Außenminister muss gehen Ahmadinedschad feuert Mottaki
13.12.2010, 15:56 Uhr
In der Atomfrage eindeutig, aber deeskalierend: Mottaki.
(Foto: REUTERS)
Nach fünf Jahren im Amt entlässt der iranische Präsident Ahmadinedschad den Außenminister Mottaki. Dieser erfährt auf einer Auslandsreise von seinem Rauswurf. Angeblich sollen sich beide wegen des Atomprogramms überworfen haben. Vorläufiger Nachfolger im Außenamt wird der Chef des Atomprogramms, Salehi.
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat überraschend Außenminister Manuschehr Mottaki entlassen. Vorläufig soll der Chef des iranischen Atomprogramms, Ali Akbar Salehi, das Ministerium leiten, wie die Nachrichtenagentur Irna berichtete. Mottaki galt eigentlich als loyaler Verbündeter des Hardliners Ahmadinedschad, soll aber jüngst im Atomstreit mit dem Westen vom offiziellen Standpunkt abgewichen sein.
Der Karrierediplomat Mottaki, der seit August 2005 Außenminister war, erfuhr bei einem offiziellen Besuch im Senegal von seiner Abberufung. "Ich danke Ihnen und schätze die Arbeit und die Dienste, die Sie in ihrer Zeit im Außenministerium geleistet haben", hieß es laut Irna in Ahmadinedschads Entlassungsschreiben.
In einer zweiten Direktive betraute der Staatschef den Chef des Atomprogramms, Salehi, vorübergehend mit dem Amt des Chefdiplomaten. "Auf Grund Ihres Engagements, Ihrer Kenntnisse und Ihrer kostbaren Erfahrung werden Sie ernannt, vorläufig an der Spitze des Außenministeriums zu stehen", hieß es in der Anordnung. Salehi ist zudem Vize-Präsident. Zuvor war er Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien.
Streit um Atomprogramm
Gründe für die Entlassung Mottakis wurden zunächst nicht bekannt. Der 57-Jährige galt in außenpolitischen Fragen als moderat und soll in den vergangenen Monaten mehrfach mit Ahmadinedschad über dessen Politik gestritten haben. Während die iranische Führung im Atomstreit auf ihr Recht zu einem Atomprogramm pocht und dies für "nicht verhandelbar" erklärt, sagte Mottaki vergangene Woche in Athen, es gebe "gewisse Positionen, in denen wir zusammenarbeiten können".
Während sich Mottaki offenbar wegen dieses aus Sicht der iranischen Führung möglicherweise aufgeweichten Standpunktes mit Ahmadinedschad überwarf, war der Atomphysiker Salehi in den vergangenen Monaten in den iranischen Medien scheinbar allgegenwärtig. Immer wieder verkündete er Fortschritte des umstrittenen Atomprogramms. Kritiker hatten Mottaki zudem vorgeworfen, er habe es nicht geschafft, UN-Sanktionen gegen sein Land wegen des Atomstreits zu verhindern.
Mottaki als Sündenbock

Ahmadinedschad (re) und Mottaki bei einer Konferenz in Moskau im Jahr 2009.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Seine Entlassung könnte nach Ansicht von Beobachtern auch im Zusammenhang mit den jüngsten Enthüllungen der Plattform Wikileaks stehen. Laut den US-Depeschen haben selbst Saudi-Arabien und Bahrain, zwei muslimische Nachbarn des Iran, die USA seit längerem aufgefordert, die Fortsetzung der iranischen Atomprogramme mit allen Mitteln, sogar militärischer Art, zu stoppen. Zwar nannte Ahmadinedschad die Enthüllungen wertlos. Offenbar sorgten sie aber doch für mehr Wirbel in der Regierung in Teheran, die wiederholt geäußert hatte, sie wolle ihre Beziehungen zu den muslimischen Nachbarn verbessern. Mottaki sei deswegen jetzt möglicherweise zum Sündebock gemacht worden.
Der Westen verdächtigt den Iran, unter dem Vorwand der zivilen Nutzung der Kernenergie Atomwaffen zu bauen. Teheran weist das zurück. Vor einer Woche nahm der Iran die Gespräche mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland über sein umstrittenes Atomprogramm wieder auf, die mehr als ein Jahr auf Eis gelegen hatten.
Atomgespräche müssen fortgesetzt werden
Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte, dass die Gespräche ungeachtet der Entlassung Mottakis fortgesetzt werden müssten. "Wir setzen darauf, dass die Gespräche, die gerade in Genf begonnen haben, fortgesetzt werden", sagte Westerwelle vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Die Regierungsumbildung im Iran dürfe nicht dazu führen, "dass es jetzt ein Unterbrechen oder ein Zögern bei den Gesprächen" gebe.
Wer Mottaki im Amt nachfolgt, ist unklar. Laut Gesetzgebung muss Ahmadinedschad dem Parlament Vorschläge zur Kabinettsumbildung unterbreiten. Sie muss von den Abgeordneten gebilligt werden.
Mottaki, der Sozialwissenschaften und internationale Beziehungen studiert hat, war vor seinem Amtsantritt als Außenminister Botschafter in der Türkei und in Japan und hatte mehrere Regierungsposten inne. Er war Generaldirektor im Ministerium für Westeuropafragen und Vize-Minister für Konsulatsangelegenheiten. Nach seiner Wahl zum Abgeordneten im Jahr 2004 wurde er Vorsitzender des Ausschusses für nationale Sicherheit.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts