Politik

Schwule in der Union "2007 hätten wir 2 Prozent erreicht"

Der CDU-Parteitag hat den Antrag auf steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehen abgelehnt. Dennoch sind die Schwulen und Lesben in der Union sehr zufrieden über den Verlauf der Debatte: "Sie hätten uns sehen müssen, wie wir vor acht Jahren aufgetreten sind", sagt der LSU-Vorsitzende Alexander Vogt im Interview mit n-tv.de.

n-tv.de: Gibt es Argumente der Gegner einer steuerlichen Gleichsetzung von eingetragenen Partnerschaften, die Sie akzeptieren können?

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Alexander Vogt

Alexander Vogt: Deren Argumente haben mich d urchweg nicht überzeugt. Für mich hat sich bestätigt, dass die Debatte gerade von dieser Seite aus eine sehr emotionale Angelegenheit ist. Wenn man es rational betrachtet, muss man sagen: Das Ehegattensplitting wurde nicht zum Schutz von Ehe und Familie eingeführt. Ich respektiere natürlich diese Gefühle, das ist ganz klar. Aber für mich sind die Argumente, die auf unserer Seite genannt wurden, erheblich stichhaltiger. Aber es war eben keine reine Kopfentscheidung. Ich schätze, dass 30 bis 40 Prozent der Delegierten für uns gestimmt haben - in jedem Fall eine ordentliche Minderheit.

Sie gehen davon aus, dass alle, die gegen den Antrag der Parteispitze gestimmt haben, für Ihren Antrag gestimmt hätten. Aber der stand nach dem Erfolg des Konkurrenzantrags ja gar nicht mehr zur Wahl, ebenso wenig wie der Antrag des Kreisverbands Fulda, der die Gleichstellung noch schärfer abgelehnt hat als der Antrag der Parteispitze. Glauben Sie nicht, unter den Gegenstimmen waren auch ein paar Anhänger des Fuldaer Antrags?

Das glaube ich nicht. Der Antrag der Antragskommission enthielt im Kern ja die Forderungen des Fuldaer Antrags.

Was sagen Sie zu dem Einwand, die CDU sei möglicherweise einfach noch nicht so weit, die Homo-Ehe als gleichberechtigte Institution zu akzeptieren?

Ich glaube ganz bestimmt, dass wir eine Mehrheit für unseren Antrag bekämen, wenn wir diese Abstimmung in ein paar Jahren noch einmal führen müssten - wovon ich nicht ausgehe, weil ich vermute, dass das Bundesverfassungsgericht das bis dahin geklärt haben wird.

Im kommenden Jahr wird ein Urteil aus Karlsruhe zu dem Thema erwartet.

Wenn man einer Umfrage, die kürzlich veröffentlicht wurde, trauen darf, dann sind 80 Prozent der Bevölkerung und 71 Prozent der Unionswähler für die steuerliche Gleichstellung. Ich glaube auch, dass das hier unter den Delegierten nicht grundsätzlich anders ist. Die Abstimmung war mit Sicherheit bei vielen von taktischen Erwägungen getragen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns im Wahlkampf befinden. Und: Die CDU ist eine Volkspartei, und die Mitglieder sind auch alle bemüht, diese Volkspartei zusammenzuhalten. Wir haben in verschiedenen Teilbereichen unterschiedliche Meinungen. Aber es gibt einen Grundkonsens, der uns zusammenhält. Insofern hat vielleicht der eine oder andere Einigkeit demonstrieren wollen mit seinem Abstimmungsverhalten. Aber eines weiß ich: Hätte die Abstimmung vor fünf Jahren stattgefunden, wäre das Ergebnis vielleicht 2 Prozent zu 98 Prozent gewesen. Das muss man sich auch mal vor Augen halten.

Vor fünf Jahren hätten wohl auch nicht 13 Bundestagsabgeordnete einen solchen Antrag formuliert.

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Bei der Abstimmung in Hannover.

(Foto: dapd)

Keine Partei im Bundestag hat sich bei der Gleichstellung von Homosexuellen so weit bewegt wie die Union in den vergangenen Jahren. Die Union hat bei diesem Thema wirklich eine große Kehrtwende gemacht, das muss man anerkennen. Mir ist wichtig: Die CDU ist kein monolithischer Block der immer nur Nein sagt, auch wenn gerade eine Mehrheit gegen die Gleichstellung gestimmt hat. Mir hat die Debatte richtig gut gefallen. Die war von großem gegenseitigem Respekt getragen.

Sie sind richtig zufrieden, oder?

Sie hätten uns sehen müssen, wie wir vor acht Jahren aufgetreten sind. Damals, 2003, hatten wir zum ersten Mal einen Stand auf einem CDU-Parteitag - ganz in der Ecke, bei den Toiletten. (lacht) Der Vorteil war: Jeder musste an uns vorbei. Geografisch und politisch sind wir jetzt ein bisschen näher an die Mitte der Partei gerückt.

Die LSU hat unter den Delegierten Unterschriften gesammelt, um den Initiativantrag der 13 Bundestagsabgeordneten zu unterstützen. Wie erfolgreich waren Sie da?

Schon der Antrag war eine Gemeinschaftsarbeit mit den Abgeordneten. Man braucht, um so einen Antrag zu stellen, 30 Unterschriften von Delegierten. Wir hatten 116, obwohl wir nicht einmal wirklich intensiv Werbung in allen Landesverbänden gemacht haben. Das war schon beachtlich.

Warum sind Sie überhaupt in der CDU? Wäre es nicht viel einfacher, sich in einer anderen Organisation zu engagieren?

Wenn ich meine Mitgliedschaft in der CDU allein vom Thema Schwulen- und Lesbenpolitik abhängig machen würde, dann wäre ich nicht in dieser Partei. Vielleicht blicke ich einfach mal darauf zurück, wie die LSU gegründet wurde: Das waren, 1998, schwule und lesbische Christdemokraten und Christdemokratinnen, die konservativ und bürgerlich orientiert waren, aber eben schwul oder lesbisch. Die sagten: Wir identifizieren uns zu 90 Prozent mit den Zielen dieser Partei. Nur mit diesem einen Punkt nicht. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Ich trete aus und gehe in irgendeine andere Organisation, die in diesem Punkt meine Meinung vertritt. Nur stimme ich dann wahrscheinlich mit dem Rest nicht überein. Mir ging es damals so mit den Grünen, mich hat deren Haltung zur Abtreibung abgeschreckt; ich bin überzeugter Christ und Katholik. Oder man bleibt in der CDU und versucht, sie in diesem Punkt zu verändern. Denn ich bin wie ich bin. Es gibt ein schönes Zitat von Konrad Adenauer: Ich bin wie ich bin, die einen kennen mich, die anderen können mich. Ich glaube, das ist die richtige Einstellung.

Mit Alexander Vogt sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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