Spitzeln die Briten im Regierungsviertel? Auswärtiges Amt stellt Botschafter zur Rede
05.11.2013, 16:49 Uhr
Was treibt der britische Geheimdienst auf dem Dach der Botschaft in Berlin? Berichte über mögliche Abhöraktionen sorgen für erhebliche diplomatische Verstimmungen. Das Auswärtige Amt versucht in der Affäre nun Antworten zu bekommen.
Außenminister Guido Westerwelle hat den britischen Botschafter in Berlin ins Auswärtige Amt geladen. Er sieht Gesprächsbedarf wegen der neuen Spionage-Vorwürfe, die zuvor bekanntgeworden waren. Das Ministerium teilte mit, Botschafter Simon McDonald sei zu einer Stellungnahme zu dem Bericht des "Independent" gebeten worden, wonach der Geheimdienst GCHQ einen Horchposten auf dem Dach der britischen Botschaft in Berlin betreibt.
McDonald sei darauf hingewiesen worden, "dass das Abhören von Kommunikation aus den Räumlichkeiten einer diplomatischen Mission ein völkerrechtswidriges Handeln wäre". Das Auswärtige Amt drückte dem Briten damit zwar seine Missbilligung aus, vermied aber eine förmliche Einbestellung, die eine deutlich schärfere Kritik bedeutet hätte. Westerwelle überließ das Gespräch einem Beamten.
Der "Independent" hatte berichtet, auf der britischen Botschaft befinde sich ein zylinderförmiger Aufbau, der einer Abhörstation ähnlich sehe. Der Geheimdienst GCHQ betreibe ein ganzes Netz solcher elektronischer Horchposten in seinen Botschaften weltweit.
Offiziell gab es für die Abhör-Aktion zunächst keine Bestätigung. Der Botschafter selbst schwieg. Sein Sprecher William Gatward sagte: "Wir können zu geheimdienstlichen Aktivitäten keine Auskunft geben." Der britische Premierminister David Cameron verweigert den Partnern innerhalb der EU schon länger Informationen über die Spionage-Aktivitäten seines Landes.
Der "Independent" stützt sich auf Dokumente, die von dem amerikanischen Ex-Geheimdienstler Edward Snowden stammen. Der "Whistleblower" hat inzwischen vorübergehend Asyl in Russland erhalten. In Deutschland gibt es seit den Enthüllungen über eine jahrelange Abhör-Aktion gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Debatte, ob Snowden hier eine Aufenthaltserlaubnis bekommen soll. An diesem Mittwoch beschäftigt sich das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags mit dem Thema.
Quelle: ntv.de, rts/dpa