NSA dementiert Gespräche über Merkel-Ausspähung Alexander sprach offenbar nicht mit Obama
27.10.2013, 22:14 Uhr
Wurde das Regierungsviertel tatsächlich von der amerikanischen Botschaft aus belauscht?
(Foto: REUTERS)
Obama will nichts von einer etwaigen Überwachung der Kanzlerin gewusst haben, hieß es zunächst. Dann wird berichtet, Obama habe die Spionage sogar direkt mit der NSA diskutiert. Doch nun dementiert der Geheimdienst. Solche Gespräche habe es nie gegeben.
Der US-Geheimdienst NSA hat den jüngsten Bericht über eine Verwicklung von Präsident Barack Obama in die Ausspähung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgewiesen. "NSA-Chef Keith Alexander hat 2010 mit Obama nicht über eine angeblich auch Kanzlerin Merkel betreffende Geheimdienstoperation diskutiert, noch hat er jemals über angebliche, Merkel betreffende Operationen diskutiert", teilte die NSA mit. "Anderslautende Medienberichte sind nicht richtig."
Die "Bild am Sonntag" hatte unter Berufung auf mit dem Einsatz vertraute US-Geheimdienstkreise berichtet, Obama habe offenbar seit Jahren vom Lauschangriff auf Merkel gewusst und ihn gebilligt. Obama sei im Jahr 2010 von Alexander selbst über den geheimen Einsatz informiert worden.
"Obama hat die Aktion damals nicht gestoppt, sondern weiter laufen lassen", zitierte die "BamS" einen hochrangigen NSA-Mitarbeiter. Später habe das US-Präsidialamt bei der NSA ein umfassendes Dossier über Merkel bestellt. Obama habe Merkel nicht getraut und alles über sie wissen wollen, hatte die "BamS" unter Berufung auf den Informanten geschrieben.
Merkel soll ab 2002 überwacht worden sein
Das Weiße Haus lehnte eine Stellungnahme zu dem "BamS"-Bericht ab. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden, bekräftigte zugleich: "Wir haben klargemacht, dass die USA geheimdienstliche Informationen im Ausland von der Art sammeln, wie sie von allen Nationen gesammelt werden."
Zuvor hatten bereits mehrere Medien berichtet, Merkel sei schon seit rund zehn Jahren überwacht worden. Laut Informationen des Magazins "Spiegel" soll dies im Jahr 2002 - also nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 - begonnen haben. Damals war Merkel noch nicht Kanzlerin, aber CDU-Vorsitzende.
Offenbar hatte sich Deutschland mit Kanzler Gerhard Schröders Nein zur Beteiligung am Irak-Krieg im Jahr 2002 für die USA verdächtig gemacht. Ein entsprechender Spähauftrag sei wohl auch noch kurz vor Obamas Deutschlandbesuch in diesem Jahr gültig gewesen, hieß es.
Deutsch-amerikanisches Verhältnis "eklatant gestört"
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer bezeichnete das deutsch-amerikanische Verhältnis als "eklatant gestört". Es werde "erhebliche Zeit brauchen", das Vertrauen "wieder aufzubauen", sagte Seehofer dem "Donaukurier". Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, sprach von einer "erheblichen Belastung für das deutsch-amerikanische Verhältnis". Es sei nunmehr "an den USA, dieses doch stark erschütterte Vertrauen durch geeignete Maßnahmen wieder herzustellen", sagte der CDU-Politiker der ARD für den "Bericht aus Berlin". Bosbach fordert, in den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA müsse auf "ein dickes Kapitel Datenschutz und Datensicherheit" hingewirkt werden.
Als Reaktion auf die Überwachungsaffäre verlangte nach den Grünen und Linken auch die SPD die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. "Nur Aufklärung kann das schwer gestörte Vertrauen in den Schutz der Privatsphäre wiederherstellen", sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann der "Bild am Sonntag".
Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" verstieß die Kanzlerin durch die Verwendung ihres ungesicherten Parteihandys für Gespräche mit Regierungsbezug aber auch selbst gegen interne Sicherheitsbestimmungen der Bundesregierung. Sicherheitsexperten hätten Merkel wiederholt gewarnt, aber "niemand kann der Kanzlerin vorschreiben, wie sie kommunizieren soll", zitierte das Blatt einen Nachrichtendienstmitarbeiter.
Quelle: ntv.de, hah/rts/dpa/AFP