Regierungskrise in Nordirland Allparteien-Regierung vor Aus
08.10.2002, 19:40 UhrDie Allparteien-Regierung in Nordirland steht vor dem Aus. Regierungschef David Trimble forderte den britischen Premierminister Tony Blair auf, die Minister der pro-irischen Partei Sinn Fein zu entlassen. Sollte dies nicht bis Dienstag kommender Woche geschehen, würden er und die Minister seiner pro-britischen Ulster Unionist Party gehen, sagte Trimble nach einem Treffen mit Blair.
Hintergrund sind Razzien in Sinn-Fein-Büros am Freitag im Zuge von Ermittlungen wegen terroristischer Aktivität. Die Polizei stieß dabei auf vertrauliche Dokumente der nordirischen Regierung, die den Angaben zufolge von Terroristen hätten missbraucht werden können. Sinn Fein steht der Untergrundorganisation IRA nahe und stellt zwei Minister in der zwölfköpfigen Regierungsmannschaft.
Der britische Nordirland-Minister John Reid sagte, seine Regierung habe sich noch nicht entschieden. Grundsätzlich wolle man aber an dem Prinzip der Beteiligung aller politischen Kräfte in Nordirland festhalten. Blair trifft sich voraussichtlich am Mittwoch mit dem irischen Ministerpräsidenten Bertie Ahern und will am Donnerstag mit dem Chef der Sinn Fein, Gerry Adams, beraten.
Sollte die nordirische Regierung auseinander brechen, müsste die Regierung in London das politische Tagesgeschäft in Nordirland übernehmen. Seit die Regierungsgeschäfte für die Provinz im Dezember 1999 von London nach Belfast übertragen wurden, hat die britische Regierung drei Mal die nordirische Regierung ausgesetzt, um einen Konflikt zwischen den Parteien beizulegen.
Die Konfliktparteien im Jahre langen Bürgerkrieg um die Zugehörigkeit Nordirlands zu Großbritannien oder Irland hatten sich 1998 auf ein Friedensabkommen verständigt. Sie bildeten eine gemeinsame Regierung mit Trimble als Erstem Minister. Außerdem wurden mit dem Nord-Süd-Rat und dem Britisch-Irischen Rat der Inseln Gremien geschaffen, in denen die Provinz mit Irland und den übrigen Teilen Großbritanniens zusammenarbeitet.
Quelle: ntv.de