Politik

Oettinger lobt "strenge Standards" AKW-Stresstests ab 1. Juni

Oettinger wollte mehr, ist mit dem Kompromiss aber zufrieden.

Oettinger wollte mehr, ist mit dem Kompromiss aber zufrieden.

(Foto: AP)

Nach wochenlangem Streit über Sicherheitsstandards sollen nun erstmals alle Atomkraftwerke in Europa einheitlich überprüft werden. Terrorismus-Risiken werden allerdings nicht berücksichtigt, dies sei "Sache der inneren nationalen Sicherheit", so EU-Kommissar Oettinger. In nationaler Verantwortung liegen auch mögliche Konsequenzen aus den freiwilligen Tests.

In der Europäischen Union werden erstmals alle Kernkraftwerke einheitlich auf ihre Sicherheit getestet. Die sogenannten Stresstests starten bereits in der kommenden Woche, am 1. Juni. Getestet werde die Sicherheit der Kraftwerke im Fall von Naturkatastrophen sowie Flugzeugunglücken, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger in Brüssel. Dagegen sind die lange umstrittenen Terroranschläge nicht inbegriffen. Oettinger sprach dennoch von "strengen Standards".

Gefahren durch Terroranschläge seien "Sache der inneren nationalen Sicherheit", so Oettinger. Es sei zu respektieren, wenn Mitgliedsstaaten ihre "Karten nicht aufdecken" wollten. Mit der Problematik werde sich aber eine Arbeitsgruppe befassen. Oettinger betonte, dass auch Entscheidungen über eine weitere Nutzung der Atomkraft "unverändert Sache der nationalen Parlamente und Regierungen" und nicht der europäischen Ebene seien.

Nach langem Streit Kompromiss gefunden

Über die Kriterien und den Umfang hatten die Staaten wochenlang gestritten. Die auf Atomkraft setzenden EU-Mitgliedsländer, allen voran Großbritannien und Frankreich, lenkten schließlich ein. Der Test betrifft alle 143 Reaktoren in der EU, aber auch solche Kernkraftwerke, die erst in der Planung sind.

Deutschland hat seine Reaktoren bereits geprüft, diese Tests müssen nicht wiederholt werden. Wenn ein Werk durchfällt, müsste es nachgerüstet oder abgeschaltet werden. Dies liegt aber in der Verantwortung der einzelnen Staaten, sagte Oettinger: "Dies ist nicht mein Auftrag."

In der EU setzen 14 von 27 Staaten auf Nuklearenergie. Bisher gibt es keine vergleichbaren Überprüfungen in Europa. Die Teilnahme an den sogenannten Stresstests ist zwar freiwillig, doch die EU-Kommission erwartet, dass alle Atomkraftwerke in Europa Teil der Prüfung sein werden. Im Frühjahr 2012 soll die EU-Kommission erste Ergebnisse veröffentlichen.

Faktor Mensch wird berücksichtigt

Die Stresstests sollen Lehren aus der Atomkatastrophe in Fukushima ziehen, wo es durch Erdbeben und Tsunami zu Beschädigungen und Kernschmelzen gekommen ist.

Die Stresstests sollen Lehren aus der Atomkatastrophe in Fukushima ziehen, wo es durch Erdbeben und Tsunami zu Beschädigungen und Kernschmelzen gekommen ist.

(Foto: dpa)

Zu den Testkriterien gehören Erdbeben und Überschwemmungen, die im japanischen Fukushima den Nuklearunfall ausgelöst hatten, sowie Kälteeinbrüche oder Hitzewellen. Aber auch vom Menschen verursachte Katastrophen wie ein Flugzeugabsturz oder ein Tankerunfall sind eingeschlossen. "Mir war wichtig, dass der Mensch bei unseren Tests nicht außen vor bleibt", sagte Oettinger. "Wir haben einen ganz wichtigen Schritt erreicht, indem wir erstmals überhaupt europäisch und nicht nur national die Sicherheit unserer über 140 Kernkraftwerke überprüfen", sagte er im Deutschlandfunk.

Oettinger und die Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten hatten sich am Dienstag auf die Vorgaben zur Überprüfung der europäischen Meiler geeinigt. Die Tests sollen nach Angaben des Energiekommissars möglichst bis Dezember abgeschlossen sein. Oettinger hatte zuletzt auf eine möglichst umfassende Prüfung gedrungen, die neben Naturkatastrophen und Unfällen auch Terroranschläge voll berücksichtigen sollte. Dagegen sträubten sich jedoch insbesondere Frankreich und Großbritannien. An Oettingers Seite stand insbesondere Österreich. Auch das in Deutschland federführende Bundesumweltministerium unterstützte nach Regierungsangaben Mai die Einbeziehung von menschlichen Risiken einschließlich des Terrorismus.

Die Tests sollen einem früheren Kompromisspapier zufolge von den Betreibern der Atomkraftwerke vorgenommen und durch die nationalen Behörden überprüft werden. Danach sollten Experten aus anderen Mitgliedstaaten die nationalen Prüfungen kontrollieren, um Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit zu gewährleisten.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen