Pegelstände gehen wieder zurück Tief "Axel" überrollt die Ostseeküste
05.01.2017, 05:26 Uhr
In der Nacht trifft Tief "Axel" die Ostseeküste mit voller Wucht. In vielen Orten hinterlässt die stärkste Sturmflut seit zehn Jahren eine Spur der Verwüstung. Im Süden Deutschlands sorgt "Axel" für zahlreiche Verkehrsunfälle.
Die seit 2006 stärkste Sturmflut an Deutschlands Ostseeküsten hat in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zu zahlreichen Überschwemmungen und Schäden geführt. Am Donnerstagmorgen sanken die Pegelstände entlang der Küste aber überall wieder. Vielerorts waren Keller vollgelaufen, Autos mussten weggeschleppt werden. Menschen wurden nach Angaben der Polizei durch die Wassermassen nicht verletzt.
Vor weiteren Verwüstungen und Schäden durch Sturmtief "Axel" gab n-tv Meteorologe Björn Alexander Entwarnung: "Aufatmen ist in Sachen Wind und Sturm angesagt. Meist weht der Wind schwach oder mäßig, nur auf den Bergen frisch aus nordöstlichen Richtungen." Vielmehr müsse man landesweit am frühen Morgen "mit Glätte durch Reif oder gefrierende Nässe rechnen", so Alexander. Wegen Schneeschauern sei besondere Vorsicht im Süden und Osten geboten. Im Süden von Oberbayern gab es zwischen Mittwoch- und Donnerstagmorgen bereits etwa 160 Verkehrsunfälle, wie ein Polizeisprecher sagte. Das seien etwa dreimal so viele wie sonst.
Pegelstände höher als prognostiziert
Besonders betroffen waren von Tief "Axel" am Mittwochabend etwa Kiel, Lübeck, Rostock, Warnemünde, Flensburg, Eckernförde, Wismar und Usedom. Auf Rügen wurden einzelne Deiche überspült, unter Wasser gesetzte Autos mussten abgeschleppt werden. Keller von Häusern in Strandnähe liefen wie im Bereich Heikendorf und Laboe (Kreis Plön) voll. Teils wurden Boote auf Stege gedrückt.
An der Ostsee lagen vielerorts die Pegelstände am späten Mittwochabend zwischen 1,50 und 1,70 Meter höher als üblich - in Lübeck wurden sogar 1,79 Meter und in Wismar 1,83 gemessen, wie auf "Pegel Online" registriert wurde. Am frühen Donnerstagmorgen war ein Teil des Wassers wieder abgelaufen: Um 4.45 Uhr stand es nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Wismar und Flensburg noch 1,47 Meter, in Greifswald 1,41 Meter und in Kiel-Holtenau 1,42 Meter höher als normal. In Lübeck wurden 1,48 Meter höher als gewöhnlich gemessen.
"Das ist schlimmer als erwartet"
"Es war die stärkste Sturmflut seit 2006", sagte Jürgen Holfert, Leiter des Wasserstanddienstes Ostsee des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Am Donnerstagmorgen dürfte der Wasserstand zwar vielerorts noch einen Meter höher als sonst sein. "Die Gefahren der Sturmflut sind aber gebannt." Die Wasserstände seien etwa zehn Zentimeter höher ausgefallen als prognostiziert, in der Region Lübeck noch etwas mehr. Die Höhe der Sachschäden könne noch nicht beziffert werden, sagte eine Polizeisprecherin.
In Lübeck und Flensburg wurden zahlreiche Autos aus den Fluten gezogen. Mehrere Keller in Lübeck und Neustadt in Holstein liefen voll. In Kiel mussten mehrere Straßen für den Verkehr gesperrt werden. Zugänge zur Lübecker Altstadt waren für Fußgänger nicht mehr passierbar. Der Einsatzstab in der Welterbe-Stadt sei kurzfristig personell verstärkt worden wegen zunehmender Notrufe, sagte Matthias Schäfer von der Feuerwehr Lübeck. "Viele Leute hatten ihre Häuser nicht genügend gesichert, wir mussten mit Sandsäcken die Objekte schützen."
Auf der Insel Usedom verursachte die Sturmflut größere Schäden. Es wurde dort die Alarmstufe 3 ausgerufen. Zwischen Koserow und Zempin habe es Steiluferabbrüche gegeben. Treppenaufgänge, Imbissbuden und Teile von Strandpromenaden seien weggerissen worden, sagte der Sprecher des Kreises Vorpommern-Greifswald, Achim Froitzheim. "Das ist kein Kindergeburtstag. Das ist schlimmer als erwartet."
Spundwände gegen die Wassermassen
Da in Stralsund die Hafeninsel teilweise überflutet wurde, wurde das Ozeaneum - Mecklenburg-Vorpommerns besucherstärkstes Museum - mit Spundwänden gesichert. In Kiel wurde die Uferstraße an der Förde zwischen dem Institut für Weltwirtschaft und dem Marinehafen überschwemmt. In Wismar liefen im Hafenbereich der Altstadt einige Keller voll, wie Stadtsprecher Marco Trunk sagte. Der Pegelstand habe einer schweren Sturmflut entsprochen. Teile des Alten Hafens waren überflutet.
In Rostock entlang der Warnow waren viele Häuser in einem zwei Kilometer langen Abschnitt gefährdet. Eine Straße wurde über mehrere Kilometer wegen des Hochwassers gesperrt, in Häuser drang Wasser ein. Auf der Insel Rügen überspülte das Hochwasser im Bereich Mönchgut-Granitz eine Straße und schnitt einen Ortsteil von der Hauptgemeinde Gager ab. Das Wasser stand rund 40 Zentimeter hoch auf der Zufahrtsstraße. Zudem wurde nach Feuerwehrangaben auf Mönchgut-Granitz ein Deich auf etwa 100 Meter Länge überflutet. Menschen seien nicht gefährdet, hinter dem Deich lägen Wiesen.
In Heiligenhafen (Kreis Ostholstein), das bei der Sturmflut 2006 stark getroffen worden war, bewährte sich laut Bürgermeister Heiko Müller das seitdem aufgebaute Hochwasserschutzsystem. Im Hafenbecken sei das Wasser höher als an Land, aber eine 800 Meter lange Spundwand habe das Wasser abgehalten.
Quelle: ntv.de, cri/jve/dpa