Gaza-Streifen abgeriegelt 800.000 ohne Strom
21.01.2008, 07:15 UhrNach der Stromabschaltung für rund 800.000 Palästinenser im Gazastreifen haben sich Israel und die Palästinenser gegenseitig die Schuld zugewiesen. Die Palästinenserführung sprach von einer "kollektiven Bestrafung", mit der Israel gezielt die vor einer Woche begonnenen Friedensgespräche zu Fall bringen wolle. Israels Außenministerin Zipi Liwni wies den Vorwurf zurück. Zu Beginn der Verhandlungen sei von Anfang an klar gewesen, dass der Wunsch nach einem Frieden Hand in Hand gehe mit dem Kampf gegen den Terrorismus, um Sicherheit für Israels Bürger zu schaffen. Nach den Worten von Ministerpräsident Ehud Olmert wird die Blockade des Gazastreifens aufgehoben, wenn Israel nicht mehr mit Raketen beschossen wird.
Übertreibung oder Krise?
Israel hatte am Freitag als Reaktion auf den fortwährenden Beschuss durch militante Palästinenser alle Grenzübergänge zum Gazastreifen geschlossen und eine vollständige Blockade verhängt. Am Sonntagabend brach dann nach palästinensischen Angaben für 800.000 Einwohner die Stromversorgung zusammen. Der Leiter des Kraftwerkes, Rafik Maliha, machte dafür ausbleibende Lieferungen von Dieselkraftstoff aus Israel verantwortlich. Israel bestreitet das. Olmert warf der radikal-islamischen Hamas-Organisation vor, die Lage zu übertreiben. Israel werde eine humanitäre Krise im Gazastreifen nicht zulassen. Gleichzeitig betonte er bei einem Treffen mit dem niederländischen Außenminister Maxim Verhagen, es könne nicht sein, dass das Leben im Gazastreifen normal weitergehe, während militante Palästinenser dauernd das israelische Grenzgebiet beschießen.
Nach Darstellung der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas sollen bereits fünf Krankenhauspatienten gestorben sein. Abwasser flutete in Gaza Straßen. Nach Angaben der britischen Hilfsorganisation Oxfam International wird spätestens an diesem Dienstag die letzte von 122 Wasserpumpen ausfallen. Es bestehe dann eine akute Gefährdung der öffentlichen Gesundheit.
Keine Kollektivstrafe
EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner kritisierte die Unterbrechung von Treibstofflieferungen aus Israel in den Gaza- Streifen. "Ich habe deutlich gemacht, dass ich gegen diese kollektive Bestrafung der Bevölkerung des Gaza-Streifens bin", erklärte die Kommissarin in Brüssel. Sie forderte die israelischen Stellen auf, die Treibstofflieferungen wieder aufzunehmen und die Grenzübergänge wieder für humanitäre und kommerzielle Transporte zu öffnen. "Weder die Blockade noch die kürzlichen Militärschläge können den Raketenbeschuss verhindern", heißt es. Die Arabische Liga forderte den UN-Sicherheitsrat auf, sich sofort einzuschalten, um eine humanitäre Krise zu verhindern.
Der Bürochef von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Rafik Husseini, warf Israel vor, gezielt die Friedensverhandlungen zu Fall bringen zu wollen. Israel wolle diese Gespräche nicht selbst absagen, sondern die Palästinenser dazu bringen. Husseini schloss zugleich einen Rücktritt von Abbas aus. "Der Präsident prüfe seine Optionen, aber ein Rücktritt gehöre nicht dazu", sagte er.
Israels Außenministerin Liwni wies den Vorwurf zurück. Israel werde sich weiterhin mit den moderaten Palästinenserführern verständigen, aber sich zugleich auch gegen den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen zur Wehr setzen. Israel werde während der Friedensverhandlungen einen klaren Unterschied zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland machen. Die Palästinenser müssten verstehen, dass man politisch nicht vom Terror profitieren könne.
Bei einem Feuergefecht mit israelischen Soldaten wurde am Montag in der Stadt Tulkarem im nördlichen Westjordanland ein militanter Palästinenser getötet.
Quelle: ntv.de