Der Kommentar Alte Erkenntnis
29.04.2002, 07:59 UhrVon Volker Jacobs, n-tv Chefkorrespondent
Nach der Bluttat in Erfurt suchen Psychologen, Pädagogen und Politiker nach den Ursachen und stellen damit die Frage, ob sich eine solche Tat verhindern lässt. Ratlos wird über das Waffenrecht diskutiert, den Erziehungsauftrag der Schule, die Erziehungskraft der Familie - auch über das Fernsehen.
Dazu wurde in der amerikanischen Wissenschaftszeitschrift "Science" unlängst ein beängstigendes Forschungsergebnis präsentiert: Ein empirischer Beleg dafür, dass Gewalt im Fernsehen Gewaltbereitschaft fördert. In 707 Familien haben New Yorker Forscher den Fernsehkonsum der Kinder und Jahre später ermittelt, wer von diesen Kindern als Erwachsener an Tätlichkeiten oder Raubüberfällen beteiligt war. Das Resultat: "Bei Kindern, die im Alter von 14 bis 16 drei Stunden oder mehr täglich fernsehen, ist die Gefahr, dass sie als Erwachsene Gewalttätigkeiten begehen, etwa fünfmal so groß wie bei Kindern, die weniger als eine Stunde vor dem Fernsehen sitzen."
Andere gewaltfördernde Einflüsse wie Erziehung, Umgebung oder Armut wurden methodisch ausgeschlossen. Jungen sind übrigens stärker gefährdet als Mädchen. Gewalt im Fernsehen ist in den USA vermutlich weitaus häufiger zu sehen als in Deutschland. Aber das ist keine Beruhigung. Die Tendenz ist erschreckend, zumal die Wirkung von Videos kaum anders sein kann. Die aber stehen als Dauerprogramm von Gewalt zur Verfügung. So führt auch diese Untersuchung zurück zu der uralten Erkenntnis, dass Eltern darauf achten müssen, was ihre Kinder tun – und was sie sehen.
Quelle: ntv.de