Politik

"Nur noch eine Frage von Tagen" Alle wollen Griechenland helfen

Merkel will vor allem die Euro-Stabilität langfristig sichern.

Merkel will vor allem die Euro-Stabilität langfristig sichern.

(Foto: APN)

Die Bundesregierung will die Verantwortung für die Griechenland-Hilfe offenbar breit streuen: Neben Bundeskanzlerin Merkel sind auch Finanzminister Schäuble und alle Fraktionen grundsätzlich zu Hilfen bereit. Die Opposition fordert eine Beteiligung der Banken.

Ein deutsches Hilfspaket für Griechenland kann nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel innerhalb kurzer Zeit stehen. "Dies ist eine Sache von Tagen", sagte sie. "Deutschland wird helfen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind."

Zugleich pochte die Kanzlerin aber erneut darauf, dass eine Hilfe an strenge Bedingungen geknüpft sei. Voraussetzung sei, dass sich der IWF und Griechenland auf ein dreijähriges Sanierungsprogramm einigten. Griechenland müsse mit einem glaubwürdigen Programm klar machen, dass es das Vertrauen auf den Märkten zurückgewinnen könne. Deshalb habe Deutschland darauf bestanden, dass der IWF an den Gesprächen beteiligt werde. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn und EZB-Chef Jean-Claude Trichet seien am Mittwoch in Berlin, um auch die Bundestagsfraktionen über die Verhandlungen zu informieren.

Zurückhaltend äußerte sich die Bundeskanzlerin zur Frage, ob auch Banken in ein Rettungspaket einbezogen werden sollten. Der Finanzminister werde sich mit der Frage befassen. Sie verstehe die Forderung. Es gehe aber um die Stabilisierung des Euros, bei der staatliche Garantien im Vordergrund stünden. Merkel lehnte eine Debatte über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone ab. "Es geht um eine schnelle Reaktion zugunsten der Stabilität des Euro als Ganzes. Alles andere lenkt ab. Wir brauchen keine Verunsicherung, sondern Sicherheit auf der Basis klarer Vorgaben."

Fraktionen mit einer Stimme

Ursprünglich wollte Schäuble den Polen nicht helfen. Nun versucht er, die Verantwortung breit zu streuen.

Ursprünglich wollte Schäuble den Polen nicht helfen. Nun versucht er, die Verantwortung breit zu streuen.

(Foto: REUTERS)

Bereits zuvor hatten sich alle Fraktionen des Bundestages grundsätzlich bereit erklärt, dem finanziell gefährdeten Griechenland zu helfen. Dies sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach einem Treffen mit den Fraktionsvorsitzenden in Berlin. Ursprünglich wollte Schäuble gar nicht "für Griechenlands Probleme zahlen". Schäuble geht davon aus, dass die Gesetzgebung für eine deutsche Beteiligung an der Griechenland-Hilfe in der kommenden Woche beginnen kann. Grundsätzlich müsse die Hilfe vor dem 19. Mai festgezurrt sein. Zu diesem Datum werden 8,5 Milliarden Euro Anleihen der Griechen fällig.

Voraussetzung für eine Gesetzgebung sei allerdings, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) bis Ende der Woche bei seiner Sondierung der griechischen Haushaltslage zu der Erkenntnis komme, dass Hilfe tatsächlich notwendig sei. Die deutsche Hilfe sei keine Gefälligkeit, sondern trage zur Stabilisierung der Europäischen Währungsunion bei und sei daher im nationalen Interesse. Es gebe in allen Fraktionen Überlegungen, den Bankensektor an der Rettung Griechenlands zu beteiligen.

Opposition will Banken beteiligen

Die Opposition im Bundestag warf der Regierung vor, die Entscheidung über die deutsche Milliardenhilfe bis nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai verzögern zu wollen. SPD, Grüne und Linke dringen zudem auf eine Beteiligung der Banken an einem Griechenland-Hilfspaket. "Ich kann mir keine Lösung vorstellen, ohne dass die Banken beteiligt werden", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nach dem Gespräch mit Schäuble. Seine Kolleginnen von den Grünen und der Linkspartei, Renate Künast und Gesine Lötzsch, äußerten sich ähnlich.

