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Taschenkontrollen und Kameras So unterschiedlich sind Weihnachtsmärkte gesichert

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Weihnachtsmärkte stellen für die Sicherheitsbehörden alljährlich eine große Herausforderung dar.

Weihnachtsmärkte stellen für die Sicherheitsbehörden alljährlich eine große Herausforderung dar.

(Foto: picture alliance/dpa)

Besucher von Weihnachtsmärkten können sich vielerorts auf eine erhöhte Präsenz von Polizei und Security-Diensten einstellen. Das beschlossene Messerverbot gilt zwar überall, wird aber unterschiedlich kontrolliert. Gefordert sind auch die Aussteller und Besucher selbst.

Die Weihnachtsmarktsaison steht vor der Tür, begleitet von der Frage, wie für die Sicherheit der Besucher gesorgt werden soll. In diesem Jahr kommt das verschärfte Waffengesetz hinzu, das von der Bundesregierung nach dem Terrorangriff auf dem Stadtfest in Solingen verabschiedet wurde. Es erlaubt den Sicherheitsbehörden, anlasslos Taschen zu durchsuchen. Auf Weihnachtsmärkten gelten beim Messerverbot Ausnahmen für den Lieferverkehr, die Gastronomie oder Stände, die Messer verkaufen. Wie oft es zu Kontrollen kommt, hängt jedoch vom jeweiligen Sicherheitskonzept der Märkte ab.

Bundesinnenministern Nancy Faeser appellierte an die Behörden, die Befugnisse zu nutzen. "Das Messerverbot kann strikt kontrolliert werden. Hier gilt: Null Toleranz", sagte sie der "Bild"-Zeitung. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 10.000 Euro. Dass nun jeder vor dem ersten Glühwein seine Tasche öffnen muss, darauf müssen sich die Besucher vielerorts aber nicht einstellen: "Wir werden Taschenkontrollen machen, aber natürlich mit Augenmaß", erläuterte eine Sprecherin der Düsseldorfer Polizei.

Durch die schon lange eingerichtete Waffenverbotszone in der Düsseldorfer Altstadt seien die Kollegen "sehr erfahren und bringen den richtigen Blick" für die Stichprobenkontrollen mit. Auch die Polizei in Essen betont, nicht jedem Besucher in die Taschen schauen zu wollen. "Eine systematische Kontrolle ist einfach nicht realisierbar", sagte ein Sprecher. Gleiches gilt einem Sprecher zufolge in Köln.

Kein Cannabis in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt kündigte die Landesregierung ein strengeres Vorgehen an und erließ eine entsprechende Verordnung. "Die Landespolizei wird zukünftig flächendeckend kontrollieren und damit Waffen- und Messerverbote gezielt durchsetzen", erklärte die Innenministerin des Landes, Tamara Zieschang. Auf den Weihnachtsmärkten müsse "jede Bürgerin und jeder Bürger damit rechnen, dass Taschen oder Rucksäcke ohne besonderen Anlass kontrolliert werden". Zudem ist auf Weihnachtsmärkten in Sachsen-Anhalt das Rauchen von Cannabis verboten.

In Sachsen sind einem Bericht des MDR zufolge keine flächendeckenden Kontrollen geplant. "Im Regelfall obliegt es dem Veranstalter, das Hausrecht mit konkreten Vorgaben - zum Beispiel Messer-, Alkohol-, Glasflaschenverbot - durchzusetzen", teilte das Innenministerium auf MDR-Anfrage mit. Sollte eine erhöhte Polizeipräsenz erforderlich sein, soll dies im Einzelfall entschieden werden. Auch in Thüringen wird demnach nicht flächendeckend kontrolliert.

Viele Weihnachtsmärkte setzen zudem auf private Sicherheitsdienste. "Wir haben mehr Ordner am Tage", sagte Eberhard Heieck, dessen Firma mehrere Weihnachtsmärkte in Potsdam und Cottbus veranstaltet. Falls Menschen sich ausfallend oder bedrohlich verhielten, könne so sofort eingeschritten werden. Auf Plakaten werde die Hausordnung ausgehängt, laut der zum Beispiel auch ein Waffenverbot gilt.

Im baden-württembergischen Esslingen ist das Sicherheitspersonal in diesem Jahr etwa verdoppelt worden, wie aus einer Anfrage des SWR hervorgeht. Auch in Stuttgart sollen neben Polizeistreifen auch private Dienste für Sicherheit sorgen, in Mannheim kommen diese erstmals zum Einsatz. Derweil bleibt das Sicherheitskonzept in Konstanz laut SWR unverändert. Einzige Ausnahme: Stände dürfen keine Messer mehr verkaufen.

