Panorama

Telefonat kurz vor dem Zugunfall in Spanien Schaffner weist Mitschuld zurück

Bei dem Unglück kurz vor dem Bahnhof von Santiago de Compostela starben 79 Menschen.

Bei dem Unglück kurz vor dem Bahnhof von Santiago de Compostela starben 79 Menschen.

(Foto: AP)

Minuten bevor der Zug im spanischen Santiago de Compostela entgleist telefoniert der Schaffner mit dem Lokführer. Den Ermittlern erzählen beide zunächst nichts davon. Sie erfahren von dem Telefonat erst durch die Auswertung der Blackbox.

Nach dem verheerenden Zugunglück mit 79 Toten im spanischen Santiago de Compostela hat der Schaffner jegliche Mitverantwortung zurückgewiesen. "Zu keiner Zeit habe ich mich schuldig gefühlt", sagte er bei der Ankunft vor dem Regionalgericht in Galicien, wo er als Zeuge gehört werden sollte. Zuvor war bekanntgeworden, dass er den Lokführer wenige Minuten vor dem Unglück angerufen hatte.

"Wie ich schon gesagt habe; als der Zug entgleiste, steckte mein Handy wieder in der Hosentasche", sagte der Schaffner weiter. Nach seinen Worten geht es ihm körperlich "ganz gut", psychisch aber fühle er sich angeschlagen.

Ermittlungsrichter Luis Alaez hatte bereits deutlich gemacht, dass er den Schaffner nur als Zeugen hören wolle. Aus dem Telefonat allein lasse sich keinerlei strafrechtlich relevante "Unvorsichtigkeit" ableiten, auch wenn der Zeitpunkt "unglücklich" gewesen sei.

Auswertung der Blackbox brachte das Telefonat ans Licht

Das Telefonat zwischen dem Lokführer und dem Schaffner war erst durch die Auswertung der Blackbox herausgekommen. Der Lokführer hatte bei einer Vernehmung am vergangenen Sonntag durch den Ermittlungsrichter einen "Aussetzer" eingeräumt, das Telefongespräch aber nicht erwähnt. Auch Schaffner, der beim Unfall leicht verletzt wurde, habe bei seiner Polizei-Befragung nichts vom Anruf erzählt.

Nach Angaben des Gerichts drehte sich das Gespräch zwischen Schaffner und Lokführer um die Frage, auf welchem Gleis der Zug in den Bahnhof Pontedeume einfahren solle. Es endete demnach wenige Sekunden vor dem Unfall.

Der Inhalt des Telefonats war am Mittwoch vom TV-Sender "LaSexta" enthüllt worden. Der Lokführer sei unter anderem gefragt worden: "Wie läufts bei dir?" - und habe geantwortet: "Gut, wir kommen gleich an."

Gegen den Lokführer wurde ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung in 79 Fällen eingeleitet. Als der Zug vor mehr als einer Woche entgleiste, hatte er laut Fahrtenschreiber eine Geschwindigkeit von 153 Stundenkilometern und war damit fast doppelt so schnell wie erlaubt.

Kurz zuvor betrug das Tempo des Zugs 192 Stundenkilometer. Demnach hatte der 52-jährige Lokführer noch zu bremsen versucht, konnte das Unglück aber nicht mehr verhindern. Es war das schwerste Zugunglück in Spanien seit dem Zweiten Weltkrieg.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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