Drei Milliarden drauf Acht Punkte gegen Klimawandel
26.04.2007, 09:43 UhrMit einem drei Milliarden Euro teuren Acht-Punkte-Plan will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel den Klimaschutz in Deutschland drastisch vorantreiben. "Wir sollten uns das Ziel setzen, Deutschland zur energieeffizientesten Volkswirtschaft der Welt zu machen", sagte der SPD-Politiker in einer Regierungserklärung im Bundestag.
"Nur mit einer ambitionierten Steigerung der Energieeffizienz und dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien können wir die Klimaschutzziele erreichen", so Gabriel weiter. Der Stromverbrauch müsse sinken und der Anteil an Öko-Energien ausgebaut werden. Die Union bekräftigte die Forderung nach weiterem Einsatz der Atomkraft. "Natürlich werden wir darüber auch weiter lustvoll streiten", sagte Gabriel dazu.
"Es kann nicht so weitergehen wie bisher"
Die Opposition warf Gabriel vor, die Klimaschutzanstrengungen reichten nicht. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von Trippelschritten. "Wir können und dürfen weder Wirtschaft noch Verbraucher suggerieren, dass man so weiterleben könnte wie bisher."
Linksfraktionschef Gregor Gysi mahnte mehr Gütertransport auf der Bahn an und kritisierte die Bahn-Privatisierung. Die FDP monierte, es fehle ein Konzept für die Exportförderung von Solartechnik. In der Wüste in Afrika liefen weiter Dieselgeneratoren.
Scharfe Kritik kam auch von Greenpeace. "Diesen Maßnahmenkatalog haben wir schon viel zu oft gehört, es wird langsam langweilig. Was wir vermissen, sind Aussagen dazu, was die Regierung konkret tut", sagte Roland Hipp von Greenpeace.
Bundesregierung peilt 40 Prozent CO2-Reduzierung an
Die Bundesregierung will den Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Die EU-Staaten hatten eine Senkung um 30 Prozent vereinbart, wenn andere Industriestaaten mitziehen. Der Stromverbrauch soll nach Gabriels Plänen um elf Prozent zurückgehen, der Energieverbrauch durch Gebäudesanierung und wirtschaftlichere Heizungsanlagen deutlich sinken. Der Anteil alternativer Energien aus Sonne, Wind und Biomasse an Strom- und Wärmeerzeugung müsse drastisch steigen. Auch der Verkehr soll weniger Treibhausgase verbrauchen.
Mit diesen Maßnahmen könnten bis 2020 rund 270 Millionen Tonnen CO2 gespart werden. Gabriel räumte ein, dass Deutschland im vergangenen Jahr bei der Senkung des CO2-Ausstoßes leicht zurückgefallen sei. Er appellierte an die Bürger, etwa mit kurzem, kräftigem Lüften Heizenergie zu sparen und Elektrogeräte mit Stand-by-Schaltungen nachts abzuschalten. "Energie sparen ist so einfach und lohnt sich."
Geringere Mehrwertsteuer für Bahntickets
Der Umweltminister will die Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr halbieren. "Die Bahn hat von allen Verkehrsträgern die beste Klimabilanz", sagte Gabriel. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn begrüßte die Pläne und kündigte an, die Entlastung "im vollen Umfang" an die Kunden weiterzugeben.
Neun neue Kohlekraftwerke bis 2012
Allerdings setzt Gabriel weiter auf Kohlekraftwerke. "Wir können bis auf weiteres auf den Einsatz von Kohle für die Stromerzeugung nicht verzichten", sagte er. Bis 2012 seien drei große Braunkohle-, sechs Steinkohle- und sieben Gaskraftwerke in Planung. Dieser Ersatz für ineffiziente Anlagen bringe eine massive Entlastung von Treibhausgasen.
Greenpeace wies diese Darstellung zurück. Kohlekraftwerke seien "die schlimmsten Klimakiller". Der Bundesumweltminister habe "einmal mehr deutlich gemacht, dass er vor den Kohlekraftwerksbetreibern kniet". Das beste Braunkohlekraftwerk stoße "immer noch dreimal mehr CO2" aus als ein modernes Gaskraftwerk.
Beim Emissionshandel seien bisher zu viele Verschmutzungsrechte kostenlos verteilt worden, so dass der Preis der Zertifikate nur bei 61 Cent liege, sagte Gabriel. Er schloss nicht aus, dass nach 2012 zehn Prozent der Rechte versteigert werden könnten. Dies fordert die Union. Das müsse der Bundestag entscheiden, sagte Gabriel. Er rief die Wirtschaft dazu auf, ihre Anstrengungen bei der Energieforschung zu verstärken. Die Klimaschutzziele bedeuteten nichts weniger als einen grundlegenden Umbau der Industriegesellschaft.
Die Unions-Fraktion will eine Initiative für mehr Energieeffizienz starten. Eine Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes sei ohne Atomenergie nicht möglich, sagte Fraktionsvize Katherina Reiche (CDU). Zudem müsse das Förderprogramm zur Gebäudesanierung nach 2009 weitergehen und die Kennzeichnung für Haushaltsgeräte verbessert werden.
Quelle: ntv.de