Panorama

Politiker und Betrunkene Statistik als Laternenpfahl

Der Remagener Mathematikprofessor Gerd Bosbach hat einen kritischeren Umgang mit statistischen Daten angemahnt. "Wir müssen immer an die Interessen denken, die hinter den Daten stecken könnten", sagte der Wissenschaftler der Fachhochschule Koblenz am Standort Remagen in einem dpa-Gespräch. Die Zahlen müssten entsprechend vorsichtig eingeschätzt werden. Gerade Politiker verwendeten oft nur die Statistiken, die ihre Meinung belegten. "Politiker benutzen die Statistik wie ein Betrunkener einen Laternenpfahl: nicht, um eine Sache zu beleuchten, sondern um sich daran festzuhalten", sagte Bosbach.

Manchmal seien Daten völlig aus dem Zusammenhang gerissen, manchmal würden Prognosen oder vage Mutmaßungen als Tatsachen verkauft. Als ein Beispiel nannte der Professor für Mathematik, Statistik und empirische Wirtschafts- und Sozialforschung die Zahl der Schwarzarbeiter in Deutschland, die naturgemäß nicht bekannt sei. "Aber wenn irgend eine Institution in Deutschland die Meldung bringt, wir haben so und so viele Schwarzarbeiter, und das sind 0,8 Prozent mehr als im letzten Jahr, wird das geglaubt."

Auch Statistiken von privat finanzierten Meinungsforschungsinstituten müssten genauer betrachtet werden. "Die Institute leben von Aufträgen", erklärte Bosbach. In der Regel würden die Erhebungen aber von Geldgebern bezahlt, die ein bestimmtes Ergebnis erwarteten. Umfragen zu ein und demselben Thema könnten deshalb gegensätzliche Ergebnisse haben, je nachdem, ob beispielsweise eine Gewerkschaft oder eine Arbeitgebervertretung sie in Auftrag gegeben habe.

Ganz ohne Statistik gehe es aber auch nicht, räumte Bosbach ein: "Wir sind auf die statistischen Daten angewiesen. Ansonsten hätten wir von vielen Entwicklungen überhaupt keine Ahnung."

Quelle: ntv.de

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