Steuerzahlerbund schimpft "30 Mrd. Euro verschwendet!"
01.10.2002, 12:39 UhrFür Bausünden, Lustreisen von Amtsträgern und "Schildbürger-Streiche" werden nach Auffassung des Bundes der Steuerzahler auch in diesem Jahr in Deutschland wieder rund 30 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern verschwendet. Bei der Vorstellung des so genannten Schwarzbuchs des Steuerzahler-Bundes sagte Verbandspräsident Karl Heinz Däke am Dienstag in Berlin, so lange sich Behörden einen derart unwirtschaftlichen Umgang mit Steuergeldern leisten würden, könne niemand sagen, die Staatskassen seien leer.
Statt über Steuererhöhungen zu reden, solle die Politik die Haushalte nach überflüssigen Ausgaben durchforsten und Einsparpotenziale nutzen, forderte Däke. "Wir schätzen, dass fünf Prozent der Staatsausgaben verschwendet werden", so Däke. Dies entspreche einer Summe von 30 Mrd. Euro bei Staatsausgaben von insgesamt 611 Mrd. Euro, heißt es im jüngsten Schwarzbuch.
Rechnungshof gibt Contra
Der Präsident des Bundesrechnungshofs, Dieter Engels, wies die Schätzungen als unseriös zurück. Die Zahl sei ungefähr zehn Mal höher als nachvollziehbar, sagte Engels in Bonn. Er habe nie Belege für die hohen Schätzungen gefunden. Der Rechnungshof versuche Jahr für Jahr in seriösen Ermittlungen der Verschwendung von Behörden auf die Spur zu kommen. Eine handfeste Größe seien etwa 2,5 bis 3 Milliarden Euro.
Weiter sagte Engels, er sei auch nicht dafür, bei öffentlicher Verschwendung sofort mit einem Ankläger zu drohen und einen Straftatbestand der Amtsuntreue einzuführen. Juristische Auseinandersetzungen könnten Einsparungen auch verkomplizieren.
Beispiele der Verschwendung
Der jährlich erscheinende Bericht listet eine Vielzahl von zweifelhaften Ausgaben der öffentlichen Hand in Bund, Ländern und Gemeinden auf. So hat das Umweltbundesamt nach dem Bericht einen "Leitfaden für die Besucher der Antarktis" herausgegeben, der zumeist selbstverständliche Verhaltenstipps beinhaltet hab. Es dürfe kein Sprengstoff mitgeführt werden, auch seien die klimatischen Bedingungen am Pol außerordentlich harsch, hieß es in dem Leitfaden. Die Kosten für das nur wenigen Touristen hilfreiche Projekt bezifferte Däke auf gut 1.000 Euro.
Andere kritisierte Vorhaben kosteten den Steuerzahler laut Schwarzbuch weitaus mehr Geld. Das Land Brandenburg habe 159 Mio. Euro zur Förderung der Rennstrecke Lausitzring ausgegeben, dessen Betreibergesellschaft mittlerweile pleite ist. Das Bundeskriminalamt steckte dem Schwarzbuch zufolge in den letzten zehn Jahren rund 60 Mio. Euro in ein Fahndungscomputernetz, das immer noch nicht läuft.
Der BdSt erneuerte seine Forderung nach Einführung eines Straftatbestandes für den verschwenderischen Umgang mit Steuergeldern. Amtsuntreue müsse durch einen eigenen Amtsankläger verfolgt werden, verlangte Däke. Der könne zum Beispiel auf Basis der Rechnungshofberichte tätig werden. Unterstützung für das Anliegen erwartet der BdSt aus Brüssel. Die EU-Kommission plane den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft und wolle einen Europäischen Staatsanwalt einsetzen. Dieser Vorschlag führe in die richtige Richtung.
Quelle: ntv.de