Politik

Merkel in Japan 28 Grad, keine Krawatte

Im Kampf gegen den Klimawandel wollen sich Deutschland und Japan gemeinsam für einen energischen und nachprüfbaren Abbau der Treibhausgase einsetzen. Das Thema stand im Mittelpunkt des ersten Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Japan.

Merkel kündigte einen Schulterschluss mit dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe an. Zum Jahreswechsel übernimmt Abe von Merkel den G-8-Vorsitz.

Trotz des offiziellen Charakters des Besuchs erschien die japanische Delegation ohne Schlips. "Wir sind in leichter Kleidung gekommen - wegen des Klimas", erklärte Abe der Kanzlerin bei der Begrüßung. Um Energie zu sparen, dürften die Klimaanlagen in Japan künftig erst ab einer Raumtemperatur von über 28 Grad angeworfen werden. Deshalb sei es den Herren gestattet worden, ohne Schlips zu erscheinen.

Merkel, die wie immer in Jackett und Hose erschienen war, zeigte sich amüsiert. "Bei mir geht das nicht", sagte sie. "Die Männer haben sich alle daran gehalten, sie sind sogar ganz froh." Die Herren in Merkels Begleitung hatten schon auf dem Flug von China nach Japan von der neuen Kleiderordnung in Tokio erfahren und ihre Krawatten abgelegt.

1997 bereits in Kyoto

Es ist Merkels erster Besuch als Kanzlerin in Japan. Vor zehn Jahren war sie allerdings bereits in Sachen Klimawandel dort: 1997 war Merkel als Umweltministerin an den Verhandlungen über das Klimaprotokoll von Kyoto beteiligt. Das Protokoll läuft im Jahr 2012 aus. Als Kanzlerin forciert Merkel nun innerhalb der G 8 eine Nachfolgevereinbarung, die - anders als Kyoto - möglichst auch die USA sowie Schwellen- und Entwicklungsländer einbindet.

Merkel will unter anderem auf einer Klimakonferenz der Vereinten Nationen Ende September sowie anschließend in Afrika, Indien und Indonesien für ein Nachfolgeabkommen werben. Die Verhandlungen darüber sollen im Dezember auf Bali starten.

Japan und Deutschland wollen USA einbinden

Nach dem G-8-Gipfel in Heiligendamm soll auch die nächste Spitzenrunde im Sommer 2008 im Zeichen des Klimaschutzes stehen. Abe unterstrich, auch die USA und China, die bisher Sonderwege gegangen seien, sollten in die weltweiten Klimaschutz-Bemühungen miteinbezogen werden. Jedes Land müsse Verantwortung für den Klimaschutz übernehmen, sagte Abe. Merkel betonte mit Blick auf die nach wie vor zögerliche Haltung der USA, Europa könne nicht allein den Klimawandel aufhalten.

Merkel räumte ein, dass es zwischen Deutschland und Japan noch Differenzen gebe. So befürwortet sie eine Halbierung des Ausstoßes von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) bis zum Jahr 2050 - gemessen an den Werten von 1990. Japan fordert das Jahr 2007 als Ausgangsbasis. 1990 käme Deutschland zu Gute, weil damals noch die Umweltbelastungen aus DDR-Zeiten zu spüren waren.

Japan bleibt bei OEF aktiv

Die Kanzlerin, die nach ihrem dreitägigen China-Aufenthalt am Mittag in der japanischen Hauptstadt gelandet war, begrüßte auch Abes Ankündigung, sich weiter an der internationalen Anti-Terror-Operation Enduring Freedom zu beteiligen. Japanische Schiffe hatten in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang die deutschen Schiffe betankt, die am Horn von Afrika die internationalen Seewege sichern. Wegen dieser Zusage steht der innenpolitisch angeschlagene Abe unter zusätzlicher Kritik.

Besuch "gerade noch rechtzeitig"

Durch den Besuch Merkels erhofft sich die deutsche Wirtschaft neue Impulse im Japan-Geschäft. In die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde mit 128 Millionen Einwohnern exportiert die deutsche Wirtschaft verhältnismäßig wenig Waren. In der Rangliste der wichtigsten Exportländer für die deutsche Wirtschaft liegt Japan nur auf Platz 16 und damit weit hinter China. Japan zeigte ein Interesse an einem Freihandels-Abkommen mit der EU. Merkel reagierte zurückhaltend.

In Merkels Delegation hieß es dennoch, der Besuch erfolge gerade noch rechtzeitig. Mit einiger Sorge wird betrachtet, dass die USA sich immer stärker dem pazifischen Raum zuwenden. Europa verliert dort immer mehr an Einfluss. Indikator ist dafür auch, dass der deutsche Export nur zum einem Prozent nach Japan geht. Merkel will in den kommenden Tagen wenigstens zeigen, dass Europa aber weiter ein Interesse an der Region hat.

Quelle: ntv.de

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