Abgang in allen Ehren 3,5 Millionen für Rauscher
20.07.2007, 07:10 UhrDer nach einer Serie von Pannen zurückgetretene Deutschlandchef des Vattenfall-Konzerns, Klaus Rauscher, erhält zum Abschied einen satten "goldenen Handschlag". Das berichtet die "Berliner Zeitung".
Nach Informationen des Blattes bekommt Rauscher von Vattenfall insgesamt noch rund 3,5 Millionen Euro. Die Summe ergibt sich, weil Rauschers Vertrag als Vorstandschef vor anderthalb Jahren um fünf weitere Jahre verlängert worden war. Sein Jahressalär belaufe sich auf rund eine Million Euro.
Die verbleibenden dreieinhalb Jahre nach seinem Ausscheiden werden dem Energie-Manager, gemäß den heutigen Gepflogenheiten in den Chefetagen der Wirtschaft, von Vattenfall ausgezahlt, erfuhr die "Berliner Zeitung" nach eigenen Angaben aus informierten Kreisen. Der Sprecher des Vattenfall-Konzerns, Martin May, lehnte jede Stellungnahme zu dem Vorgang ab.
Erst am Montag hatte sich Vattenfall von Atomsparten-Chef Bruno Thomauske getrennt. Außerdem war Konzernsprecher Johannes Altmeppen zurückgetreten.
Neue Panne in Brunsbüttel
Am 28. Juni waren die Meiler Krümmel und Brunsbüttel nach Pannen per Schnellabschaltung vom Netz gegangen. Das AKW Krümmel liefert seitdem keinen Strom.
Aus dem ebenfalls abgeschalteten AKW Brunsbüttel wurde eine neue Panne gemeldet: Kontrollen von Dübelverbindungen im Nachkühlsystem ergaben zu große Bohrungen in Halterungsplatten. Mit ihnen werden Rohrleitungen befestigt. Durch die Leitungen fließt Kühlwasser. Das Kraftwerk bleibt bis zum Abschluss der Prüfungen und der bereits begonnenen Instandsetzungsarbeiten abgeschaltet. Der Reaktor war schon wegen Ölwechsels in einem Transformator seit Mittwoch vom Netz.
Krümmel und Brunsbüttel sind nicht allein
Naturschützer haben inzwischen gleichrangige Fälle im baugleichen bayerischen Atomkraftwerk Gundremmingen aufgelistet. "Die Methode des Tricksens und Vertuschens ist auch in Bayern üblich", sagte der Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern, Hubert Weiger, in München. Die Parallelen im Umgang mit Vorfällen mit dem baugleichen Reaktor Krümmel seien bestürzend, Vorfälle würden teils erst verspätet und unzureichend gemeldet und öffentlich gemacht, Mängel würden nicht sofort beseitigt. Allein in diesem Jahr gab es in den fünf bayerischen Reaktoren demnach 16 meldepflichtige Ereignisse.
Erst im Mai dieses Jahres war laut Naturschutzbund in Gundremmingen ein undichtes Brennelement entdeckt worden, das erst elf Tage später gemeldet und zwei Monate später ausgetauscht wurde. Bei dem Brennelementewechsel im Juli seien dann - ohne weitere eigene Meldung - zwei weitere undichte Elemente hinzugekommen. Der Kraftwerksbetreiber RWE wies die Vorwürfe zurück: "Wir haben die Meldung über ein eventuell defektes Brennelement fristgerecht an die Behörde weitergegeben", sagte ein Sprecher. Die Frist betrage fünf Tage. "Von Vertuschen oder Täuschen kann keine Rede sein."
Weiger verlangte erneut eine sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke - dies sei vom Energiebedarf her machbar. "Das einzige sichere Atomkraftwerk ist das stillgelegte Atomkraftwerk." Die Vorgänge in Krümmel, aber auch fast alle Reaktorkatastrophen von Harrisburg bis Tschernobyl hätten gezeigt, dass das Hauptproblem menschliches Versagen sei. Die Risikostudie der Bundesregierung bewerte aber nur technisches Versagen.
"Verbraucher sollten ihre Macht nutzen"
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel erneuerte seinen Appell, "ältere und gefährlichere Kernkraftwerke abzuschalten und auf jüngere und sicherheitsoptimierte Meiler zu übertragen". Den Kunden der Konzerne mit alten Anlagen legte er den Wechsel zu anderen Anbietern nahe. Sollten die Energieversorger gefährliche Altmeiler nicht dauerhaft vom Netz nehmen, könnten die Verbraucher "ihre Macht nutzen", sagte er dem "Tagesspiegel". "Je mehr Kunden zu Anbietern wechseln, die auf Atomkraft verzichten und den Strom aus erneuerbaren Energien beziehen, desto besser."
Quelle: ntv.de