Regierung legt sich fest 2,5 Millionen Arbeitslose als Ziel
05.11.2010, 11:19 UhrDie Erfolgsmeldungen vom wirtschaftlichen Aufschwung überschlagen sich: Die Steuereinnahmen steigen stärker als erwartet, Krankenkassen und Arbeitsämter benötigen immer weniger staatliche Hilfe und die Zahl der Arbeitslosen geht zusehends zurück. Jetzt gibt die Bundesregierung ein neues Ziel aus, nämlich eine Arbeitslosenquote von unter 5 Prozent.

Sicheres Zeichen für den Aufschwung: An der Berliner Siegessäule ist das Blattgold der Viktoria erneuert worden.
(Foto: dpa)
Die Bundesregierung hat sich erstmals darauf festgelegt, die Arbeitslosigkeit in wenigen Jahre dauerhaft auf 2,5 Millionen oder darunter drücken zu wollen. Zunächst gehe es darum, die strukturelle Arbeitslosigkeit dauerhaft unter drei Millionen zu halten, sagte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) im Bundesrat.
"Das würde bedeuten, dass wir durchaus die Chance haben, die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf absehbare Zeit in den nächsten ein, zwei oder drei Jahren auf 2,5 Millionen senken zu können", fügte er hinzu. Dazu müssten unter anderem die aktiven Instrumente der Arbeitsmarktpolitik weiterentwickelt werden, sagte Pofalla. Aktuell liegt die Arbeitslosigkeit bei knapp unter drei Millionen.
Bald unter zwei Millionen Arbeitslose?
Bereits vor einer Woche hatte Hilmar Schneider, Arbeitsmarktdirektor am Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit in Bonn, seine Erwartungen geäußert, dass Zahl der Arbeitslosen noch viel weiter sinken wird: Schon 2012 auf unter zwei Millionen. "Wenn der Abbau der Arbeitslosigkeit sich in diesem Tempo fortsetzt, könnte die nächste Millionenmarke schon im Oktober oder November 2012 geknackt sein". Die Hartz-IV-Reform habe eine positive Wirkung, die sie vor allem bei Arbeitslosen, die gerade ihre Stelle verloren hätten, entfalte. Diese Menschen machten Zugeständnisse, um wieder einen Arbeitsplatz zu bekommen, "auch wenn er etwas schlechter bezahlt ist als der alte", sagte Schneider.
Auch der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, Michael Hüther, hält weniger als zwei Millionen Arbeitslose für möglich. "Die Zwei-Millionen-Marke, also etwa fünf Prozent Arbeitslosenquote, sind erreichbar." Dabei mache sich auch der demografische Wandel bemerkbar. "Wir sind in einem Markt, in dem zusehends nicht mehr Mangel an Arbeit herrscht, sondern an Arbeitskräften", sagte Hüther.
Konjunktur entlastet die BA
Die gut laufende Konjunktur und die Erholung auf dem Arbeitsmarkt entlasten auch die Bundesagentur für Arbeit finanziell. "Wir bleiben 2011 beim Arbeitslosengeld und beim Kurzarbeitergeld um etwa zehn Milliarden Euro unter den Ansätzen für dieses Jahr", sagte der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Wilhelm Adamy, der "Welt". Mit 14,5 Milliarden Euro dürften die Ausgaben für das Arbeitslosengeld 2011 auf einen historischen Tiefstand fallen, sagte Adamy, der auch Mitglied des Verwaltungsrats der Bundesagentur ist.
Angesichts dieser Milliarden-Einsparungen sprach er sich gegen weitere Kürzungen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik aus. "Gerade vor dem Hintergrund von Klagen über Fachkräftemangel in Deutschland müssen wir mehr für die Qualifizierung von Arbeitslosen tun", sagte er.
Ein-Euro-Job als Makel
Nach einer Studie das Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) finden besonders Langzeitarbeitslose mit Ein-Euro-Jobs seltener einen regulären Arbeitsplatz als andere Hartz-IV-Empfänger. Die Nachteile der Ein-Euro-Jobber zeigten sich dabei quer durch die Bevölkerung. Aber auch alle anderen Gruppen würden durch die Beschäftigungsmaßnahme benachteiligt.
Mögliche Gründe für das schlechte Abschneiden der Maßnahme seien etwa, dass die im Ein-Euro-Job vermittelten Qualifikationen an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes vorbeigingen, schrieben die Experten. Zudem könnten die Ein-Euro-Jobber stigmatisiert werden, wenn Arbeitgeber derartige Tätigkeiten als Indiz für eine mangelnde Beschäftigungsfähigkeit ansähen.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts/AFP