Erster Messer-Vorfall in Berlin

In Berlin arbeiten Veranstalter und Behörden eng zusammen, betonte Weihnachtsmarkt-Sprecherin Kristin Ferigo. "Das Sicherheitskonzept wurde mit dem Bezirk sowie Polizei und Feuerwehr in engster Zusammenarbeit erstellt und abgestimmt", sagte sie mit Blick auf den Markt auf dem Breitscheidplatz. Im Jahr 2016 starben dort bei einem islamistischen Anschlag 13 Menschen. Auch in diesem Jahr seien Security und Polizisten stets vor Ort. Durch Poller und Betonblöcke ist der Markt laut der Sprecherin nach außen hin abgesichert.

Auf einem Weihnachtsmarkt im Berliner Stadtteil Lichtenberg kam es vor zehn Tagen bereits zu einem gewalttätigen Zwischenfall. Drei Unbekannte schlugen auf einen Sicherheitsmitarbeiter ein. Einer der Angreifer zückte sogar ein Messer, verletzte den 35-Jährigen jedoch nicht. Dem Portal "Berlin Live" zufolge gibt es auf dem Weihnachtsmarkt keine Einlasskontrollen. Das gesamte Gelände sei aber mit Kameras überwacht, teilte eine Sprecherin mit. Zudem patrouillierten Security-Mitarbeiter, sowohl erkennbar als auch in Zivil.

In Norddeutschland sind die Veranstalter auch durch die Festnahme eines Terrorverdächtigen in Elmshorn besonders sensibilisiert. Vielerorts sichern große Sandsäcke oder andere Sperren die Eingänge zu den Märkten. In Flensburg sind sie beispielsweise wegen der schöneren Optik von kleinen Marktständen überdeckt. In Neumünster werden seit dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz zum Weihnachtsmarkt wie zu allen Großveranstaltungen Beton-Barrieren in allen Zufahrten installiert.

Auch aus den anderen kreisfreien Städten Kiel, Flensburg und Neumünster hieß es, die umfangreichen Sicherheitskonzepte würden stets aktualisiert und an die aktuelle Sicherheitslage angepasst. Neben dem baulichen Schutz kündigten Polizei und Ordnungsdienste an, verstärkt Präsenz zu zeigen.

Metalldetektor-Einsatz in Bayern

Auf dem privaten Weihnachtsmarkt auf dem Gelände des Thurn-und-Taxis-Schlosses St. Emmeram in Regensburg gehen die Veranstalter noch einen Schritt weiter. Dort soll es stichprobenhafte Personenkontrollen mit Metalldetektoren geben, berichtete der Bayerische Rundfunk. Taschenkontrollen gebe es dort schon länger. Im ländlichen Raum in Bayern verzichten laut dem Bericht viele Veranstalter auf eine Anpassung des Sicherheitskonzeptes. Dies sei auf dem Land nicht notwendig.

In Bremen wollen die Behörden "der in den letzten Wochen wahrnehmbar verschärften Bedrohungslage einer erhöhten abstrakten Terrorgefahr in Deutschland Rechnung zu tragen", wie die Stadt der "Kreiszeitung" mitteilte. Zum Sicherheitskonzept gehöre unter anderem eine "ausgeweitete, großflächige Videoüberwachung". Zudem seien auch die Schausteller selbst gefordert. "Wir sind diejenigen, die auch die Besucher immer im Blick haben oder Unregelmäßigkeiten sowie auffällig merkwürdiges Verhalten der Besucher registrieren und im Zweifelsfalle sofort reagieren", sagte ein Standbetreiber der Zeitung. Alle Aussteller seien in einem Chat miteinander verbunden und stünden im ständigen Kontakt mit dem Sicherheitsdienst und der Polizei.

Mehr Videoüberwachung auf Weihnachtsmärkten fordert auch der Deutsche Schaustellerverband. Doch dem seien jenseits von bereits polizeilich videoüberwachten Kriminalitäts-Hotspots bislang rechtliche enge Grenzen gesetzt, räumte Verbandspräsident Albert Ritter ein. "Wir Schausteller sind natürlich die Augen und Ohren der hoheitlichen Kräfte - unzählige Hilfssheriffs, wenn man so möchte", sagte er. Die Budenbetreiber und Beschäftigten an den Fahrgeschäften seien stets aufmerksam, ob da eine herrenlose Tasche stehe oder sich ein Taschendieb anschleiche, sagte Ritter.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul appelliert an die Wachsamkeit der Weihnachtsmarktbesucher selbst: "Ich möchte aber auch dafür sensibilisieren, dass es keine lückenlosen Kontrollen geben kann. Also mein Appell: Aufmerksam bleiben und Verdächtiges der Polizei melden."

Quelle: ntv.de, mdi/dpa

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