Konservative gewinnen Parlamentswahl Ahmadinedschad wird abgestraft
03.03.2012, 10:37 Uhr
Eine Frau gibt in Ghom ihre Stimme ab.
(Foto: REUTERS)
Das Lager des amtierenden iranischen Präsidenten Ahmadinedschad geht geschwächt aus der Parlamentswahl hervor. Laut Medienbericht erringen die Konservativen um Parlamentspräsident Laridschani die Mehrheit. Dieser bringt sich damit als künftiger Präsident in Stellung.
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei der eine schwere Schlappe erlitten. Eine Gruppe von Ahmadinedschad-Gegnern hat eine Mehrheit der 290 Sitze im Parlament gewonnen, teilten iranische Medien mit. Die Konservativen hätten sich auch die als politisch besonders wichtig angesehenen 30 Sitze in der Hauptstadt Teheran gesichert. Selbst Ahmadinedschads Schwester Parvin sei in Garmsar, der Heimatstadt des Präsidenten, nicht gewählt worden. Mit dem vorläufigen amtlichen Endergebnis wird erst am Sonntag gerechnet.
Die Parlamentswahl war ein wichtiger Stimmungstest für Ahmadinedschad sowie das Mullah-Regime, hat jedoch vor allem innenpolitische Auswirkungen. Die Wahl wird zudem kein Abbild der Meinung im Land ergeben - unter anderem, weil der aus Klerikern und Juristen zusammengesetzte Wächterrat viele Kandidaten nicht zuließ. Reformer hatten kaum eine Chance.
Die Wahlbeteiligung soll bei 66 Prozent liegen. Das wäre ein Prozentpunkt mehr als bei der Parlamentswahl von 2008. Die Behörden hatten den Urnengang am Freitag mehrmals verlängert, um eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen. Die Opposition nennt die Angaben frisiert. Sie hatte zu einem Wahlboykott aufgerufen. Ausländische Wahlbeobachter waren nicht vor Ort.
"Wir rufen alle, die an wirkliche Freiheit glauben, auf, nicht an den Wahlen teilzunehmen, um zu zeigen, dass sie symbolische Urnengänge satthaben", hieß es auf der Oppositionswebseite Jaras. Die Internetseite Kalame des Reformers Mir Hossein Mussawi appellierte an die Iraner, aus Solidarität mit den Oppositionsführern Mussawi und Mehdi Karrubi zu Hause zu bleiben. Die beiden ehemaligen Präsidentschaftskandidaten stehen unter Hausarrest. Damit sind sie de facto politisch ausgeschaltet. Andere Reformer sitzen im Gefängnis oder haben der Politik den Rücken gekehrt.
Prinzipalisten werden gestärkt
Die Parlamentswahl stärkt das konservative Lager um Parlamentspräsident Ali Laridschani, der dem obersten Führer des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, nahesteht. Der 53-Jährige ist ein erbitterter Gegner von Ahmadinedschad. Laridschani habe in Ghom mit sehr großer Mehrheit gewonnen, berichteten die iranischen Medien. Die sogenannten Prinzipalisten fühlen sich den Prinzipien der islamischen Revolution von 1979 verpflichtet und verhalten sich loyal zum religiösen Establishment. Ahmadinedschad machen sie für das Scheitern der Wirtschaftsreformen verantwortlich.
Laridschani, der ehemalige Chefunterhändler in den Atomgesprächen mit dem Westen, hat nun die besten Chancen, bei der Präsidentenwahl 2013 die Nachfolge von Ahmadinedschad anzutreten. Der darf nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidieren. Einem Kandidaten aus dem Ahmadinedschad-Lager werden jetzt nur noch geringe Chancen eingeräumt. Die letzte Präsidentschaftswahl 2009 war von Betrugsvorwürfen und Massenprotesten begleitet worden.
Die Verschiebung der Machtbalance im Iran hat vor allem Einfluss auf die Innen- und Wirtschaftspolitik. Eine Änderung des bisherigen Kurses in den Atomgesprächen mit dem Westen wird nicht erwartet. Die Entscheidungsgewalt liegt hier beim religiösen Führer und Staatsoberhaupt des Landes, Ajatollah Chamenei, und dessen Beratern.
Irans Gesprächsbereitschaft ist "eine Falle"
Zuletzt hatte US-Präsident Barack Obama sowohl die Führung im Iran als auch in Israel ausdrücklich darauf hingewiesen, die Entschlossenheit seiner Regierung ernst zu nehmen, den Iran mit allen nötigen Mitteln am Bau einer Atomwaffe zu hindern. Dabei schloss er auch Gewalt nicht aus. Obama empfängt am Montag den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weißen Haus. Obama will nach Medienberichten Israel von einem möglichen Militärschlag gegen den Iran abhalten. Israel betrachtet das Atomprogramm im Iran als größte Bedrohung seiner Existenz.
Die von Teheran signalisierte Gesprächsbereitschaft im Atomstreit bezeichnete Netanjahu als "Falle". Es bestehe die Gefahr, dass der Iran solche Gespräche nur dazu nutzen werde, sein Atomwaffenprogramm voranzutreiben und die schmerzhaften Sanktionen abzumildern, gab die Zeitung "Jerusalem Post" den Regierungschef wieder.
Quelle: ntv.de, dpa