SPD-Fraktionschef Steinmeier vor dem Finanzministerium.

SPD-Fraktionschef Steinmeier vor dem Finanzministerium.

(Foto: REUTERS)

Die SPD macht die Zustimmung zu den Hilfen zudem abhängig von Maßnahmen gegen die Spekulation an den Finanzmärkten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Bundestag eine breite Mehrheit für eine Regelung gibt, ohne dass die Bundesregierung sagt, mit welchen Maßnahmen sie die Devisenspekulation einschränken will", warnte Steinmeier. Zudem müsse die Regierung "Aktivitäten" für die Regulierung der Finanzmärkte vorweisen.

Die Oppositionspolitiker äußerten sich unzufrieden über die Informationspolitik der Regierung. Steinmeier sagte, seine Partei werde auf einer Anhörung bestehen. Er habe in dem Gespräch mit dem Finanzminister nicht genügend Informationen erhalten, um schon jetzt eine Haltung seiner Fraktion festzulegen.

Kritik an deutschem Verhalten

Innerhalb der Euro-Gruppe findet Deutschland mit seiner harten Haltung zu den Finanzhilfen für Griechenland keine Unterstützung. Die Außenminister Österreichs und Italiens äußerten sich befremdet über das Zögern der Bundesregierung. Der österreichische Ressortchef Michael Spindelegger forderte eine rasche Entscheidung über das Hilfspaket. "Wir sollten hier keine Zeit verlieren, die grundsätzlichen Beschlüsse sind gefasst", sagte er vor dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Der italienische Außenminister Franco Frattini sagte, er sei über die strikte Haltung Deutschlands besorgt.

Außenminister Guido Westerwelle betonte unterdessen erneut, die Entscheidung der Bundesregierung über ihren Anteil der Kredithilfen sei offen und könne "in verschiedene Richtungen" gehen. "Das hat gute Gründe. Wer zu früh Geld ins Schaufenster legt, wird nur sehen, dass dann die Hausaufgaben in Griechenland nicht mit dem nötigen Fleiß und der nötigen Disziplin erledigt werden", sagte er in Luxemburg. Ihm gefalle die Reihenfolge in der Debatte gar nicht. Es müsse zuerst ein neues Sparprogramm beschlossen werden, ehe weitere Entscheidungen möglich seien.

Griechische Bankaktien auf Talfahrt

Griechenland hatte angesichts der immer höher kletternden Zinsen auf seine Staatsanleihen am Freitag die Euro-Länder und den IWF um Kredithilfen gebeten. Die Euro-Länder haben bereits beschlossen, dem Mittelmeerland mit bis zu 30 Milliarden Euro 2010 beizustehen. Vom IWF sollen weitere Mittel von bis zu 15 Milliarden Euro fließen. Die EU-Kommission und der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou hatten die Erwartung geäußert, Verhandlungen über ein dreijähriges Sparprogramm Griechenlands mit dem IWF und der EU rasch abzuschließen und noch Anfang Mai grünes Licht von allen Euro-Ländern zu bekommen.

Der Streit über das weitere Vorgehen im Krisenfall Griechenland setzte das Euroland an den Finanzmärkten weiter unter Druck. Griechenland muss mit rund 9,3 Prozent für zehnjährige Papiere inzwischen fast drei Mal so hohe Zinsen bieten wie Deutschland. Der Euro gab zum Dollar nach. Griechische Bankaktien gingen auf Talfahrt.

Inzwischen greift unter den Euro-Ländern die Sorge um sich, nach Griechenland werde auch das ebenfalls hoch verschuldete Portugal in den Schuldenstrudel geraten. "Es gibt die wachsende Besorgnis, dass die Lage Griechenlands jetzt völlig außer Kontrolle ist - und wir achten jetzt schon sorgfältig auf andere Länder wie Portugal", sagte ein EU-Diplomat. Die Prämien der Kreditausfallversicherungen für portugiesische Staatsschulden stiegen ebenfalls auf ein Rekordhoch. "Portugal ist scheinbar als nächstes dran", sagte Darren Williams, Volkswirt von Alliance Bernstein. "Für Portugal könnte es ungemütlich werden, wenn die Führer Europas keinen Strich drunter ziehen."

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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