenstab die Identität von zwei der Opfer preis, die Taucher am Dienstag aus dem Rumpf des Wracks geborgen hatten. Demnach handelt es sich um Franzosen. Einer der Toten war bereits als ungarisches Besatzungsmitglied identifiziert worden. Eine Bestätigung, dass auch Deutsche unter den bislang elf bestätigten Toten sind, gab es bisher nicht.

Die "Costa Concordia" droht zu sinken.

Die "Costa Concordia" droht zu sinken.

(Foto: n-tv.de/RTL)

Wegen einer drohenden Wetterverschlechterung wird die Suche in dem Wrack nach weiteren Vermissten für die Rettungskräfte ein Wettlauf gegen die Zeit. Es blieben maximal 24 Stunden, um die 21 noch Vermissten aufzuspüren, sagte der Einsatzleiter der Feuerwehrtaucher. Meteorologen hatten stärkeren Wind vorausgesagt, der dazu führen könnte, dass das auf einen Felsen aufgelaufene 114.500 Tonnen schwere Schiff weiter in die Tiefe gerissen wird. Ein Sprecher der Feuerwehr widersprach umgehend den Äußerungen des Einsatzleiters der Taucher. Für die Sucharbeiten sei keine Frist gesetzt, weil unklar sei, wie sich die Situation weiter entwickele.          

Spekulationen über nicht gemeldete Passagiere

Neue italienische Berichte über die Zustände an Bord lenkten den Blick auch auf "blinde Passagiere", die auf der "Costa Concordia" waren. Der Kapitän habe den Ermittlern von einer geheimnisvollen jungen Moldawierin berichtet, die während des Schiffbruchs am Eingang der Kommandobrücke aufgetaucht sei, berichtete "La Stampa". Offenbar sei sie dazu von einem anderen Offizier eingeladen worden. Weil sie nicht im Verzeichnis der Passagiere stehe, werde die junge Frau von den Ermittlern gesucht. Diese gingen davon aus, dass sogar mehrere Personen als blinde Passagiere an Bord gewesen sein könnten.

In etwa zehn Tagen sollen die toxikologischen Untersuchungen abgeschlossen sein, die Aufschluss über einen möglichen Drogenkonsum des Kapitäns geben. Dies wurde aus Justizkreisen in Grosseto bekannt. Ausgeschlossen scheine es, dass Schettino während der Havarie betrunken war, hieß es.

Angst vor drohender Umweltkatastrophe

Derweil vor der toskanischen Insel Giglio die Angst vor einer Umweltkatastrophe. Im Wrack des Schiffes befinden sich mehr als 2300 Tonnen Diesel- und Schweröl. Ein Austreten könnte verheerende Folgen für eines der größten europäischen Meeresschutzgebiete haben.

Italiens Umweltminister Corrado Clini erklärte, bei einer Verschlechterung der Wetterlage könne das Wrack 50 bis 90 Meter tief von dem Felsvorsprung abrutschen, auf dem es derzeit aufliegt. Dabei könnte der Rumpf weiter beschädigt werden und Öl austreten. Der Betreiber des Kreuzfahrtschiffes, Costa Crociere, sei angewiesen worden, eventuelle Gefahren für die Gewässer sofort zu bekämpfen. So müssten etwa schwimmenden Ölbarrieren an Ort und Stelle gebracht werden. Ein Abpumpen des Öls werde mindestens zwei Wochen in Anspruch nehmen und könne erst nach Abschluss der Bergungsarbeiten eingeleitet werden.

Der Naturschutzbund (Nabu) erklärte, das Schweröl im Rumpf der "Concordia" sei eine tödliche Gefahr für Zehntausende von Meerestiere, die im Nationalpark Toskanischer Archipel lebten. Zudem sei Schweröl besonders schwer zu bekämpfen. Es sei praktisch unmöglich, alles austretende Öl abzufangen.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP/rts

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