"Bonnie" stoppt Öl-Einsatz Alarm auf Plattform manipuliert
23.07.2010, 21:25 UhrDie Arbeiter sollten nicht schon „um drei Uhr morgens“ durch einen Fehlalarm geweckt werden. Deshalb schalten Manager auf „Deepwater Horizon“ die Alarmsignale aus – und die BP-Bohrinsel im Golf von Mexiko versinkt nach einer Explosion im Meer. Derzeit naht ein Tropensturm und zwingt zum Abbruch der Arbeiten am lecken Bohrloch.
Auf der im Golf von Mexiko nach einer Explosion versunkenen Bohrinsel „Deepwater Horizon“ wurde offenbar schon Monate vor dem Unglück ein wichtiger Alarm deaktiviert. Bei einer Anhörung in New Orleans zur Klärung der Unglücksursache sagte der leitende Elektrotechniker der Bohrinsel, Mike Williams, Manager auf der Plattform hätten die Alarmsignale ausschalten lassen, damit die Arbeiter nicht „um drei Uhr morgens“ durch einen Fehlalarm geweckt würden.
Die vom britischen Erdölkonzern BP betriebene Bohrinsel war am 20. April nach einer Explosion gesunken und hatte die größte Ölkatastrophe in der Geschichte der USA ausgelöst. Bei der Explosion kamen elf Arbeiter ums Leben.
Die Sensoren des Alarms, der vor Feuer oder einer hohen Konzentration giftiger oder explosiver Gase warnt, hätten zwar funktioniert, die Alarmsignale seien aber blockiert worden, sagte der Techniker. Er habe dies vor einem Jahr zum ersten Mal bemerkt.
„Bonnie“ zwingt zum Abbruch
Abbau aus Sicherheitsgründen: Arbeiter entfernen das Dach einer Dekontaminierungseinrichtung.
(Foto: AP)
Inzwischen zwingt ein nahender Tropensturm die Helfer im Golf, ihren Kampf gegen die Ölpest vorerst zu stoppen. Einsatzleiter Admiral Thad Allen ordnete den Abzug der meisten Schiffe und Plattformen über dem ramponierten Bohrloch des BP-Konzerns an. Die Kappe, die das Ölleck am Meeresboden seit einer Woche erfolgreich abdichtet, soll derweil bis auf weiteres verschlossen bleiben - auch wenn eine Beobachtung wegen des Sturms „Bonnie“ dann nicht möglich ist.
Für die nördliche Golfküste zwischen New Orleans (Louisiana) und Pensacola (Florida) wurde eine Sturmwarnungen herausgegeben. Das Nationale Hurrikan-Zentrum in Miami erwartet, dass der Tropensturm vermutlich bis Sonntag im Gebiet der Umweltkatastrophe eintrifft. Allen rechnet mit den ersten Vorboten schon am Samstag. Bis zum Montag solle der Sturm dann voraussichtlich über die Stelle des Bohrlochs hinweggezogen sein.
Danach könnten die Dutzenden Schiffe sowie die beiden Plattformen, von denen aus die wichtigen Entlastungsbohrungen vorgenommen werden, an ihre Positionen zurückkehren, so Allen. Erst nach dieser Bohrung kann die Quelle vermutlich im August endgültig versiegelt werden.
Am Freitagnachmittag MESZ hatte das Frontensystem bereits den Süden Floridas erreicht und bewegte sich in Richtung Nordwesten. Der Sturm erreichte Geschwindigkeiten von 65 Stundenkilometer.
Als letzte sollen jene Schiffe abgezogen werden, die das versiegelte Bohrloch mit Unterwasser-Robotern und seismischen Detektoren beobachten, sagte Admiral Allen. Im schlimmsten Fall habe man die gestopfte Quelle für schätzungsweise 48 Stunden nicht im Blick. Die Schiffe und Plattformen würden für die Zeit des Sturms an eine sichere Stelle gebracht, sagte der Einsatzleiter.
Aufwendiger Abzug
Der Abzug ist aufwendig: Die 1500 Meter langen Steigrohre zwischen den Plattformen und dem Meeresboden müssen eingeholt und zerlegt werden.
Zuletzt hatte Ende Juni ein Sturm die Einsatzkräfte gezwungen, ihre Arbeit zu unterbrechen. Das Unwetter zog dann aber über die mexikanische Halbinsel Yucatán und verschonte das Gebiet der Umweltkatastrophe.
Die Behörden gaben unterdessen ein Drittel des bislang für Fischer gesperrten Gebiets im Golf von Mexiko wieder frei. Untersuchungen hätten über die vergangenen 30 Tage hinweg keine Hinweise auf Öl ergeben, teilte die Einsatzleitung mit.
Der BP-Konzern sieht sich weiter mit heftiger Kritik konfrontiert. Das Unternehmen räumte ein, Fotos vom Einsatz gegen die Ölpest manipuliert zu haben.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa