Politik

Hartz-IV-Empfänger und die Spielsucht "Alles ein bisschen weltfremd"

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(Foto: dapd)

Das Kölner Landgericht bestätigt noch einmal: Hartz-IV-Empfänger dürfen nicht bei Westlotto nicht an Wetten teilnehmen. Werner Hesse, der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, hält das Urteil für schwer durchsetzbar. Auch kritisiert er im Gespräch mit n-tv, dass vielen Menschen mit wenig Geld nun "auch noch die kleinen Freuden im Leben" genommen würden.

n-tv: Was für ein Signal geht von diesem Urteil heute aus?

Werner Hesse: Man muss natürlich genau hinschauen, worum es bei dem Urteil überhaupt geht. Es geht nicht darum, dass Hartz-IV-Empfängern verboten wird, am Glücksspiel teilzunehmen, sondern dass wohl die Auflage für Westlotto darin besteht, zu verhindern, dass Menschen zu Spielsucht kommen und dass sie sich durch Spiele überschulden. Da ist wohl die Auflage des Landes bei der Genehmigung der Lotterie die, dass arme Menschen nicht am Glücksspiel teilnehmen dürfen sollen. Völlig unklar ist, wie man das dann eigentlich kontrollieren soll? Soll ich, wenn ich dann meinen Lottoschein abgebe, meine Einkommensteuererklärung, meine Verdienstbescheinigung vorlegen? Das scheint mir alles ein bisschen weltfremd zu sein.

Werner Hesse sieht gefährlichere Dinge als Lotterie.

Werner Hesse sieht gefährlichere Dinge als Lotterie.

Aber nicht nur, wie das geprüft werden soll ist unklar – es droht ja auch, dass die Menschen wegen des Verbots möglicherweise irgendwo anders, nämlich bei illegalen Glücksspiel-Anbietern, spielen.

Das ist in der Tat eins der Probleme. Die Lotterie ist ja gar nicht das, was Spielsucht auslöst. Es gibt viel gefährlichere Dinge. Das sind vor allem die Spielhallen, wo auch nicht geprüft wird, ob ich arm oder reich bin, wo ich mein Geld in den Schlitz werfen kann, und vor allem: Das anonyme Internet mit ausländischen Anbietern kann überhaupt nicht überprüft werden. Insofern ist das im Grunde sinnlos, was man hier in Nordrhein-Westfalen betreibt.

Besteht da aber nicht für Sie irgendwie auch ein Widerspruch – ein Lottogewinn, der könnte rein theoretisch von meinem Arbeitslosengeld II oder von meinen Hartz-IV-Bezügen abgezogen werden, aber Lotto spielen selber darf ich gar nicht oder soll ich nicht?

Das ist in der Tat komisch. Dazu gab es auch schon eine Gerichtsentscheidung. Es hatte jemand Lotto gespielt, allerdings hatte er auch noch zusätzliche Einkünfte gehabt neben Hartz IV, er hatte einen kleinen Job und daraus hat er sich ein Los gegönnt. Als dann der Gewinn kam, musste er ihn natürlich voll auf Hartz IV anrechnen lassen. Das ist auch normal. Man muss jedes Einkommen, was man hat, anrechnen. Aber es kann nicht sein, dass man Menschen, die zwar sicherlich wenig Geld haben, aber auch noch die kleinen Freuden im Leben nimmt.

Quelle: ntv.de

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