Politik

Schwedens Rechte wollen regieren Âkesson - der Hecht im Karpfenteich

Jimmie Âkesson will eine wichtigere Rolle in der schwedischen Politik spielen.

Jimmie Âkesson will eine wichtigere Rolle in der schwedischen Politik spielen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Jimmie Âkesson kann vor Kraft kaum laufen. Kein Wunder, denn seine rechtspopulistischen Schwedendemokraten befinden sich im Umfragehoch. Nun will der junge Parteichef mehr.

Die Ansage von Jimmie Âkesson ist deutlich."Wollt ihr eine andere Regierung? Dann beweist es, ihr Moderaten und Anna Kinberg Batra", sagte er jüngst auf dem Parteikongress der rechtspopulistischen Schwedendemokraten in Lund. Der 36-Jährige will an die Macht - gemeinsam mit den konservativen Moderaten, deren Chefin Kinberg Batra ist, und mit den Christdemokraten. Eine bürgerliche Allianz neuen Typs ohne Liberale und Zentrumspartei.

Derzeitigen Umfragen zufolge würde Âkessons Partei in einem solchen Bündnis stärkste Partei werden und könnte von König Carl XVI. Gustaf den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen. Für die Mehrheit der Schweden wäre dies ein Albtraum.

Geübt hat der langjährige politische Scharfmacher dafür bereits: Geschniegelt und gestriegelt erschien Âkesson gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und Parteikollegin Louise Erixon Ende April zum Fest des Monarchen anlässlich seines 70. Geburtstages. Der Rechtsaußen genoss das Blitzlichtgewitter sichtlich. Die königliche Einladung sei eine Anerkennung seiner politischen Arbeit, sagte Âkesson voller Stolz. Und er berichtete, dass der König E-Gitarre zum Lied "Get Lucky" gespielt und Königin Silvia zu Discomusik getanzt habe. Âkesson plauderte regelrecht drauflos. Wie dies am Hof aufgenommen wurde, ist nicht bekannt.

Raus aus der Schmuddelecke

Die Schwedendemokraten, die zuletzt - befördert durch die Flüchtlingskrise - von Umfragehoch zu Umfragehoch eilten, wollen nach der Parlamentswahl 2018 die harten Oppositionsbänke verlassen oder zumindest in Form einer Tolerierung die Regierungspolitik mitbestimmen. Und Âkesson tut derzeit viel, um die Seinen aus der ganz rechten Schmuddelecke herauszubekommen. Er trimmt die Partei auf Erneuerung und scheut sich dabei nicht vor harten Maßnahmen. So brach er mit der Jugendorganisation der Schwedendemokraten (SDU). Grund war die Wahl einer neuen SDU-Vorsitzenden, die rechtsextremistische und rassistische Positionen vertrat.

Ob Âkesson mit seiner Wolf-im-Schafspelz-Politik bei den bürgerlichen Parteien punkten kann, ist unklar. Neben dem derzeit regierenden rot-grünen Lager von Ministerpräsident Stefan Löfven lehnt auch der bürgerliche Block (Alliansen) eine Zusammenarbeit mit den Schwedendemokraten ab. Ihr Ziel ist das Fernhalten der Rechtspopulisten von jeglicher Form der Regierungsarbeit. Moderaten-Chefin Kinberg Batra zeigt Âkesson die kalte Schulter - aber wie lange noch?

Schweden ist hinsichtlich des Umgangs mit Rechtsaußenparteien die Ausnahme in Nordeuropa. In Finnland ist die rechtspopulistische Partei "Die Finnen" (ehemals Wahre Finnen) in der Regierung. Ihr Chef Timo Soini führt das Außenministerium. In Norwegen  ist die rechte Fortschrittspartei von Siv Jensen Teil des Minderheitskabinetts von Ministerpräsidentin Erna Solberg. Auch in Dänemark geht ohne die Rechtspopulisten nichts. Kristian Thulesen Dahls Volkspartei toleriert das Minderheitskabinett des Rechtsliberalen Lars Løkke Rasmussen und treibt die Regierung vor sich her. Ein Ergebnis ist eine strikte Einwanderung- und Asylpolitik.

Wildern im bürgerlichen Lager

Allerdings bekommt Regierungsarbeit den Rechtspopulisten nicht immer gut. In Finnland stürzte die Soini-Truppe in Umfragen regelrecht ab - von 17,7 Prozent bei der jüngsten Parlamentswahl im April 2015 auf jetzt rund 9 Prozent. Auch die norwegische Fortschrittspartei lernt die Mühsal der Regierungsarbeit kennen.

Das scheint Âkesson nicht zu schrecken. Die Einführung der Grenzkontrollen durch die Löfven-Regierung heftet er sich ans Revers. Mit Erfolg, denn die Umfragewerte für die Schwedendemokraten sind auch durch die striktere rot-grüne Einwanderungspolitik nicht eingebrochen. Ohne die Rechtspopulisten kann nach aktuellem Stand keine parlamentarische Mehrheit im Stockholmer Reichstag gebildet werden.

Âkesson weiß das und nutzt seine komfortable Situation. Neben den Migranten sind auch die Bettler auf dem Radar der Schwedendemokraten: "Viele Menschen sind mit der Regierung und ihrer Einwanderungs- und Integrationspolitik sowie der wachsenden Zahl von Bettlern unglücklich. Viele Menschen sehen in den Moderaten oder anderen rechten Parteien keine Alternative. Also wenden sie sich an uns", ließ Âkesson seinen Parteisprecher Richard Jomshof verkünden. Die Rechtspopulisten wildern im bürgerlichen Lager. Und der sich zuletzt so geschmeidig gebende Âkesson ist dabei der Hecht im Karpfenteich.

Quelle: ntv.de

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