"Militäreinsatz führt nur zu Eskalation" AfD-Mann Gauland lobt Merkels Syrien-Kurs
14.09.2013, 11:17 Uhr
Alexander Gauland ist einer der drei stellvertretenden Sprecher der AfD. Das Amt entspricht dem eines Vizevorsitzenden in anderen Parteien.
(Foto: imago stock&people)
Die Euro-Politik von Bundeskanzlerin Merkel kritisiert die AfD scharf, ihre Syrien-Politik jedoch müsse man loben, sagt Alexander Gauland, einer der Vize-Chefs der Anti-Euro-Partei. Zugleich betont er: "Die USA sind ein entscheidender Anker in unserer Sicherheitsarchitektur."
n-tv.de: Sie haben vor elf Jahren geschrieben, es gebe keine konservative Außenpolitik, sondern nur richtige oder falsche Außenpolitik. Sehen Sie das heute noch so?
Alexander Gauland: Ja. Konservativ hat zunächst nichts mit Außenpolitik zu tun. Ich habe als konservativ immer das verstanden, was der große Denker Edmund Burke ...
... der als Begründer des Konservatismus gilt, ...
... in seiner Schrift über die Französische Revolution versucht hat darzustellen. Da ging es nicht um Außenpolitik, da ging es um die Frage, wie man die Gesellschaft formuliert: Was muss man bewahren? Was kann man reformieren? Was muss man tun, damit die Menschen nicht plötzlich in eine Situation kommen, in der sie nur noch eine Revolution als Ausweg sehen, weil sie mit dem, was der Staat leistet, nicht mehr zufrieden sind? Mit Außenpolitik hat das nichts zu tun.
Mit Blick auf Syrien haben Sie sich gegen Militärschläge ausgesprochen. Sie müssten die Bundesregierung eigentlich jetzt ausführlich loben.
Ich bin kein Pazifist, aber in diesem Fall bin ich gegen den Einsatz von Gewalt. Afghanistan, Somalia und Irak haben gezeigt, dass der Einsatz von westlichen Soldaten in zerrissenen Stammesgesellschaften nur zu einer Eskalation führt. Bundeskanzlerin Merkel schaut für meinen Geschmack allerdings zu sehr nach allen Seiten, ob sie es auch nur ja allen Recht macht. Aber ich gebe zu: Wenn die Kanzlerin sich von der Linie der Amerikaner absetzt, dann ist das zu loben.
Gehört zu einer konservativen Außenpolitik heute in Deutschland nicht doch die transatlantische Solidarität?
Das ist die Grundlage unserer Außenpolitik, aber ich würde das nicht konservativ nennen. Die USA sind ein entscheidender Anker in unserer Sicherheitsarchitektur, das Bündnis mit Amerika ist für uns sehr wichtig. Da das schon seit Jahrzehnten so ist, können Sie natürlich sagen, das ist konservativ. Aber ich würde den Begriff konservativ doch lieber im gesellschaftlichen Bereich lassen. Ja, ich weiß, historisch galt Metternich als konservativer Außenpolitiker, aber er war im Grunde genommen ein Gleichgewichtspolitiker, ein vorsichtiger Diplomat. Der Begriff konservativ ist ja ein Gegenbegriff zu liberal und sozialistisch. Ich finde, es gibt auch keine liberale oder sozialistische Außenpolitik.
Wo ziehen Sie eigentlich die Grenze nach rechts? Die Frage, ob jemand in der Wochenzeitung "Junge Freiheit" schreibt oder spricht, wird von manchen als Indikator herangezogen, ob er diese Grenze überschritten hat.
Ich ziehe die Grenze nach rechts dort, wo Rassismus und extremer Nationalismus das Denken und Handeln bestimmen. In der "Jungen Freiheit" steht, wie in jeder Zeitung, Kluges und weniger Kluges. Ich empfinde diese Zeitung nicht als "rechtskonservativ", wie sie oft genannt wird - ich weiß auch gar nicht so genau, was das ist. Sie mag nationale Elemente haben, aber ich empfinde sie nicht als rechtsradikal. Das kann man an einem Punkt festmachen: In der "Jungen Freiheit" finden Sie immer wieder ein Lob des deutschen Widerstandes um Stauffenberg und Goerdeler. Das kann ich nicht rechtsnational oder populistisch finden. Insofern habe ich nicht das Gefühl, dass die "Junge Freiheit" eine Zeitung ist, mit der ich nicht reden sollte.
Um die Berliner AfD-Kandidatin Beatrix von Storch gibt es eine Kontroverse, weil sie fordert, Enteignungen aus den 1950er Jahren in der DDR rückgängig zu machen. Dazu propagiert sie ein sehr traditionelles Familienbild und lehnt die die Homo-Ehe sehr vehement ab. Wie stark stimmen Sie mit solchen Positionen überein?
Ich möchte mich nicht zu anderen Kandidaten äußern, grundsätzlich nicht. Ich weiß, dass Frau von Storch bestimmte Positionen sehr stark vertritt, sie setzt sich ja schon seit einigen Jahren dafür ein, dass das DDR-Unrecht rückgängig gemacht wird. Das ist eine legitime Position, aber die Partei hat einen breiten Korridor von Meinungen. Ich muss nicht mit allem übereinstimmen, was andere Mitglieder sagen, und Frau von Storch muss auch nicht mit allem übereinstimmen, was ich sage.
Sie haben vor elf Jahren, ebenfalls in Ihrem Buch "Anleitung zum Konservativsein", geschrieben: "Misslingt das europäische Projekt, wird sich die Welt von 1914 ganz wiederherstellen". Wäre das Ende des Euro nicht der erste Schritt auf diesem Weg?
Nein, das glaube ich eben nicht. Der Euro entwickelt sich inzwischen so, dass er das europäische Projekt gefährdet. Ich sehe eher die Gefahr der Spaltung, wenn wir an diesem Kurs festhalten: Dann könnten wir in eine Welt von 1914, weil die Gegensätze zwischen den einzelnen Staaten durch wieder zunehmen. Einen Krieg wird es dadurch natürlich nicht geben, aber die Länder Europas stehen mehr und mehr in unterschiedlichen Lagern mit unterschiedlichen Interessen. Das halte ich für falsch.
Inwiefern?
Nehmen wir ein plattes Beispiel: Als Bundeskanzler Konrad Adenauer in den fünfziger Jahren in Griechenland war, haben ihn sieben Polizisten beschützt. Das war zehn Jahre, nachdem wir den Griechen im Zweiten Weltkrieg sehr viel Übles angetan hatten. Jetzt brauchte Frau Merkel siebentausend Polizisten für ihren Schutz. Da stimmt doch etwas nicht, Europa ist offenbar keine größere Einheit geworden, sondern die Differenzen sind größer geworden. Das sehe ich als Gefahr.
Mit Alexander Gauland sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de