Politik

"Kein Druck auf Deutschland" Afghanistan-Mandat unverändert

Eine Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr auf den umkämpften Süden soll es nach dem Willen der Bundesregierung nicht geben. Dies sicherte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Bundestagsfraktionen zu. Über die Verlängerung des ISAF-Mandates zur militärischen Absicherung des Wiederaufbaus in Afghanistan und den Tornado-Einsatz will das Kabinett in der kommenden Woche entscheiden.

NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer hatte sich bei seinem Deutschlandbesuch am Donnerstag mit der Forderung nach Ausweitung des Bundeswehreinsatzes auf den Süden Afghanistans zurückgehalten. Es liege zwar im Interesse eines NATO-Generalsekretärs, beim Afghanistan-Einsatz möglichst wenig Einschränkungen und Vorbehalte der einzelnen Nationen zu haben. Aber "es gibt keinen Druck auf Deutschland, in den Süden zu gehen", versicherte er nach einem Gespräch mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Der NATO-Generalsekretär traf auch mit Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) zusammen. Merkel unterrichtete am Abend im Kanzleramt die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen über die Haltung der Regierung zur künftigen Afghanistan-Politik. Die FDP hatte das Treffen gefordert, um von Merkel persönlich Auskunft über unterschiedliche Positionen des Verteidigungsministeriums und des Auswärtigen Amtes zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu bekommen. Dabei geht es vor allem um die Frage, inwieweit die Bundeswehr außerhalb ihres Standortes im Norden eingesetzt werden kann.

Deutsche Position unverändert

Das Jung-Ressort ist strikt gegen eine Entsendung in den Süden, was im Außenministerium teilweise nicht ausgeschlossen worden war. Nach Bundestagsmandat und den NATO-Absprachen kann die Bundeswehr bereits jetzt zeitlich und personell begrenzt in anderen Regionen eingesetzt werden, wenn der Gesamteinsatz der internationalen Schutztruppe ISAF sonst gefährdet wäre. Steinmeier und Jung betonten, der Schwerpunkt des deutschen Einsatzes bleibe auch in Zukunft der Norden. "Unsere Position ist unverändert", sagte Jung.

FDP-Chef Guido Westerwelle berichtete nach der Unterrichtung der Fraktionen, Merkel habe zugesichert, dass es "keine qualitative Änderung des Mandats geben wird". Entscheidend sei dabei, dass es "keine Ausweitung des Kampfeinsatzes in den Süden geben wird". Er begrüßte, dass Merkel damit "klar der Aufforderung des NATO-Generalsekretärs widersprochen" habe. Westerwelle betonte, die Bundeswehr erfülle in Afghanistan bereits ihre Pflicht, "und die ist gefährlich genug".

Auch Linksfraktionschef Gregor Gysi berichtete von der Zusicherung der Bundesregierung, es bleibe "bei der Zuständigkeit für den Norden". Aus der Unterrichtung sei auch hervorgegangen, dass mit "einem sehr langen Aufenthalt in Afghanistan zu rechnen ist". Ein Ende sei überhaupt nicht in Sicht. Er bekräftigte die Ansicht seiner Partei, dass der Militäreinsatz in Afghanistan der falsche Ansatz sei.

Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer nannte es unbefriedigend, dass die Bundesregierung den aus seiner Sicht notwendigen Strategiewechsel in Afghanistan nicht ins Auge fasse. Die geplante Reduzierung der im Antiterrormandat "Operation Enduring Freedom" vorgesehenen Truppenobergrenze von 1.800 auf 1.400 nannte er "eine rein virtuelle Bewegung", denn faktisch sei diese Obergrenze nie ausgeschöpft worden. Die Grünen werden voraussichtlich wie im vergangenen Jahr gegen die Verlängerung von OEF stimmen. Bütikofer berichtete auch unter Berufung auf die Bundesregierung, dass es bislang keinerlei Anfrage von OEF zur Weitergabe von Daten gegeben habe, die die Tornados eingefangen haben.

Parlamentsentscheidung im November

Der Bundestag entscheidet im November über die Mandate für den Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch. Dabei ist wegen einer hohen Zahl ziviler Opfer besonders die Beteiligung am US-geführten Anti-Terror-Kampf umstritten. Die USA und NATO-Vertreter hatten Deutschland aufgefordert, Ausbilder in den Süden zu schicken, um die NATO-Truppen zu entlasten, die dort seit Monaten verstärkt von Taliban-Extremisten angegriffen werden.

Der operative Befehlshaber der Afghanistan-Schutztruppe ISAF, Egon Ramms, schlug vor, Deutschland könne sich aus dem Anti-Terror-Einsatz zurückziehen und stattdessen Spezialkräfte im Rahmen des NATO-Mandats zur Verfügung stellen. "Man kann sich dazu entschließen, sich ausschließlich der ISAF anzuschließen", sagte der deutsche NATO-General im ZDF. Eine solche Entscheidung vereinfache womöglich die Diskussion im Bundestag.

Das Mandat zum Anti-Terror-Kampf stößt in weiten Teilen der SPD, bei den Grünen und der Linkspartei auf scharfe Kritik. Die Grünen debattieren darüber auf einem Sonderparteitag am Samstag in Göttingen.

Quelle: ntv.de

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