Politik

"Alles ist möglich" Ackern in Iowa

Startschuss zu einem langen Wahljahr in den USA: Wenige Stunden vor der ersten Kür der Präsidentschaftskandidaten im Bundesstaat Iowa hat sich Umfragen zufolge bei Demokraten und Republikanern ein Kopf-an-Kopf-Rennen abgezeichnet. In einer letzten Anstrengung zur Mobilisierung seiner Anhänger sagte der schwarze demokratische Senator Barack Obama (46): "Alles ist möglich." Das "Wall Street Journal" bezeichnete die diesjährige Präsidentenwahl als einen "epochalen Kampf" und als "das offenste Rennen seit 1980".

Die demokratische Senatorin und Ex-First-Lady Hillary Clinton (60), meinte, alles komme nun darauf an, dass die Parteimitglieder trotz eisiger Temperaturen am Donnerstagabend (Ortszeit) tatsächlich zu den Wahlversammlungen gehen. Auch im Zweikampf zwischen den republikanischen Ex-Gouverneuren Mitt Romney (60) und Mike Huckabee (52) war laut Umfragen kein klarer Sieger erkennbar. Romney machte bereits deutlich, dass er auch mit einem zweiten Platz hinter dem Baptistenprediger Huckabee zufrieden sein könnte.

Iowa gibt Rückenwind

Kommentatoren sprechen von dem spannendsten Rennen in Iowa seit Jahrzehnten. Der Fernsehsender CNN berichtete, fast die Hälfte der möglichen Wähler sei noch unentschlossen. Ein Sieg in dem kleinen Agrarstaat hat vor allem symbolische Bedeutung für die bevorstehenden Vorwahlen. Zwar gilt Iowa mit seinen lediglich drei Millionen Einwohnern ansonsten als politisch wenig einflussreich. Doch heißt es: Wer bei der Abstimmung vorne liegt, erhält Rückenwind und weitere Wahlkampfspenden. Offiziell werden die Kandidaten erst bei Parteitagen Ende August/Anfang September gekürt, bevor am 4. November ein neuer US-Präsident gewählt wird. Präsident George W. Bush kann nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten.

Die Wahlversammlungen in Iowa, auch "Caucus" genannt, gelten als ein Stück Basisdemokratie in den USA. Dabei kommen die Parteimitglieder und andere Anhänger in 1781 Versammlungslokalen zusammen. Das Verfahren ist überaus kompliziert, unabhängige Abstimmungswillige können der Partei sofort beitreten. Die Versammlungen beginnen um 19.00 Uhr Ortszeit (02.00 Uhr MEZ). Erste Ergebnisse wollten die Parteien am Abend (Ortszeit/Freitagmorgen MEZ) bekanntgeben.

Die oder der Erste

Clinton machte klar, dass sie auch im Falle einer Niederlage gegen Obama bis zum 5. Februar weiter kämpfen würde. Am 5. Februar, dem "Super Dienstag", gibt es in zahlreichen Staaten Vorwahlen, darunter in den wichtigen und bevölkerungsreichen Bundesstaaten Kalifornien und New York. Die nächste Runde findet bereits am 8. Januar in New Hampshire statt. Obwohl einzelne Bundesstaaten noch bis Anfang Juni Primaries oder Caucuses abhalten, dürften die Präsidentschaftskandidaten der beiden großen Parteien spätestens im Februar feststehen.

Falls Hillary Clinton nominiert wird, hätte sie Chancen, als erste Präsidentin der Geschichte ins Weiße Haus einzuziehen. Dagegen könnte Obama erster schwarzer Präsident in Washington werden. Ausdrücklich warnte dieser seine Anhänger vor der Annahme, es sei zu früh für einen Afroamerikaner im Weißen Haus: "Unsere Zeit ist gekommen."

Clinton, die noch vor Wochen als klare Favoritin unter den Demokraten galt, hat sich im Wahlkampf vor allem als erfahrene und kompetente Politikerin zu profilieren versucht, allerdings haftet ihr die Aura des "eiskalten Politprofis" an. Kritiker werfen der Senatorin vor, dass sie vor Jahren für den Irakkrieg gestimmt hatte. Obama gilt dagegen als Neuerer und Visionär, der in Washington einen echten Kurswechsel herbeiführen könnte. Der zuweilen populistische demokratische Ex-Senator John Edwards präsentiert sich vor allem als "Klassenkämpfer", der gegen die Macht der Großkonzerne kämpft.

Schneeschippen, Babysitter und Marathon-Tour

Umfragen sehen den dritten aussichtsreichen Bewerber allerdings nur knapp hinter Obama und Clinton: John Edwards, der vor vier Jahren als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten angetreten war, ist auf einer 36-Stunden-Tour durch Iowa, um das Ruder kurz vor den Urwahlen noch herumzureißen. Clinton ließ von ihren Helfern Schneeschippen verteilen, um ihren Anhängern den Weg zum nächsten Caucus zu bahnen. Obama bietet im Internet einen Babysitter-Service an.

Giuliani hat Iowa abgeschrieben

Den republikanischen Bewerbern dagegen bläst laut Umfragen der Wind landesweit ins Gesicht. Präsident Bush und sein Erbe des Irakkrieges gelten als schweres Handicap für die Konservativen. Zwischen Romney und Huckabee könnte es ein "totes Rennen" geben, bei dem es weder klare Sieger noch eindeutige Verlierer gibt. Wie die drei Demokraten ist auch Romney noch in der bitteren Kälte von Iowa unterwegs. Huckabee flog dagegen nach Kalifornien, um in der "Tonight Show" von Jay Leno aufzutreten.

Der frühere Baptistenprediger ist die Überraschung des Vorwahlkampfes. In Umfragen dümpelte Huckabee lange im einstelligen Bereich, auch beim Spendensammeln war Romney sehr viel erfolgreicher. In einigen landesweiten Umfragen hat Huckabee Romney inzwischen aber bereits überholt.

New Yorks früherer Bürgermeister Rudolph Giuliani, der in landesweiten Umfragen - noch - führt, hat Iowa dagegen abgeschrieben. Der liberale Giuliani gilt in dem konservativen Agrarstaat ohnehin als chancenlos. Er konzentrierte seinen Wahlkampf deshalb auf New Hampshire. Auch John McCain, der sich bereits um die Präsidentschaft 2000 beworben hatte, hofft auf einen Erfolg in New Hampshire.

Quelle: ntv.de

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