Kohl gewinnt Stasi-Streit Akten bleiben geheim
04.07.2001, 00:01 UhrAlt-Bundeskanzler Helmut Kohl hat den Rechtsstreit um die Veröffentlichung seiner Stasi-Akten gewonnen. Das Berliner Verwaltungsgericht gab der Klage des früheren CDU-Bundesvorsitzenden statt, mit der dieser die Veröffentlichung der ihn betreffenden Akten verhindern will.
Mit dem Urteil hat das Gericht erstmals über die Frage entschieden, ob Stasi-Akten über westdeutsche Politiker von der Stasi-Unterlagenbehörde herausgegeben werden dürfen. Kohls Anwälte hatten argumentiert, die Akten etwa über Telefongespräche seien von der Stasi unter Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze angelegt worden.
Das Gericht gab mit dem Urteil dem Opferschutz Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Aufklärung der Stasi-Arbeit. Die zehnjährige Praxis der Stasi-Unterlagenbehörde wird damit als unrechtmäßig eingestuft.
Dagegen hatte die Bundesbeauftragte Marianne Birthler erklärt, die jahrelange Praxis der Aktenherausgabe sei bedeutsam für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Das Amt hatte seit seiner Gründung 1991 Akten über Prominente herausgegeben, so weit sie nicht die Privatsphäre der Betroffenen verletzten. Kohl hatte als Chef des Bundeskabinetts jahrelang selbst die Rechtsaufsicht über die Behörde.
In der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter der 1. Kammer, Volker Markwort, gesagt: "Es kommt nicht darauf an, wie die Praxis bislang war, sondern wie sie sein muss." Die fast zehnjährige Praxis der Stasi-Unterlagenbehörde bei der Aktenfreigabe sei für die Richter bei der Entscheidung in dem Rechtsstreit nicht maßgebend.
Kohl hatte im November unter Berufung auf den Opferschutz gegen die Herausgabe geklagt. Kohl argumentiert, die Daten seien illegal beschafft worden und dürften daher auch nicht verbreitet werden.
Im wesentlichen geht es um zusammengefaßte Protokolle von Telefongesprächen, die von der Stasi abgehört wurden. Interesse an den Stasi-Akten Kohls hat bereits der Untersuchungs-Ausschuss des Bundestages zur CDU-Spendenaffäre angemeldet. Mit Kohl hat erstmals ein prominenter Politiker gegen die Veröffentlichung der Akten geklagt. Im Zusammenhang mit der Spendenaffäre hatten mehrere Journalisten Einsicht in die Kohl-Akten beantragt, was letztendlich zu der Klage geführt hatte.
Das Kohl-Urteil ist das erste zum Umgang mit Stasi-Akten. Die Stasi-Unterlagen-Behörde will den Richterspruch anfechten. Behördenchefin Marianne Birthler kündigte am Abend in Berlin Rechtsmittel an. Der Rechtsstreit könnte bis vor das Bundesverfassungsgericht getragen werden.
Quelle: ntv.de